Schlösser, Pubs und Herrensitze (4)

Per Pneu unterwegs im Südosten Irlands

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
Schlösser, Pubs und Herrensitze
 
Per Pneu im Südosten der grünen Insel
auf den Spuren irischer Lebensart

- New Ross • Ferrycarrig • Straffan -


Wir haben uns vorgenommen, heute noch einmal tief in die Geschichte Irlands einzutauchen und für einen letzten Abend die rühmenswerte irische Gastfreundschaft ausgiebig zu genießen, bevor wir am nächsten Tag nach unserer kurzen, intensiven Stippvisite den Leihwagen unbeschädigt zurückgeben und uns von Dublin aus auf den Heimweg machen.
 

 
Gestickte Geschichte

Die Dunbrody - Foto © Frank Becker
 
Nach Norden, parallel zum River Barrow, führt uns der Weg nach New Ross, einem Städtchen von zwar nur knapp 8.000 Einwohnern, doch mit einem noch immer wichtigen Binnenhafen, 32 Kilometer tief im Binnenland gelegen. Auch hier zeigt sich der Wert des Automobils, denn New Ross ist wie viele Städte Irlands nicht an das recht spärliche Eisenbahnnetz angeschlossen. Eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt ist der Nachbau der Bark „Dunbrody“, die am Quay vor Anker liegt. Mit dem Original waren zur Zeit des großen Hungers 1845-1849 viele Auswanderer ins gelobte Land Amerika aufgebrochen.
Man ist geschichtsbewußt in New Ross und hat sich der Ereignisse der Region  mit einem einzigartigen Projekt angenommen: der „Ros Tapestry“. Rund 150 Stickerinnen und Sticker haben von 1999 an in zehnjähriger Arbeit nach Entwürfen der Zeichnerin Ann Griffin Bernstorff 15 Wandteppiche mit historischen Szenen bestickt. 6 x 4 Fuß (ca. 122 x 183 cm) mißt jedes der 15 handgearbeiteten Kunstwerke, die Szenen und Begebenheiten von der Frühgeschichte bis zum Mittelalter Südost-Irlands illustrieren. Perspektivisch und motivisch alter Buchmalerei nachempfunden, schlagen die wegen ihrer Lichtempfindlichkeit und sicher auch der Stimmung halber in abgedunkelten Räumen ausgestellten handwerklich hochwertigen, farblich dezent gestalteten Tableaus die wichtigsten Kapitel der Geschichte auf. Schlachten und Hochzeiten, Besetzung und Befreiung, Kirche und profanes Leben sind dargestellt – und auch den Leuchtturm von Hook finden wir auf einem Tableau wieder. Die „Ros Tapestry“ ist sicher ein lohnendes Ziel für historisch interessierte Reisende.


Ros Tapestry (Hook Lighthouse) - Foto © Frank Becker
 
Zurück in die Vorzeit
 
Auf ganz andere Art hautnah an der Geschichte, und vielleicht sogar noch etwas spannender, läßt sich ein Besuch des Irish National Heritage Park in Ferrycarrig/Wexford in eine Rundreise einbauen. Gleich ein Tip: nehmen Sie sich Zeit, vor allem, wenn Sie mit Ihren Kindern unterwegs sind. Es gibt in dem weitläufigen Gelände so viel zu erforschen und zu bestaunen, daß die Stunden im Fluge vergehen.
 
 
Irish Heritage, Stone Circle - Foto © Frank Becker
 
Wie haben die Menschen in der Zeit zwischen der ersten Besiedlung der Insel Irland bis zur Landung der Normannen im 12. Jahrhundert wohl gelebt? 9.000 Jahre Vor- und Frühgeschichte werden auf 18 Hektar Landfläche zwischen Wald, Sumpf und Fels in den 16 historischen Nachbauten von Lager- und Wohnstätten, Dörfern, Kochstellen, und kultischen Orten nachgestellt, die man aufgrund archäologischer Funde möglichst dicht an der Realität rekonstruieren konnte.
Von den Siedlungen der Jäger und Sammler des Mesolithikum (7000 v.Chr.) über bronzezeitliche keltische Kultstätten wie Dolmengräber und Steinkreise, ein frühchristliches Mönchskloster und eine wassergeschützte Insel-Siedlung spannt sich der Bogen bis zur ersten normannischen Burganlage. Wir tauchen beim kundig geführten Rundgang – sogar die Guides treten in dem Thema angepaßter Kleidung auf – in die Vergangenheit dieses faszinierenden Volkes ein, können Gerätschaften,

