Ein Wochenmarkt ist ein Stück Alltagskultur

… wenn die Lokalpolitik nicht auf dumme Ideen kommt.

von Frank Becker / Frank Schmitz


Ein Wochenmarkt ist ein Stück Alltagskultur
 
… wenn die Lokalpolitik nicht auf dumme Ideen kommt.
 
Der Lebensmittel-Wochenmarkt auf dem Elberfelder Neumarkt in Wuppertal ist der letzte zentrale Einkaufstreffpunkt für die Bürger der Innenstadt, die sonst weite Fußwege zum Lebensmittel-Einzelhandel hätten, seit sämtliche Kaufhäuser in der Nähe entweder aufgegeben oder ihre Lebensmittel-Abteilungen geschlossen haben. Denken wir hier nur an Hertie, den Kaufhof und die Kaufhalle, die einst den Markt mit ihrem Angebot ergänzten und quasi einrahmten. Heute bekommt man auf dem Markt, der zugegeben noch besser beschickt sein könnte, ein Frische-Angebot von Obst und Gemüse, Fleisch und Wurstwaren, Käse und Brot, Gewürzen, Ölen und Antipasti sowie Blumen und einer Palette von Imbißständen diverser Couleur. Gelegentlich müssen die Stände für kurze Zeit kleinen Stadtfesten weichen, was die Händler seufzend hinnehmen, handelt res sich doch nur um ein paar Tage. Doch jetzt regt sich Unmut, denn die politische Spitze der Stadt hat ohne die Händler einzubeziehen und ohne Ratsbeschluß mehr oder weniger verordnet (beschlossene Sache, siehe unten), daß der alteingesessene Wochenmarkt während der Vorweihnachtszeit sein angestammtes Quartier räumen muß, um für mindestens sechs Wochen einem erfahrungsgemäß mit Kitsch und Plunder bestückten Weihnachtsmarkt Platz zu machen. Dagegen begehren die Markthändler auf. (bec)

Lesen Sie die Stellungnahme von Frank Schmitz, 1. Vorsitzender der Marktgemeinschaft Neumarkt e.V.:
 
Der Markt auf dem Elberfelder Neumarkt ist nun schon seit über 200 Jahren an der selben Stelle verortet. Von daher kann man auch hier schon von einer Kultureinrichtung sprechen.
Im Laufe der vielen Jahre, die ich schon auf dem Neumarkt tätig bin (wir sind es mit unserem Stand bereits in dritter Generation), gab es immer mal wieder „Ideen“ den Neumarkt anderweitig zu nutzen. Dieses konnte bis dato immer erfolgreich verhindert werden.
Nun scheint es aber wirklich kritisch zu werden, da sich ein „Zusammenschluß“ von Verwaltung und Politik, ohne einen bisherigen Ratsbeschluß o.ä., sich „auf die Fahne“ geschrieben hat, den Neumarkt zumindest temporär auszulagern.
Es steht als Ausweichfläche der Platz am Kolk zur Verfügung, ein Platz am Rande der Innenstadt ohne wesentlichen  Publikumsverkehr. Da wir uns aber als lokaler Nahversorger sehen, sollten wir auch dort verortet sein, wo Passanten sich bewegen.
An unsere Stelle soll der Weihnachtsmarkt stattfinden, nicht mit einem neuen Konzept, sondern nur als Zusatzfläche des bisher vorhandenen. Es handelt sich dann dabei um einen Zeitraum von rund 6 Wochen, in einer Zeit, wo die meisten Kollegen ihre wichtigsten Umsätze fahren.
Wir rechnen dadurch mit einem Umsatzrückgang von 30 - 50 %, und das wird für die meisten Händler den Verlust ihrer beruflichen Existenz bedeuten.
Nach ersten Gesprächen mit der Stadt ist der Umzug des Marktes bereits eine fixe Sache.
Auch nach unseren begründeten Zweifeln an der Machbarkeit der ganzen Sache äußerten sich die Verantwortlichen der Lokalpolitik – einschließlich Oberbürgermeister nur mit einem:
 
„Das versuchen wir jetzt erst einmal.“
 
Heißt also, wir und unsere Existenzen fungieren höchst fahrlässig als Versuchskaninchen.
Wir wehren uns nicht gegen das kurzfristige Abbauen z.B. für den „Elberfelder Cocktail“, der Anfang August auf dem Neumarkt stattfindet. Jedoch fehlt unser aller Meinung nach die Sinnhaftigkeit des Abbaus zur Weihnachtszeit.
Ein sich in der Vergangenheit als unattraktiv erwiesen habender Weihnachtsmarkt wird per Federstrich um eine Stellfläche erweitert, die jedoch für die Nahversorgung der Bürger entscheidend wichtig ist.
 
Das Ambiente des Neumarktes läßt durch seine Umbauung ja auch zu wünschen übrig, auf einer Seite durch den 70er Architekturcharme der Commerzbank, gegenüber durch die Alufassade der Galeria Kaufhof. Ein Drittel des Platzes ist derzeit mit einer Baustelle und Absperrungen belegt. Und zum Zeitpunkt des Weihnachtsmarktes wird auf dem Kerstenplatz eine Tiefbaustelle der WSW eingerichtet sein.“
 
Frank Schmitz
1. Vorsitzender der Marktgemeinschaft Neumarkt e.V.