Thomas Freitag noch bis Freitag im Düsseldorfer Kom(m)ödchen

Ein Sommer-Spezial über Urlaubswahn und Harmonisierungs-Grenzschützer

von Andreas Rehnolt

Thomas Freitag - Foto: Veranstalter
Vom Urlaubswahn und
Harmonisierungs-Grenzschützern
 
Thomas Freitag glänzte am Dienstagabend bei der Premiere seines Sommerspezials im Düsseldorfer Kom(m)ödchen
 

Beim Auftakt seines diesjährigen Sommerspezials im Düsseldorfer Kom(m)ödchen hat Kabarettist Thomas Freitag am Dienstagabend gute zwei Stunden das Publikum begeistert. Bei seinem Best-of-Programm ließ er Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenso alt aussehen, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Er hoffe immer noch darauf, daß Merkel ihre Perücke abnimmt und darunter der Enthüllungs-Journalist Günther Wallraf zum Vorschein kommt. Ulla Schmidt wettert gegen die Klagen über die Gesundheitsreform und wirft den Rentnern vor, sich nur zur Unterhaltung bei den Ärzten einzufinden. Sie selbst höre auch seit Jahren das Klingeln in ihrem Ohr, gehe aber nicht ran, wirft sie dem immer größer werdenden Kreis der Tinnitus-Patienten vor. 
 
Bis einschließlich Freitag dieser Woche poltert der schwergewichtige Kabarettist zudem als gelangweilter Rentner über die Bühne, der täglich Dünger auf den Rasen kippt, nur damit der schneller wächst und er wieder was zu tun hat. Die deutsche Urlaubs-Versessenheit zieht er mit einer luftgefüllten Weltkugel ebenso durch den Kakao, wie die polnischen Leiharbeiter und den deutschen, von Arbeitsunlust gegeißelten Handwerksmeister, die in der Wohnung eines Bundesbürgers aufeinander treffen. Schillers "Glocke" wird im Publikum abgefragt und dann so lange von Freitag eingedeutscht, bis auch der Letzte Zuhörer sich den Bauch vor Lachen hält und nicht mehr von einer deutschen Ballade sprechen mag.
 
Superböse ist auch die deutsch-österreichisch-schwäbisch-italienisch-rumänisch zusammengesetzte Truppe von Grenzschützern, die das Stimmen-Imitations-Genie Freitag als Harmonisierungstrupp an der europäischen Außengrenze einsetzt, um die Flüchtlingsströme mit dem Satz "Halt, stehen bleiben- oder ich schieße" aufzuhalten. In dem Best-of dürfen natürlich auch nicht die Altvorderen Herbert Wehner, Franz-Josef Strauß und Willi Brandt fehlen, die von einer "Dreibett-Wolke" aus das aktuelle politische Geschehen in Deutschland kommentieren. Wunderbar die Persiflage auf Grimms Märchen vom Rotkäppchen, das vor seiner Verabschiedung im Bundestag zerpflückt wird und so zu einer irren Collage aus parteipolitischen Versatzstückchen wird.
 
Und fast am Ende taucht Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki im Lehnsessel auf, um sich literaturkritisch windend und rollend dem Lied "Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen" zu widmen. Da bleibt kein Auge trocken. Zwei Zugaben - eine davon im Schein einer winzigen Taschenlampe aus der Perspektive eines Schokoladen-Osterhasen beenden diesen tollen Abend in der Hochburg exzellenter Satire-Kunst in Düsseldorf.
 
Die nächsten Aufführungen bis Freitag beginnen jeweils um 20 Uhr. Restkarten gibt es unter 0211-329443 oder im Internet unter www.kommoedchen.de