Mit Honig und GalleGeorg Kreisler starb vorgestern
Georg Kreisler hat für Generationen von Freunden bitterböser, tiefschwarzer und unsentimentaler Lieder Stoff für geradezu kultische Verehrung geliefert. Er war Komponist, Pianist von Gnaden, Brettl- Sänger Schwarzkünstler des Kabaretts, Erfinder des makabren Chansons (ich verzichte darauf, ihn Chansonnier zu nennen) – „humeur noir“ nannte er es selbst – und unerreichter Interpret seiner eigenen „Nichtarischen Arien“ und „Seltsamen Gesänge“. Vorgestern, am 22. November 2011 ist er in Wien gestorben. Immer mal wieder stimmte der 1922 geborene Wiener, Emigrant, Wiener, Berliner, Wiener auf Verlangen, aber auch gerne „Die alten, bösen Lieder“ an, die er seit vielen Jahren gemein-sam mit Partnerin und zweiter Ehefrau Barbara Peters (in erster Ehe war er mit der Schauspielerin Topsy Küppers verheiratet) präsentierte. Sein unvergleichliches Repertoire der 50er und 60er Jahre ist für viele das Größte des Genres. „Wenn ich die Zeit der alten Lieder heraufbeschwöre, so merke ich, daß sich seither zwar viel verändert, aber wenig geändert hat.“, schrieb Kreisler schon 1971 im Begleittext seines Albums „Everblacks“. Heute, 40 Jahre später, kann dieser Satz des
Mit Strychnin und Heiterkeit übte er weiter das „Tauben vergiften“, erzählte was geschah, „Als der Zirkus in Flammen stand“, und mit Genuß und Schmäh zerfetzte immer wieder gerne er ein paar Berufsstände und Gesellschaftsbilder. „Der Musikkritiker“ wird gnadenlos demaskiert, „Der (Poli-) Ticker“ und „Der Staatsbeamte“ werden abgewatscht und im „Opernboogie“ bekommen Komponist, Librettist und Opernbesucher, was ihnen gebührt. Auch das Kreuz mit den schönen Frauen und den Problemen ihrer Beseitigung kommt mit Unschuldsmine in „Bidla Buh“ zur Rede, und ohne die traurige Geschichte vom „Triangelspieler“ und den Tango tanzenden „Zwei alten Tanten“ wäre ein Rückblick unvollständig. Georg Kreisler, der Ur-Wiener mit amerikanischem Paß und Wohnung in Zürich hat einmal von sich gesagt, ihm falle, gefragt, als Berufsbezeichnung für sich „Fremder“ ein. Und Hans Weigel schreibt: „Ich war lange Zeit der festen Überzeugung, daß es den Georg Kreisler gar nicht gibt. Seit ich ihn persönlich kenne und ihm oft begegnet bin – sogar bei Tageslicht – bin ich in dieser Überzeugung bestärkt worden. Georg Kreisler existiert gar nicht – er ist eine Erfindung Georg Kreislers.“ Vorgestern ist Georg Kreisler gestorben. Er wird von niemandem ersetzt werden können. Georg Kreislers Texte liegen glücklicherweise auch in gedruckter Form und auf Hörbüchern vor – nachdem er sich vor einigen Jahren offiziell von der Bühne zurückgezogen hatte, sind seine Bücher der unmittelbare Zugang zu seinem Werk. Literatur (Auswahl): "Georg Kreisler: Gibt es gar nicht" (Die Biographie), 320 S.,geb.,Scherz Verlag 2005 CDs (Auswahl): „Die Georg Kreisler Platte“ – Hörsturz Verlag, 1 CD, 58 Min. Der Tod, das muß ein Wiener sein.
Mehr über Georg Kreisler → hier in den Musenblättern und unter www.agentur-hegmann.de Mehr über Michael Frowin unter www.frowin.de und www.theaterplatz.com |