Piaf im Schnelldurchlauf

Juliane Kanns Piaf-Stück in Düsseldorf - nicht mehr als ein Liederabend

von Andreas Rehnolt
Juliane Kann überhebt sich in Düsseldorf mit "Piaf. Keine Tränen"
 

Die angekündigte Uraufführung über das Leben der tragischen Chanson-Sängerin war im Grunde nicht mehr als ein Liederabend
 
 
Die Piaf hat derzeit an den Bühnen in NRW Konjunktur. Am Essener Aalto-Theater läuft noch bis Ende Januar nächsten Jahres "La Vie en Rose" als Ballett von Ben Van Cauwenbergh. Am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen steht ebenfalls als Uraufführung "Edith Piaf" auf dem Spielplan, wobei Dirk Schattner in einer Collage aus eigenen Texten und den Chansons der großen Diva deren Leben erzählt.
 
In Düsseldorf nun hat sich die junge Autorin Juliane Kann mit ihrem Stück "Piaf. Keine Tränen", das gestern dort im Schauspielhaus seine Uraufführung erlebte, eindeutig überhoben. Während im Programmheft noch von zweidreiviertel Stunde Aufführungsdauer die Rede ist, wurde das Stück schließlich nur zwei Stunden lang. Und im Grunde war "Piaf. Keine Tränen" dann auch weniger ein Theater- als einmal mehr ein Liederabend mit den Chansons der großen kleinen Sängerin.
 
Es blieb beim Düsseldorfer Premierenabend beim Versuch Juliane Kanns, sich dem Leben der nur 1,47 Meter großen Piaf zu nähern, der so vermutlich auch gar nicht gelingen kann. Da stolpert Susanne Tremper im blauen Röckchen mit rotem Pulli und weißer Baskenmütze in den französischen Nationalfarben auf die von ausgetretenen Zigarettenkippen überfüllte Bühne eines Nachtclubs und steht schon vorm Mikrofon. Und zack, hat sie auch schon ein Baby im Arm, das ruckzuck in ihren Armen stirbt. Das ist das Piaf-Leben in Zeitraffern, aber es sagt nichts über die Person der zerbrechlichen und oft unglücklichen Sängerin.
 
Die nicht mehr ganz so junge Susanne Tremper ist sowohl als Piaf-Göre wie auch als Star und alternde Sängerin allerdings großartig. Mit ihrer rauchigen Stimme und einer guten Portion Berlinerisch bringt sie mit Bravour die insgesamt zehn Chansons rüber. Von "L'accordeoniste" über "Padam, Padam", "Sous le ciel de Paris" bis hin zu "La vie en rose", "Milord" und natürlich "No, je ne regrette rien". Tremper ist im kleinen Schwarzen an diesem Abend die Piaf. Und das ist gut so.
Doch die übrigen Figuren, Yves Montand, Charles Aznavour, Marlene Dietrich, Marcel Cerdan - sie alle bleiben blaß - vor allem, weil sie nur selten zu Wort kommen. Und wenn sie dann was zu sagen haben, dann geht es weniger um die Piaf als vielmehr ums Showbusiness in Amerika. Denis Geyersbach in der Rolle des allzeit gegenwärtigen Fans wirkt mitunter wie das aus einer frühen TV-Werbung stammende Gewissen einer Waschmittel-Werbung und hält für seien Star auch bei allen ihren Rückschlägen stets die Fahne hoch.
 
Nadine Geyersbach schlüpft auf der Bühne im Kleinen Haus in X Kostüme. Mal gibt sie die Piaf-Sekretärin, mal Marlene Dietrich. Aber am Besten ist sie sicherlich als Heilige Therese von Lisieux, der sich die Piaf zeitlebens seit ihrer zeitweiligen Erblindung als kleines Mädchen verbunden fühlte. Daß die Heilige dann allerdings im Regen von New York den Schlager "Küsse unterm Regenbogen ..." trällern muß, ist grenzwertig.
 
Wenn Edith Piaf nicht singt, dann sagt sie in der Variante von Juliane Kann nicht wirklich viel. In der ersten Hälfte des Abends ist es fast ausschließlich das Gassenwort "Scheiße", das ihr immer und immer wieder über die Lippen kommt. Die wechselnden Männerbeziehungen der Piaf spielen bis auf die Nennung ihrer Namen und das kurzfristige Auswechseln ihrer Kostüme kaum eine Rolle. Nur dem Boxer Marcel Cerdan - der wohl größten Liebe der Piaf - räumt Kann etwas Platz im Bühnenleben der Chansonette ein.
 
Als nach zwei Stunden und dem letzten Lied "Non, je ne regrette rien" (Nein, ich bereue nichts) Schluß ist, weiß der Zuschauer nicht wirklich mehr vom Spatz von Paris. Was Regisseurin Daniela Löffler dem Publikum in Düsseldorf präsentierte, war eine Mischung aus Musical und Liederabend. Das gab's anderswo auch schon. Schillernd waren am Samstag vor allem der Bühnenvorhang und einige Kostüme. Warum dann auch noch beim Schlußapplaus Nadine Geyersbach plötzlich verschwunden war und Susanne Tremper mit grauslich-grimmiger Mine ihre Verbeugung machte, warf beim Premierenabend zusätzliche Fragen über Stück und Zusammenarbeit der Darsteller auf. Trotzdem gab's wohlwollenden Applaus.
 
Nächste Vorstellungen: 17.,23.,25. und 26. Dezember
Weitere Informationen unter:  www.duesseldorfer-schauspielhaus.de