Foto © Frank Becker
Kleidung, Getreide, Hausvieh, Jagdbeute, Waffen, Baustile und Schiffe vom Einbaum bis zum Drachenboot jeder der Epochen aus der Nähe betrachten. Wer Glück hat wie wir, wird sogar Zeuge eines archaischen Kochvorgangs in der offenen Kochgrube „Fulacht Fiadh“, in der mit Hilfe von heißen Steinen das in Stroh gewickelte Fleisch gegart wird. Auf jeden Fall am Ende davon kosten: es schmeckt herrlich!
Das Lunch sollte man sich jedoch lieber von zu Hause mitbringen – beim Restaurant gibt es noch deutlichen Nachbesserungsbedarf. Ein hervorragend gemachtes Begleitheft zum Rundgang ist auch in deutscher Sprache zu haben.
 
Schloßhotel inkl. Gespenst
 
Hervorragend hingegen sind die Küche und der Service des Barberstown Castle Hotel in Straffan/Kildare, wo wir schon mit Blick auf Dublin und die Rückreise zur abendlichen Entspannung und letzten Übernachtung dieser kurzen Reise einkehren. In einem gepflegten kleinen Park von 20 acres (das sind etwa 8 ha) gelegen gehört das elegante Haus von Ken Healy zu den ersten Adressen irischer Landhaus-Hotels. Nicht ohne Grund wirbt das Hotel für sich mit: „Barberstown Castle ist he ideal First or Last Stop on your Tour of Irleand.“. Da ist was dran.
Allerdings ist ruhebedürftigen Reisenden zu empfehlen, sich genau über die Lage der sämtlich komfortablen 58 Zimmer zu informieren. Einige nämlich liegen an der Nordseite des Komplexes unmittelbar zu der belebten R 403. Der Südostflügel mit Parkblick und die Räume zur Innenseite bieten mehr Ruhe.

Barberstown Castle Hotel - Foto © Frank Becker
Auch hier geht die Geschichte weit zurück bis ins 13. Jahrhundert, aus dem die ersten Mauern des Hauses stammen, die noch auf den früheren Festungscharakter hinweisen. Das Kriegerische ist Stil und gepflegtem Understatement gewichen, man versinkt vor dem Kamin im Foyer zur Teestunde in tiefen Polstern, genießt nach exquisitem französisch-irischem Dinner im Restaurant mit Blick auf den Park und einer Auswahl aus 100 internationalen Weinen noch einen späten Drink in der Cocktail-Bar.
Allerdings geht auch die Geschichte des Gästen zur Verfügung stehenden Internet-Anschlusses weit in die Vergangenheit zurück. Für 1,- € (Einwurf) kann man 8 Minuten den Anschluß nutzen, der sich aber so langsam aufbaut, daß die Mails erst nach 4 Minuten auftauchen und innerhalb der bezahlten Zeit nicht zu öffnen sind. Doch wer möchte schon an einem Tag im Barberstown Castle seine E-Mails abrufen oder gar arbeiten? Ach ja, eh ich es vergesse: ein hauseigenes Gespenst ist auch da, versichert Ken treuherzig. Die unsterbliche Seele einer „Grauen Frau“ soll hie und da schon nachts wortlos durch ein bestimmtes Zimmer gegeistert und durch die Wände wieder verschwunden sein. Ken glaubt mit einem gewissen Schmunzeln fest daran. Die Probe aufs Exempel - Kollege Hans S. wollte es wissen! - blieb gespensterfrei.

Goodbye Ireland!


Foto © Frank Becker
 
Der Abschied am folgenden herrlichen Morgen fiel schwer, hier wäre das Bleiben leicht gefallen. Auf dem Weg zum Flughafen mußten unbedingt noch eine wenn auch stinknormale, so doch köstliche und typische Portion Fish `n´ Chips und ein frisch gezapftes Pint irischen Biers her – und vor dem Abflug ein ordentlicher Shoeshine bei „Buff Stop“ auf dem Flughafen. Ohne den reise ich nie aus Irland ab.
     
 
Wichtige Web-Adressen dieses Reise-Abschnitts:
Ros Tapestry:  www.rostapestry.com
Irish National Heritage Park: www.inhp.com
Barberstown Castle Hotel: www.barberstowncastle.ie
Aer Lingus: www.aerlingus.com
Irland Information: www.entdeckeirland.de

Anreise mit eigenem Fahrzeug: Per Nachtfähre von Nordfrankreich direkt nach Irland (Cherbourg / Roscoff-Rosslare) oder zunächst Fähre nach Großbritannien, von dort mit Anschlußfähre weiter nach Irland  (Durchgangstarife über verschiedene Routen).
Irish Ferries - Tel: 0421 – 1760 218: www.irlandfaehre.de


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