Handgewebte Kostbarkeiten

Der Teppichkünstler Wolrad Specht

von Frank Becker

Wolrad Specht - Foto © Frank Becker
Handgewebte Kostbarkeit
 
Der Wuppertaler Künstler Wolrad Specht 
hat fünf Jahre Arbeitszeit in einen Teppich nach
einem Entwurf von Albert Oehlen investiert.
 
Es ist eine stille, einsame, viel Geduld und Sorgfalt fordernde Arbeit, die Wolrad Specht (*1948) in selbst gewählter Klausur in seiner Werkstatt in der, denkmalgeschützten alten Remise in der Elberfelder Wiesenstraße tut - und er tut sie nicht zum ersten Mal. Wolrad Specht webt, genauer: tuftet von Hand Teppiche nach künstlerischen Vorlagen und mitunter sehr ausgefallenen Kundenwünschen. Was auch immer in Form, Größe, Farbe oder Design verlangt wird, ob Jugendstil-Dekor oder eine riesige Scholle: Specht setzt es um. Diesmal ist es ein Teppich nach einem Entwurf des zeitgenössischen Künstlers Albert Oehlen (*1954), eine Arbeit, die eine besondere Geschichte hat. 

Nach dem Studium des Textildesigns bei Rudolf Schoofs an der Werkkunst-Schule in Wuppertal gründete Specht 1973 zunächst mit Frauke Kafka die Firma Magma Textildesign, die individuelle Wand- und Bodenteppiche herstellte. Damals wie heute, seit er alleine arbeitet, zählten Hotels, Banken, Firmen, die Kirche und Privatpersonen zu den Abnehmern der künstlerisch hochwertigen Stücke. So gibt es Specht-Teppiche in der Botschaft Gabuns in Deutschland, in der Berliner Akademie der Künste, in der deutschen Botschaft in Washington, D.D., in der Villa von Benedikt Taschen in Hollywood und in der Pfarrkirche Hückeswagen. Specht ist längst ein gesuchter Teppichkünstler geworden. Oft schon hat er Entwürfe von namhaften bildenden Künstlern wie Martin Kippenberger, Thomas Bayerle, Andreas Schulze, Stefan Szczesny und Rosemarie Trockel umgesetzt – und eben Albert Oehlen.


Wolrad Specht mit dem Entwurf (Original) von Albert Oehlen - Foto © Frank Becker

Einige Male wurden die Teppiche des liebenswürdig bescheidenen Künstlers auch in Galerien ausgestellt, so bei Ismail Coban und 2004 in der Galerie Epikur, wo Specht ebenfalls eine Oehlen-Arbeit zeigte, die er „Denkmalsstürze“ nannte. So langwierig die Herstellung eines echten Specht-Teppichs ist, so schnell sind die außergewöhnlichen Stücke auch verkauft. Die Zusammenarbeit Oehlen/Specht geht bis ins Jahr 1980 zurück. Aber zu der ungewöhnlichen Geschichte des jetzt nach fünf Jahren fertig gewordenen 10,4 Quadratmeter (2,50 x 4,10) großen Teppichs, der unbetitelt bleibt: bereits von 1987-92 hatte Specht eben diesen Entwurf nach einer Kollage Oehlens schon einmal ausgearbeitet und ihn 1992 über den Berliner Galeristen Max Hetzler an den US-amerikanischen Künstler Jeff Koons verkauft. Das Hochzeitsfoto von Koons mit Ilona Staller (Cicciolina) in der Zeitschrift „Cosmopolitan“ (1/92) zeigt die beiden auf Wolrad Spechts Teppich.    

2007, also 15 Jahre danach, bestellte Koons bei Wolrad Specht den gleichen Teppich noch einmal über seinen Galeristen Hetzler. Es ist nicht bekannt, ob er den ersten so sehr abgenutzt hat, daß gleichwertiger Ersatz her muß oder ob Jeff Koons einen davon vielleicht dem Museum of Modern Art vermachen möchte. Fest stehen die Fakten: 5 Jahre tägliche Handarbeit, der Verbrauch von 39 kg Wolle in 50 erlesenen Farbschattierungen und der beachtliche Preis. Den behalten wir aber für uns. Der Teppich wird in diesen Tagen ausgeliefert.


Foto: Louisa Specht