Rösch, knusprig, appetitlich

Das Weiße Rössl in Hof

von Alexander Hauer

Hof

Im weißen Rössl

Premiere 03.12.2010

Rösch, knusprig, appetitlich

Eine Wirtin rösch wie ein Wiener Kipferl, ein Berliner Mädel knusprig wie eine frische Schrippe und ein Klärchen so appetitlich wie aus der BioBäckerei – was soll da noch schief gehen?

In Hof hatte die Revueoperette über den berühmten Landgasthof letzten Samstag Premiere. Unter der Leitung von Michel Roberge spielten die Hofer Symphoniker eine Version, basierend auf der 1956er Fassung. Wunderbar in der Intonation, fein abgestimmt und immer perfekt auf das Bühnengeschehen abgestimmt bewies das Orchester wieder sein Können. Kongenial agierte der Chor als wildgewordene Touristenmasse im abstrahierten Salzkammergut von Heiko Mönnisch. In Barbara Schwarzenbergers Kostümen bekommt der Spruch von den „Deutschen, die im Urlaub sind“ tiefere Bedeutung.
 
Herrliches Personal

Ingrid Katzengruber, Karsten Jesgarz - Foto © SFF Fotodesign

Angeführt von Annett Tsoungui als dominanter Reiseleiterin fallen sie, Schmeißfliegen gleich, in die österreichische Provinz ein. Nicht viel besser, nur auf höherem Niveau, ist Uwe Drechsels Wilhelm Giesecke. Stets grantelnt begibt sich der Hausherr in die Untiefen der Komödie und meistert sie erwartungsgemäß. Sein Gegenspieler, Dr. jur. Siedler, wird von Christoph Kayser als eher blasser, aber charmanter Schreibtischtäter angelegt.
Das „ernste“ Paar, Kellner Leopold und Josepha Vogelhuber, geben in gewohnt hoher Qualität Karsten Jesgarz und Ingrid Katzengruber. Jesgarz spielt seinen Oberkellner Leopold in einem Spektrum zwischen Verzweiflung und Überheblichkeit. Ingrid Katzengruber, die sich zur Hochdramatischen entwickelt, spielt die Rössl-Wirtin in Liebesnöten zur vollsten Befriedigung. Inga Lisa Lehrs Ottilie, ja da bleibt nur eins zu sagen: Süß. Nach ihrer überragenden Maria in der West Side Story verkörpert sie im Rössl das kesse Berliner Ding, das sich den spröden Juristen angelt. Das komische Paar wird von Thilo

Thilo Andersson, Lisa Henningson - Foto © SFF Fotodesign
Andersson als Sigismund Sülzheimer und Inga Lisa Henningson als Klärchen verkörpert. Seit My fair Lady ein eingespieltes Team, können sich beide auf perfektes Teamplay einerseits, andererseits auf überragendes musikalisches Können verlassen. Marianne Lang zeigt als Briefträgerin Kathi ein außergewöhnliches Jodeltalent, mit der sie die gesamte volkstümelnde Musikszene beschämen könnte. Ihr Objekt der Begierde ist der Piccolo. Florian Bänsch gibt diesen altklugen Spätpubertierenden aufs Köstlichste. Blieb noch einer zu erwähnen, Peer Schüsslers wunderbarer, lebenskluger Prof. Dr. Hinzelmann. Seine Figur, eine Mischung aus Ökofundi und Peter Lustig sorgt für die besinnlichen Momente an diesem Abend.

Unnötige Regieeingriffe

Soweit, so gut. Aus diesen Einzelteilen sollte man einen rundum stimmigen Abend gestalten können. Ulrich Fischer, in Hof kein unbekannter, hat er doch in der letzten Saison eine klug grimmige

Christoph Kayser, Uwe Drechsel - © SFF Fotodesign
Dürrenmatt-„Alte Dame“ geschaffen, ist letztenendes doch an den Klippen der Operette gescheitert. Er kann sich nicht entscheiden, ob er eine Revue oder ein Schauspiel neuerer Deutung schaffen will. Zuviel neumodische Regiegags, der Kaiser ist eben nicht Franz Josef I, sondern ein Statist in der Maske von Franzl Beckenbauer, der ohne Bedeutung und nicht als deus ex machina eingeführt wird, der dann die Liebesdinge der Wirtin regelt. Ingrid Katzen
gruber singt seinen Part, während sie die Speisekarten schreibt. Ebenso unnötig war die Figur des Heurigensängers - im Salzkammergut! - von Christian Seidel. Stimmlich sicher und an seiner Casioorgel versiert, singt er das „Erst wenn‘s aus wird sein“. Für Kritik an der Urlaubsindustrie ist das zu wenig. Die größten Momente hat das Stück, wenn die Regie nicht ins Geschehen eingreift und man sich auf das Können der Darsteller verläßt.

Barbara Buser, die nicht nur ihre Truppe choreographiert hat, sondern auch den Chor und die Solisten zu Höchstleistungen brachte, gehört besondere Anerkennung. Schmissige Tänze, vom Walzer über Charleston bis hin zu großen Revuebildern, gelingen stets.
Insgesamt gesehen war es kein schlechter Abend, auch wenn die Summe der Einzelteile kein vollbefriedigendes Ganzes  ergeben. Das Premierenpublikum honorierte das Ensemble mit frenetischem Applaus.
 
Weitere Informationen unter: www.theater-hof.com