ÖPNV

Alles über Busse

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch
ÖPNV
 
Hymne für einen Busfahrer
 
Danke Busfahrer,/ wie gut, daß es dich gibt./ Du machst immer eine Tür für uns auf/ und „Gute Laune“ ist dein zweiter Vorname/ Nächster Halt, Rathausplatz!“/ Wie schön deine Durchsagen sind und so informativ./ Du rollst das „R“ so rasant, als kämest du aus Dörenhagen/ Danke Busfahrer,/ wie gut, daß es dich gibt./ Viele kennen nicht mal deinen Namen,/ wenn sie dich beim Blutspenden treffen./ Sie würden dich nicht erkennen, wenn du für die Caritas Waffeln verkaufst./ Du wärest ihnen unbekannt, wenn sie dich träfen auf einer Demo gegen Rechts./ Und wüßten nicht, wer du bist, wenn du neben ihnen auf dem Operationstisch liegen würdest, um eine deiner Nieren zu spenden./ Danke Busfahrer,/ wie gut, daß es dich gibt./ Ich hätte gerne von dir und deinem Bus einen Starschnitt an der Wand hängen./ Warum bekommt man beim Ausstieg aus dem Bus nicht eine Autogrammkarte geschenkt?/ Deine Frau ist bestimmt eifersüchtig auf uns: Zu Recht: Wir verehren dich so sehr, als wärst du Justin Timberlake. Ich habe eine Freundin, die ist sogar in dich verliebt./ Danke Busfahrer/ wie gut, daß es dich gibt.//
 
Der Bushaltestellenbeobachter
 
Der Mann an der Bushaltestelle war plötzlich verschwunden, obwohl kein Bus gekommen war. „Wie konnte das passieren?“, fragte ich.
Ich weiß es nicht“, sagte der Bushaltestellenbeobachter und starrte auf seine Monitore. „Er war plötzlich weg. Wir suchen ihn noch immer.“ Einmal sah ich eine alte Frau, die stand mutterseelenallein an einer Bushaltestelle. Dort wo sie hin wollte, wollte sonst niemand hin. Wohin wird das gewesen sein? Mußte die alte Frau gegen den gefährlichen Drachen alleine kämpfen?
 
Über Busse
(Litanei in acht Unterteilungen)
 
