Freund Hein ganz klein

Thomas Kriebaum - "Kleiner Tod"

von Frank Becker
Freund Hein ganz klein
 

Døden staar de unge paa lur,
men de gamle for øjne.
Dänisches Sprichwort


Er kommt so gewiß wie die Tagesschau um viertel nach acht, wie Weichnachten oder die jährliche Steuerforderung des Finanzamtes. Gelegentlich kündigt er sein Eintreffen zwecks besserer Planung beizeiten an, gewöhnlich jedoch klopft er nur mal eben, um sein Werk zu verrichten: Gevatter Tod, der Sensenmann, der Schnitter, Freund Hein, der Boandlkramer. Das ist schlimm für den, der ihm folgen muß und bietet doch dem einen/der einen oder anderen noch einmal Gelegenheit für einen letzten großen Auftritt. Auf jeden Fall in Thomas Kriebaums  genial erdachten Zeichengeschichten „kleiner Tod“.

Wir müssen das wörtlich nehmen, dürfen ihn, also den wirklich – darf man sagen: körperlich? - kleinen Herrn im schwarzen Anzug mit ganz kleinem Aktenköfferchen aber auch nicht unterschätzen. Kriebaums Tod ist zwar eine halbe Portion, jedoch mit vollgültiger fataler Wirkung. Höflich ist er, nur selten verärgert, lüftet artig seinen schwarzen Hut, benimmt sich unaufdringlich sachlich, tut, was

© Thomas Kriebaum
seines Amtes ist und nimmt, was ihm zusteht. Naja, gelegentlich überrennt ihn der eigene Eifer oder sagen wir: die Hingabe zur Aufgabe und er nimmt ein ganz klein bißchen mehr, den Odem einer niedlichen kleinen Katze, eine lästige Warteschlange, die vor ihm am Schalter steht oder eine ganze Selbstfindungsgruppe. Denn mitunter wird ihm das Warten zu blöd, empfindet er manche Aufgabe als Zumutung.
 
Thomas Kriebaum, geboren 1968 in Wien, hat mit seinem „kleinen Tod“ einen durchaus nicht unsympathischen Vertreter dieser nicht unbedingt allgemein beliebten Berufsgruppe erfunden. Einen, der gekonnt extemporiert, der Mißverständnissen auch mal hilflos gegenübersteht und gelegentlich sogar unverrichteter Dinge seiner Wege ziehen muß. Ganz zauberhaft eine Episode, in der er kommt um eine schwerhörige alte Dame abzuholen, aber lediglich mit ihrem Müllbeutel von dannen zieht. Mehr war nicht zu holen. Natürlich schafft er es sogar, Charlie Browns Fußball zu „töten“ und er versüßt sich als Nighthawk den trockenen Martini zur Blauen Stunde mit einer Blondine. Mal eben den Arm um die kühle Schulter gelegt – R.I.P. Doch, doch, man soll den Tod schon fürchten, aber mit diesem hier fällt einigen der Betroffenen das Abtreten von der Bühne leicht. Jedenfalls geht es schnell. Der kleine Tod hat abgesehen von seiner köstlichen Mimik soviel menschliche Züge, daß man ihn – beinahe – sympathisch finden kann. Die Cartoons und Zeichengeschichten sind in erstklassiger bibliophiler Ausstattung und angemessen dunklen Farben vom Luftschacht Verlag zu einem erlesenen Sammelband zusammengefaßt worden und seit wenigen Wochen im Buch- und Comic-Handel zu haben.

Eins, lieber Herr Kriebaum, würde ich zu gerne noch wissen: was bitte ist in dem kleinen Aktenkoffer, den er mit sich herumschleppt? Und ein Tip für alle, die den Band noch nicht haben: wenn er mal anklopft, einfach nicht aufmachen. Denn der kleine Tod hat gelegentlich das Warten satt und geht wieder…

© Thomas Kriebaum


Das richtige Buch, um dem Totensonntag die heitere Seite abzugewinnen. Eine Empfehlung der Musenblätter und unbedingt mit dem Musenkuß (nein, nicht dem Todeskuß!) für Zeichner und Verlag auszuzeichnen.

Thomas Kriebaum – „Kleiner Tod“
2011 Luftschacht Verlag - 96 Seiten,
Kappenbroschur, zweifarbig
ISBN: 978-3-902373-89-2
15,60 €
 
Weitere Informationen unter:
www.derkriebaum.at  
und  www.luftschacht.com












© Thomas Kriebaum