On The Town

Glänzender Musical-Abend am MiR

von Arabella Lavinia Bilsing

On The Town
 
Glänzender Musical-Abend am MiR
Premiere am 1.2.14
 

„New York, New York – A Hell Of A Town!“


 
New York 1944. Drei junge Matrosen, Gabey, Chip und Ozzie, wollen auf ihrem 24-stündigen Landgang New York in vollen Zügen auskosten, bevor sie in den Krieg ziehen müssen. Alle Planungen werden über Bord geworfen, als Gabey sich in das Antlitz der amtierenden „Miss U-Bahn“, Ivy Smith, verliebt. Die drei Freunde beschließen, getrennt von einander die Angebetete ausfindig zu machen. Auf dem Weg trifft Chip auf die resolute Taxifahrerin Hildy, die ihn kurzerhand in ihre Wohnung mitnimmt, während Ozzie im Naturkundemuseum unfreiwillig die Gefühle der Anthropologin Claire durcheinander wirbelt. Dem verträumten Gabey gelingt es schließlich selbst „Miss U-Bahn“ ausfindig zu machen, doch obwohl sich diese von seinen Avancen beeindruckt zeigt, erscheint sie nicht zum verabredeten Treffen. Erneut machen sich die Freunde auf die Suche…

 
Im Dezember 1944 wird „On The Town“, das erste Musical des fabelhaften Komponisten und Dirigenten Leonard Bernstein, im Adelphi Theatre in New York uraufgeführt. Basierend auf dem im selben Jahr aufgeführten Ballett „Fancy Free“, zu dem Bernstein ebenfalls die Musik komponiert hatte, war mit Texten von Betty Comden und Adolph Green eine abendfüllende Musical Comedy entstanden, die auf deutschen Bühnen bis heute jedoch leider noch relativ unbekannt ist, während die sensationelle Verfilmung 1949 von Stanley Donen und Gene Kelly mit Gene Kelly als Gabey, Frank Sinatra as Chip, Jules Munshin als Ozzie, Ann Miller als Claire Huddesen, Betty Garrett als Brunhilde „Hildy“ Esterhazy und Vera-Ellen als Ivy Smith noch immer ein Bonbon für Kenner und Freunde des US-Musicalfilms ist.
In der Inszenierung Carsten Kirchmeiers bringt nun das Musiktheater im Revier Gelsenkirchen unter der musikalischen Leitung Rasmus Baumanns das New-York-Fieber mit Leichtigkeit, Witz und Charme auf die Bühne.
 
Auf der entsteht durch Jürgen Kirner ein multifunktionales und vielseitiges, aber gleichzeitig schlichtes New York. Einfache Kisten von unterschiedlichen Höhen und Breiten spiegeln die Stadt wider, die niemals schläft. Und ebenso leicht wie das Musical selbst entstehen aus den Kisten innerhalb von Sekunden eine U-Bahn, ein Museum, eine Wohnung, ein Taxi, ein Ballettsaal, ein Club, eine Dachterrasse… Hier reichen kleine Details wie Plakate oder Bäumchen aus, um von einem Standort zum nächsten zu springen. Und jedes Mal fragt sich der Zuschauer mit Spannung, was sich wohl in, hinter oder auf der nächsten Kiste befindet. Mit dem Bühnenbild und -Aufbau, der nahezu nahtlose Übergänge ermöglicht, wird fließend und locker gespielt. Auch die Möglichkeit der Drehbühne wird gerne benutzt und immer passend eingesetzt. Da versteht jemand sein Handwerk!
Musikalisch ist das Musical ein absoluter Genuß! Ein Ohrwurm jagt den nächsten. Die klassisch-jazzige und fröhliche Musik Bernsteins, wunderbar gespielt von der Philharmonie Westfalen, lädt zum Mitwippen ein.

 
Die Besetzung der drei Matrosen mit Piotr Prochera als der verträumte Gabey, Michael Dahmen als der aufgeweckte Chip und E. Mark Murphy als der selbstbewußte Ozzie gelingt wunderbar. Die drei gehen in ihren Rollen auf und harmonieren sowohl untereinander, als auch mit ihren jeweiligen Partnerinnen. Judith Jakob brilliert mit starker Stimme als resolute Hildy und Dorin Rahardja als hin- und hergerissene Claire. Einzig Julia Schukowski als Ivy Smith geht neben diesen beiden auffälligen Charakteren etwas unter, was vermutlich ihrer kleineren und zurückhaltenden Rolle mit wenig Gesang zuzuschreiben ist. In ihren vielen Tanz- und Sprechparts macht sie jedoch eine gute Figur.
Auch Joachim Gabriel Maaß als verständnisvoller Richter Pitkin, Claires Verlobter und die Künstler des Jungen Ensembles Vasilios Manis und Betty Garcés spielen ihre Rollen gekonnt.
Kirchmeier versteht bei jeder Szene aus dem Vollen zu schöpfen, und so verwandelt sich schließlich jede Szene zu einem kleinen Spektakel. Mal geht es hoch her, mal wird es ruhig und melancholisch. Nichts ist zu viel, nichts ist zu wenig und somit kann der Zuschauer dem Werk mit Leichtigkeit und Spannung folgen.
 
Dabei gelingt die Zusammenarbeit mit dem Ballett im Revier perfekt! Mit tollen Choreografien von Ballettdirektorin Bridget Breiner kann das Ballett-Ensemble glänzen. Gerade die Mischung aus Sängern, Chor und Ballett, die hier zeigen, wie harmonisch sie zusammen funktionieren, gibt der Inszenierung Schwung und Abwechselung.
Auch die Kostüme (Renée Listerdal) tragen einen großen Teil zum stimmigen Gesamteindruck bei. Dabei kommen für knapp 60 Künstler über 200 Kostüme zum Einsatz. Maßgeschneidert und individuell fügen sich diese in das Bühnenbild des New York der 40er Jahre. Im bunten Rummel auf Coney Island wissen die Augen bei wunderbar schräger Kostümvielfalt gar nicht, wohin sie zuerst blicken sollen; in Gabeys Traum wiederum verzaubern Schlichtheit und Eleganz.


Die Inszenierung am MiR bietet einen Musical-Abend voller Witz, Einfallsreichtum und Leichtigkeit, getragen von der beflügelnden Musik Bernsteins. Die 2 ½ Stunden vergehen wie im Flug, und während man das Theater schon längst verlassen hat, summt einem doch immer noch mindestens eines der grandiosen Stücke („New York, New York“, „Carried Away“, „Lucky To Be Me“, ,„Ya Got Me“) im Hinterkopf herum. Das macht Lust auf mehr!
 
Die nächsten Termine: 8., 9., 14., 16. Feburar
Weitere Informationen: www.musiktheater-im-revier.de
 
Dank an Thilo Beu für die schönen Bilder.

Redaktion: Frank Becker