Salzburg (3)

Ein botox musicale

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Salzburg (3)
 
Salzburg also, Herrschaften, wenn man ins Plaudern gerät kommt man von Hölzchen auf Stöckchen, also Salzburg. Ich war da: Zauberflöte in der Felsenreitschule. Vorher ein Glasl Champagner im Foyer, man möchte die Society-Damen ja nicht alleine lassen, oder! Und da standen sie auch alle: die Ex-Begum und ihre Botox-Sisters, alle aus der Hand des nicht genannt werden sollenden Düsseldorfer Gesichts-Couturiers geformt, ein Verbrechen sondergleichen. Ich meine: Da stehen in festlichem Outfit ca. zwanzig alterslose Mädels vor Dir: glatte Stirn, in die Stirnhöhlen geschnitzte Mandelaugen, Nasen, die ein bißchen nach oben gehen und alle viel zu klein sind und zwei Lkw-Reifen als Ober- und Unterlippe, dazu ein Botox-Diadem um den Hals, damit man das Alter nicht an den Falten erkennen kann und das Schlimmste: sie sehen alle gleich aus! Wer hat denn da noch Angst vor dem Klonen, wenn die Damen der Gesellschaft das schon längst freiwillig machen! Und da ist keine individuell geformt, nein, das ist Katalog-Nummer 17 a, die Abteilung für 50.000 € aufwärts, und das alles nur, damit ich nicht mehr zu erkennen bin? Also das ist schon sehr, sehr eigen, oder? Man erkennt die Damen nicht mehr am Gesicht, vielleicht am Geruch, das hoffe ich doch, daß da noch etwas individuelles übrig geblieben ist, und wenn es nur für die Nase ist. Wie auch immer: Zauberflöte. In einer Akustik zum Ohrenerbarmen – die Felsenreitschule ist nicht gerade als Opernhaus berühmt – dirigiert Nikolaus Harnoncourt Tempi, die schön sind, weil nicht gehetzt, zu einer Kulisse, in der sich eigentlich gar nichts tut: wir sehen die Felsen der Felsenreitschule und ein Gymnasium mit Schülern und Schulräumen, mehr gibt die Bühne da nicht her, also da hätte ich mir das Ganze auch im Franziskanergymnasium in Bozen, wo ich acht Jahre lang zur Schule ging, anhören können und hätte denselben Mozart-Genuß gehabt. Das Spannendste an diesem Abend war, daß alle naslang jemand umkippte: bei 35 Grad und 2000% relativer Luftfeuchtigkeit kein Wunder. Wetten machten die Runde, ob der/die Nächste in unserer Reihe dran wäre, es wurde ein richtig unterhaltsamer Abend – falls man zu den Nicht-Umkippern gehörte. Die Botox-Sisters übrigens waren die rsten, die das Weite suchten, kein Wunder: wenn Lippen schmelzen...! Aber ansonsten war’s schön. Und die Ariadne zwei Tage später, war vollends bezaubernd. Lassen Sie sich von niemandem was erzählen: diese Salzburger Fassung der Ariadne muß vielleicht etwas gekürzt werden, aber was die Sängerinnen und Sänger da boten, war ganz, ganz große Oper, zum Weinen traurig und zum Knien virtuos, was die Zerbinetta anging. Und die Idee, Hugo von Hofmansthal selbst auftreten zu lassen, ist eine tolle Idee. Ich bin sicher, daß diese Fassung die Bühnen erobern wird.
 
Ja, also dat wollt ich Ihnen noch über Salzburg und seine Begleit(erinnen)erscheinungen erzählt haben.
 
In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher
Redaktion: Frank Becker