1. Ein Bus ist ein Bus, und noch ein Bus mehr sind zwei Busse. Busse halten nur an Bushaltestellen, sie fahren tagein, tagaus exakt nach Busfahrplan. Wem der Bus vor der Nase wegfährt, das sieht ihn von hinten, und keiner winkt und keiner weint. Die Heimat der Busse ist der Busparkplatz. Ein leerer Busparkplatz wirkt viel größer, als derselbe, wenn er voll ist. Nichts wirkt leerer, als ein leerer Busparkplatz, nichts wirkt voller, als ein voller.
2. Die meisten Busse sind verwunschen und treiben mit Reklametafeln durch die Städte. Ein verwunschener Bus kann seinem Schicksal nur entrinnen durch die Selbstanzeige einer jungfräulichen Schwarzfahrerin. Ein erlöster Bus wird schwarzweiß gestrichen und darf auf Safari Nashörner rammen.
3. Manchmal sieht man vor lauter Bussen keine Altstädte mehr. Viele sagen, wir brauchen kleine Busse. Manche aber auch, wir brauche mehr Altstädte. Kommt Zeit, kommt Rad.
4. Busse haben eine Grundausstattung, zu der neben vier Reifen auch ein Lenkrad gehört. Busse besitzen kleine rote Fensterhämmerchen, die dem Busfahrgast die Möglichkeiten offen lassen, selbst während der Fahrt durch das Fenster auszusteigen. Busse sollten auch Toiletten haben, aber das glaubt niemand und schlägt lieber die Beine übereinander und malt verlegen Herzen aus.
5. Alle Busse sind besonders stolz auf ihre kleinen roten „Stop“-Knöpfe. Drückt der Busfahrgast den kleinen roten „Stop“-Knopf, passiert das Wunderbare. Der Busfahrer muß an der nächsten Bushaltestelle halten. Der Busfahrgast kann nun aussteigen und winken, er darf aber auch im Bus sitzen bleiben und erneut den roten „Stop“-Knopf betätigen, und wieder passiert das Wunderbare. Der Busfahrer muß an der nächsten Bushaltestelle halten. Der Busfahrgast kann nun aussteigen und winken. Er darf aber auch im Bus sitzen bleiben und erneut den roten „Stop“-Knopf betätigen, und wieder passiert das Wunderbare.
6. In manchen Bussen sitzen nur Amerikaner, die sprechen nur Amerikanisch, kauen Kaugummi und kleben ihn nachher unter ihre Sitze. Es sollte für den Busfahrgast selbstverständlich sein, den Busfahrer nicht durch Kaugummikauen und plötzliches „Keines-mehr-im-Mund-Haben“ zu provozieren. Der Busfahrer fährt den Bus, auch in den Kurven. Schützenbrüder wissen sich nicht nur auf Hinfahrten zu benehmen. Nein, auch auf Rückfahrten liegen sie ordentlich grün auf grün gestapelt in den Gängen und kotzen nicht die teuren Sitzbezüge voll. Uaaaah! Außerdem fragen sie immer vorher, ob sie drei Kisten Bier, 7 Korn und eine Bockwurst und eine Bifi mit in den Bus bringen dürfen. Busfahrten, in denen zu viele Menschen dicht an dicht stehen, könnten durch das gemeinsame Singen von Liedern eine andere Bedeutung bekommen. Der Busfahrer stimmt das Lied an und alle fallen ein. „B: Was ist schöner als ein Kuß? M: Was ist schöner als ein Kuß? B: Das ist eine Fahrt im Bus. M: Das ist eine Fahrt im Bus - usw.“ Kinderfahrten kosten immer Busfahrernerven. Kinder weinen dauernd und müssen ewig aufs Klo. Außerdem haben sie ihren gesamten Reiseproviant schon vor der Fahrt aufgegessen und bewerfen dann den Busfahrer mit Maoamklümpchen. Niemand weiß von den Bussen der Bundeswehr. Sie sind so erstaunlich gut getarnt, daß man sie erst bemerkt, wenn man dagegen gelaufen ist. Bumm! Viele Stadtbusse schauen geringschätzig auf ihre Kollegen Landbusse, weil Stadtbusse in der Stadt eine eigene Spur haben, dafür fahren bei Landbussen manchmal Hühner mit und legen Eier.
7. Busfahrer sind keine Gondoliere. Busfahrer sind Busfahrer. Busfahrer dürfen während der Fahrt nicht sprechen, auch nicht singen. Auch nicht so einfache Dinge wie: „Ach hätt` ich doch ein Hörgerät, dann hörte ich von früh bis spät wie auch mein Nachbar Rasen mäht, und könnte klagen überall vom Rasenmäherüberfall“, darf er nicht. Eine Verordnung, die sicherlich auch ihre Vorteile hat.
8 . Busfahrer altern sehr schnell, sterben im Stau und werden in kleinen schwarzen Linienbussen begraben. Busfahrer landen meistens in der Hölle, da sie dauernd in sich hineinfluchen und es in ihnen aussieht wie in einer Folterkammer für Schwarzfahrer und Kaugummikauer. Es gibt Busfahrer, die enden im Himmel, im sogenannten Busfahrerparadies. Dort liegen sie den ganzen Tag faul im Bett herum, reden und reden, kauen Kaugummi und kleben es nachher unter die Bettpfosten. Busfahrer nennen einen solchen Tag „Bus- und Betttag“, wir hier unten diese Erscheinung am Himmel „Cumulus-Wolken“.
 
 
© Erwin Grosche