Der Westfale als solcher

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Gott erschuf in seinem Zorn
Bielefeld und Paderborn
 
Der Rheinländer hat - die Natur hat es so gewollt - seit Jahrtausenden einen natürlichen Feind: den Westfalen. Dat is e bißje wie Hungk un Katz, der Rheinländer kann do nüß für. Der Westfale ist, wollte man ihn aus rheinischer Sicht beschreiben, mein Jott, jo, wat soll man do saren, ene Weßfälinger ebends. Einen Vorteil hat er allerdings, der Westfale: man erkennt ihn sofort an einem enorm verdickten Hals, der von der Brust nahtlos zum Ohr übergeht, an einem hochroten Kopf und an den Augen, die verzweifelt nach außen quellen. Sollten Sie so jemandem begegnen: keinen Arzt rufen, das ist nicht Bluthochdruck oder so, sondern dat is nur ene janz normale Weßfälinger. Der dicke Hals hat auch seinen Grund. Der Westfale nimmt ja alles wörtlich, ne. Begegnet er, sowie er seinen Fuß ins Rheinland setzt, also nemme mer mal en Beispill: jetz zu Fasteleer, einem Rheinländer, so wird er von dem natürlich sofort gefragt: "Sarens, bess Du ene Weßfälinger?", worauf der Westfale Luft holt und zwar schon beim Wort "Sarens", weil er es wörtlich nimmt, er kritt ewwer die Luff net quitt, weil ja, wie wir wissen, der Rheinländer nach "Sarens" nahtlos weiterredet. Obwohl "Sarens" ja eigentlich eine Aufforderung an den anderen darstellt. Und so läuft der Westfale nun mit angehaltenem Atem durch das Rheinland, will sich vielleicht in einer Kneipe trösten und läuft in die nächste Falle, wenn ihn der Köbes fragt: "Hier!: Wat kriss Du dann?", weil er beim Wort "Hier!" sofort auf den Boden guckt in der Annahme, der Köbes hätte was verloren. Dabei stößt er sich natürlich die Rübe, was den Hals noch dicker anschwellen läßt, beim Hochkommen stößt er an den Kranz Kölsch, alles fällt. Der Köbes, entnervt, will ihn nun mit den Worten hinausschmeißen: "Kumm, kumm, maach datte fottküß!", was er auch wieder wörtlich nimmt, das "Kumm, kumm" nämlich, und er stünde heute noch vor dem Köbes, hätte dieser nicht Mitleid bekommen und ihm gesagt: "Do ess die Tür". Nun endlich weiß er Bescheid, der Westfale, und geht, mit angehaltener Luft versteht sich, nohm Bahnhof für der Zug für noh Paderborn. Sch-meine: kann man ja nur Mitleid haben, ne, mit esu enem Weßfälinger, weil: dä kann jo nüß dofür. Es heißt zwar: Gott erschuf in seinem Zorn Bielefeld und Paderborn, ewwer: sinn och Minsche, wat soll et dann. Zwei Kölsch un dä Fall hätt sich!

 
In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher



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