„Und eh´ du dich versiehst: Hirnschmelze!“

Fritz Eckenga stellt alle Zeitfenster auf Kippe

von Frank Becker

Fritz Eckenga - Foto © Frank Becker

„Und eh´ du dich versiehst:
Hirnschmelze!“
 
Fritz Eckenga stellt alle Zeitfenster auf Kippe
 
Wuppertal. „Geht´s gut? Ich bin gekommen, um das zu ändern.“ Fritz Eckengas schroffe Ansprache ans Publikum wurde allerdings bei einer Veranstaltung des Forum Maximum im ausverkauften Saal des Barmer Bahnhofs amüsiert aufgenommen. In Bestform, jedoch nicht amüsiert hingegen zeigte sich der Zeit- und Weltbeobachter Eckenga angesichts der der Unzulänglichkeiten des schnöden Alltags, der allzu oft mit der Heißluftformel „Schönen Tach noch!“ beginnt. Für den sensiblen Dortmunder Eckenga ein nervtötendes Störgeräusch, wenn er frühmorgens um 11 zum Kiosk schleicht, um sich mit Brötchen, Zeitung und Kippen zu versorgen. „Nein danke, ich hab´ schon!“ Da hatte er die ganze Sympathie und Zustimmung des Publikums.
 
Die blieb ihm auch durchweg, schließlich lamentiert er ja nicht grundlos über das Heute. Denn wer erinnert sich nicht allzu gerne an die Zeit, zu der alles besser war, an „früher, als die Tage noch aus Holz waren“. Wem hätte sich wie dem Chronisten nicht schon zigmal bei der Annäherung an einen Bahnhof die Formulierung aufgedrängt: „Pißrinne mit Gleisanschluß“. Alle empfinden es, er spricht es aus. Es ist auch dringend nötig, mal gewisse Dinge in aller Deutlichkeit anzusprechen. Eckenga stellt „Alle Zeitfenster auf Kippe“ (so der Titel seines aktuellen Programms und jüngsten Buches) und lüftet den Kopf mal richtig durch.
Zum allgegenwärtigen Ärgernis gehören auch die selbst gemachten Krisen und Scheinkatastrophen, die uns regelmäßig von Politik und Pharmazie aufgedrückt werden: EHEC, Schweinegrippe, Hähnchenmast mit Medikamenten, Schmallenberg-Virus. Obwohl letzterer zumindest dem Westfalen noch irgendwie angenehm vertraut klingt. Mal ehrlich, haben sie nicht auch zu gewissen Zeiten ängstlich Abstinenz von bestimmten Lebensmitteln geübt? Eckenga geht das Problem a la Dirty Harry an: „Make my day, Salat!“.
 
Und dann die Expertenrunden, mit denen uns das Fernsehen überschüttet – ist eigentlich bei jeder Peter Scholl-Latour als der Weisheit letzter Schuss dabei? Da haben wir es wieder: heiße Luft, denn es wird gelabert, was der schmale Verstand hergibt. „Und eh´ du dich versiehst: Hirnschmelze!“ Zum Glück hat Fritz Eckenga neuerdings seine elektronische Assistentin Sandra dabei, die ihm zum quietschenden Vergnügen des Publikums mit aus Telefonschleifen und TV-Werbeblocks bekannten Stereotypen weiterhilft. So mit dem beliebten schweren Gewinnspiel der zwei Antwortmöglichkeiten. „Wie wurde Jesus Christus noch genannt: Heiland oder Holland? Und der Preis: eine lebensgroße farbige Figur von Mohammed im Wert von 1000 Schekel.“ Das ist natürlich völlig unkorrekt: es muß Niederlande heißen. Nebenbei: erst die Jesus-Biographie von Benedikt Ratzinger hat den Burschen so richtig bekannt gemacht – kein Wunder, „der Ratz hat ihn ja noch selbst gekannt.“
 
Bei Sport allerdings taut Eckenga auf, da ist der bekennende BVB-Anhänger in seinem Element. Ob er eine Reportage Arnim Basches vom Dressurreiten parodiert oder sich über ein gewisses französisches Radrennen als die „Apotheken-Rundfahrt“ ärgert, er ist mittendrin. Als Beherrscher des „schwersten Geschützes der deutschen Sprache, der Lyrik“ leistet Eckenga auch auf dem Sektor der Kulinarik und Önologie Erstaunliches.
Ohne die beiden beliebten Handelsreisenden Stromeyer und Hambacher an der schäbigen Bar des schäbigen Vertreter-Hotels in einer öden Stadt irgendwo geht es natürlich nicht. Denen hilft zum guten Abschluß eines jeden Programms nur noch ein Schnäpschen über die ganze Misere hinweg: „Nehmwernocheinen? Jasicher!“ Hat wieder mal Spaß gemacht, Herr Eckenga!


Mehr zu Fritz Eckenga hier.

Wer Fritz Eckenga und ein paar ausgesuchte Kollegen vor der Jahreswende (und einen Tag nach dem Weltuntergang laut Maja-Kalender) in Wuppertal noch einmal erleben möchte, kommt am 22.12. um 20.00 Uhr in den Live Club Barmen (LCB). Dort treten u.a. er, Katinka Buddekotte, Jenny Bischoff, Claus Dieter Clausnitzer und Charlotte Brandi in einem Programm von Thomas Koch auf, Titel: "Akte X-mas - Die Weihnachtsrevue, nach der Sie einpacken können".
Informationen: www.wuppertal-live.de/events/woopt/108723

Das Buch zum Programm (gibt es auch als Hörbuch):
Fritz Eckenga - „Alle Zeitfenster auf Kippe“
© 2011 Verlag Klaus Bittermann, Edition Tiamat - 143 Seiten, Klappenbroschur, ISBN: 978-3-89320-156-3
14,- €
 
Weitere Informationen: www.eckenga.de  -  www.edition-tiamat.de  -  www.kunstmann.de