Rule Britannia!

TNT Theatre Britain mit „One language, many voices“

von Frank Becker

"One language, many voices", Ensemble - Foto: American Drama Group

Rule Britannia!
 
The American Drama Group / TNT Theatre Britain
zeigt „One language, many voices“
- vier Einakter zum Thema Kolonialismus
 
Regie:Paul Stebbings - Musik: Paul Flush - Dramaturgie: Paul Stebbings / Phil Smith - Produzent: Grantly Marshall
Besetzung: Josh Becker – Nana Amoo-Gottfried – Jamila Jennings-Grant – Peter Rae – Saskia Roddick
 
Remscheid. Volles Haus im Teo Otto Theater: Oberstufenklassen von Schulen aus Remscheid, Geverlsberg und Wermelskirchen besuchten in der vergangenen Woche zwei Vorstellungen des hier schon durch Auftritte der Vorjahre bekannten TNT Theatre, ein Zweig der American Drama Group Europe. Den Rahmen steckte ein fächerübergreifendes Thema des kommenden Zentral-Abiturs: „Commonwealth and Post- Colonialism“.
 
Fast 600 Schülerinnen und Schüler folgten – überwiegend mit Interesse – den vier Einaktern in englischer Sprache von Joseph Conrad („An Outpost of Progress“), Somerset Maugham („The Force of Circumstances“), Chinua Achebe („Dead Man´s Path“) und Salman Rushdie („Good Advice is Rarer than Rubies“). Nur wenige, überwiegend junge Damen, schienen sich denn doch mehr für ihre Smartphones und die persönliche Konversation zu interessieren. Darauf angesprochen meinte die fleißigste SMSerin in Reihe 9, Dritte von rechts rotzfrech: „Setzen Sie sich doch woanders hin“. Den Mut, zu verraten, zu welcher Schule sie gehörte, hatte sie aber nicht. Man sollte deshalb aber nicht an der Jugend verzweifeln - solche gibt es und gab es schon immer.
 
Die Botschaft der vier Stücke aus verschiedenen Abschnitten des 20. Jahrhunderts bezieht sich auf die Arroganz des britischen Kolonialismus in Afrika und Asien, interessant ist das Projekt durch das Einbeziehen von europäischen, afrikanischen und indischen Autoren, wodurch zwangsläufig der Blickwinkel auf das Problem ein anderer ist.
Conrad, dessen Kongo-Roman „Herz der Finsternis“ auch Vorlage zu dem Film-Meilenstein „Apocalypse Now“ war, schildert die völlige Arroganz britischer Händler, die sich „Im „Dienste Ihrer Majestät“ und in Kooperation mit dem Militär an den menschlichen und den Natur-Ressourcen des offenen und wehrlosen schwarzen Kontinents bedienen – und bereichern. Da wird der verbotene Sklavenhandel im Tausch gegen Elfenbein stillschweigend goutiert. Die Geringschätzung der einheimischen Bevölkerung als "Savages" tut geradezu körperlich weh. „Was soll ich in diesem verdammten Dschungel, wenn ich nicht reich wie Krösus nach Hause komme?“ Diese Äußerung ist signifikant für die Kolonialisierung der „unentwickelten Welt“ durch das British Empire.
 
Das betrifft durchaus auch die sexuelle Ausbeutung der weiblichen Einwohnerschaft der besetzten Länder, die in W. Somerset Maughams Borneo-Novelle bitter zum Ausdruck kommt. Die kalte Benutzung einer Einheimischen zur persönlichen Befriedigung schien auch bei den Schülern im Saal Beklemmung auszulösen (nicht bei den SMS-Mädels, die interessierten sich für gar nichts). Der fatale Umgang mit überkommenen Werten– Wissenschaft vs. Magie – in Achebes afrikanischem Stück hob den Zeigefinger gegen von Europa übernommenen Fortschrittsglauben auf Kosten des Glaubens der Urbevölkerung, und Salman Rushdis indisch Satire über die Möglichkeiten, ein Einreisevisum nach England zu bekommen, beendete dann doch eher heiter die anspruchsvollen 2½ Stunden. Der ehrliche Beifall der jungen Zuschauer überzeugte: Ziel erreicht.

Weitere Informationen: www.adg-europe.com