GrĂ¼n vor Neid

Horst Schroth ist mit seinem neuen Programm untwerwegs

von Frank Becker

Foto: Veranstalter
Die Erbtasse – oder: Neidfaktor 1-10
 
Horst Schroth hat mit seinem neuen Programm
„Grün vor Neid“

volles Haus und alle auf seiner Seite
 
Remscheid. Wenn Horst Schroth sein hanseatisches Understatement ablegt und als Nick Niehoff mal wieder richtig vom Leder zieht, schont er niemanden, weder die bucklige Verwandtschaft, noch die geballte Dummheit oder die Habgier um uns herum. Das ist höchst unterhaltsam, vor allem für die Gäste ab Reihe 2, denn mit Reihe 1 tritt Horst Schroth gerne in einen intensiven Dialog. So auch in der Remscheider „Klosterkirche“ am vergangenen Donnerstag. „Grün vor Neid“ heißt sein neues Programm. Die Farbgebung leitet er von der Gallenblase ab, die eine beachtliche Rolle im mißgünstigen Miteinander unserer Gesellschaft einnimmt. Das Problem des Neidfaktors haben wir seit Kain und Abel in der Welt. Horst Schroth tischt uns eine etwas andere Lesart der alttestamentarischen Geschichte auf. Von da ist dann auch der Weg zur deutschen Wiedervereinigung nicht weit. Wir lernen im Schnellkurs: Aus dem Vergleich erwachsen Unterschiede, aus den Unterschieden entsteht der Neid – ob nun bei biblischen Brüdern, im hessischen Landtag bei oder Tussen in Timmendorfer Strand - die mit der Sonnenbrille in den Haaren, auch nachts (It´never too dark to be cool), Sie wissen schon. Meßbar wird das durch die Schrothsche Neidskala von 1-10. Schroth würde es als Vereinfachung im täglichen Leben begrüßen, wenn man neben die Preisschilder bei Gebrauchsgütern auch Neidfaktor-Schilder hängen würde, damit man gleich weiß: wenn ich das habe, wird der Nachbar, Kollege oder Konkurrent grün.
 
Der rote Faden – oder sollte man lieber sagen: grüne Faden ist nach dem Tod der Erbtante die Testamentseröffnung im Familienkreis. Hier sondert sich die Spreu von der Spreu, denn jeder läßt dem Neid, der Mißgunst und der Habgier freie Bahn. Nicht unser Nick, der das Zerren und Zanken aus dem Blickwinkel des eher neutralen Beobachters kommentiert. Was er über die angeheiratete Nichte Mendy aus Brandenburg (nicht, dass Nick etwas gegen Ossis hätte!) und den Rest der Mischpoke, die als personifizierter Neid aufmarschiert zu sagen hat, ist erhellend und dem Ernst der Lage zum Trotz urkomisch. Welche Rolle eine zerbrochene Hutschenreuther-Tasse und ein echter Joan Miró dabei spielen, erfahren wir erst ganz zum Schluß. Mit Schadenfreude.
 
Doch Schroth hat noch weit mehr Pfeile im Köcher. Die verschießt er zielgenau in Richtung Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft. Was haben der Papst und Mehdorn gemeinsam? Beide haben die Arschkarte. Und beide sind im Transportgewerbe, der eine vertikal, der andere horizontal. Einhelligen Beifall fand die Bemerkung, daß Steuerverschwendung als Verbrechen ebenso hoch bestraft werden müsse wie Steuerhinterziehung. Und daß der Ex-Postchef Zumwinkel als verurteilter Verbrecher 93.000,- Euro Rente (monatlich!) bekommt und nicht "einfährt", kann einen schon wahnsinnig machen. Ebenso einig waren sich Publikum und Kabarettist, daß man ohne Englisch heute kein Deutsch mehr versteht, junge Veganerinnen eine Geißel für Familie und Umwelt sind, daß, wer mit 50 immer noch Kommunist ist, kein Hirn haben kann und in Paderborn die Katholiban leben. Der Vergleich: katholisch (Sahnetorte)/ evangelisch (Knäckebrot) hat aber auch was. Gut, von Knäckebrot wird man auch satt, aber es knirscht zwischen den Zähnen.
 
Ein Rückblick auf die 50er Jahre, als es noch den W 48 mit Wählscheibe und 2,5 m Schnur gab, Fernsehgeräte und eigene Autos eine Seltenheit waren, Jungs den „Fassong-Schnitt“ bekamen und in der Tanzstunde bei Britta Bömke die erste Chance zur Feindberührung hatten, die Erinnerung daran, als man im 12 PS Goggomobil (mit Dachgepäckträger) zu viert nach Italien fuhr, hat in den zweieinhalb Stunden gefeierten Pointenfeuers liebenswert nostalgischen Charme. Man sprach damals noch miteinander, einfach so, ohne Handy und ohne SMS! Mach das heute mal einem Jugendlichen klar. Natürlich entwickelt und ändert sich Welt und selbstverständlich ist 50 Jahre später alles anders etwas geworden, aber doch nicht zwangsläufig besser. Zwar gibt es noch keine digitale Beichte per Confession Card, doch ist der „Happy Kiddie Task Force Planner“ da schon nicht mehr weit, wo früher Sackhüpfen und Topfschlagen beim Kindergeburtstag die Hits waren. 
Was es nun mit der Tasse und dem Miró auf sich hat? Schauen Sie sich das Programm einfach selbst an. „Grün vor Neid“. Empfehlenswert.
 
Weitere Informationen und Termine unter: www.horstschroth.de