Waren Sie schon mal zum Törggelen?

Bozens schöne Umgebung (Teil 1)

von Frank Becker

Walther-Denkmal - Foto © Frank Becker
Waren Sie schon mal
zum Törggelen?
 
Das und viel, viel mehr hat die
malerische Umgebung
von Bozen
dem Genießer zu bieten
(Teil 1)
 
 
Wer einmal in Südtirol gewesen ist, möchte immer wieder dorthin – diese Erfahrung machen Wanderer und Reisende, die den Herrgottswinkel zwischen Österreich und Italien als Paradies der Ruhe, der Erholung und des herzhaften Schlemmens für sich entdeckt haben. Nun wissen wir ja, daß Südtirol selbstverständlich zum Staatsgebiet Italiens zählt – was die echten Südtiroler aber gar nicht stört, denn sie leben in ihrer energisch erstrittenen Autonomie sehr angenehm. Als ich zum ersten Mal vor Jahrzehnten dorthin kam und in einem Café mühselig versuchte, eine Bestellung in italienischer Sprache zu radebrechen, lächelte mich die Wirtin freundlich an: „Junger Mann, wir sprechen hier deutsch.“
Nicht alleine das ist der Grund, weshalb so viele Deutsche sich Südtirol als Urlaubs-Region ausgesucht haben, aber es macht das Reisen natürlich leichter.
 
Südtirol lockt
 
Südtirol, das beschenkte Land im nördlichsten Zipfel Italiens lockt mit seinem sehr angenehmen Klima und mit einer einzigartigen Naturlandschaft, in der man trotz der umgebenden Berge und schmalen Täler das Gefühl von Freiheit spürt. Nicht zuletzt sein handfester, ehrlicher Menschenschlag, der abseits der Städte eine Solidität bewahrt hat, die ihn mit der Natur und dem Tag in Einklang bringt, spricht für Südtirol. In den Städten verschmelzen die leichte Lebensart Italiens und das Bodenständige des südlichen Tirol zu einer nicht minder ansprechenden Melange. Man fühlt sich als Besucher da wie dort angenommen und gut aufgehoben. Und so wundert es auch nicht, dass man auf beiden Seiten, Gastgeber und Gästen stets freundliche Mienen sieht. Zu allen Jahreszeiten ist es in Südtirol schön, Wanderer lieben besonders das Frühjahr und den Herbst.

 
 Blick aus der Seibahn-Gondel auf Bozen - Foto © Frank Becker
 
Das Töggelen
 
Eine Besonderheit ist im Herbst das Törggelen. Deutsche Urlauber kennen einen ähnlichen Brauch

Foto © Frank Becker
auch anderen Gegenden, wo man es Buschenschank nennt oder aus den Weinanbaugebieten Hessens und der Pfalz, wo man nach der Lese den jungen Wein in sogenannten Straußenwirtschaften, also temporären Bauernwirtschaften ohne eigentlichen Wirtshausbetrieb, mit einer deftigen Mahlzeit verkostet. Ähnlich verhält es sich in
Südtirol, wo das Wandern und die Einkehr zur Jause am Wege eben das „Törggelen“ ist. „Der Begriff Törggelen hat seinen Stamm in dem lateinischen Begriff “torquere”, der der alten Weinpresse, der Torggl, seinen Namen gab. Ursprünglich war das Törggelen eine gemeinsame Verkostung des neuen Weines mit den Nachbarn oder eine Erntedankmahlzeit mit allen, die bei der Ernte geholfen haben. Auch hier wurden logischerweise Most und Wein probiert.“ – So erklärt es griffig ein Text der Südtiroler Fremdenverkehrswerbung. Ich konnte das im vergangenen Herbst als Reisejournalist ausprobieren, wurde freundlichst quasi zum Nachbarn ernannt – und würde jederzeit auch als Tourist wieder einkehren.
 
Törggelen-Sationen in Jenesien
 
Denn die wunderbare Verbindung von Wandern und gastlicher Einkehr tun einfach gut, wenn auch
 
  Kasknödel/Schlupfkrapfen - Foto © Frank Becker
nicht dem Hüftgold, das natürlich bei einer Wanderung auch wieder ein wenig abgebaut werden kann. In unserem Falle war es eine gemütliche Kutschfahrt mit gutmütigen Haflingern und dem Rieder Paul am Zügel durch das hoch gelegene Gebiet Jenesien nördlich von Bozen. Dem Wanderer und dem Kutschpassagier (bitte warm anziehen, den in der Höhe wird es im Herbst recht kühl), seien ein paar Hinweise mitgegeben. Von Bozen aus fährt man zunächst bequem mit einer Seilbahn, die einen berauschenden Ausblick über das Talfertal, den Ritten, Bozen und die Dolomiten bietet, zur Bergstation, an der die eigentliche Wanderung beginnen kann. 741 Höhenmeter hat man da schon ohne Anstrengung überwunden. Vorbei an herbstlich gefärbten Wäldern, unter den schneebedeckten Gipfeln der Dolomiten machen wir uns auf den Weg.

Drei Stationen soll unsere kleine Tour haben, damit wir jeden Gang des Törggelen woanders

Glaning, Zum Hl. Martin - Foto © Frank Becker
verkosten können: wir steuern die erste Station unserer Wanderung an, den Plattnerhof, auf dem eine Marende (Halb-Mittag) mit duftendem Speck, würziger Wurst und Käse, dem deftigen Vinschger und dem zwischen den Zähnen krachenden Schüttelbrot mit Kümmel auf uns wartet. Der Noafer in Glaning, (I-39050 Jenesien Tel. +39 0471 266539) ist Station zwei, hier nehmen wir „nur“ eine Vorspeise zu uns, eine Köstlichkeit, die von Martha Lamprecht und Tochter Maria frisch zubereitet aus Suppe, Kasknödel mit Schlutzkrapfen (Spinatfüllung) in Butter und mit Parmesan bestreut besteht. Dazu der Hauswein (ein knackig frischer Silvaner mit Weißburgunder) oder ein Vernatsch – Kinder, die Welt ist in Ordnung!
Wer noch ein halbes Stündchen Zeit übrig hat, kann in Glaning, gleich beim Noafer nebenan, das kleine Kuratie-Kirchlein zum Hl. Martin anschauen - man wird Ihnen gerne aufschließen. Eine andere Option ist, sich für einen Moment der Ruhe unter den alten Kastanien auf eine Bank zu setzen und die Ruhe auf sich wirken zu lassen.

Aber ein Kämmerchen muß im Magen noch frei bleiben, denn bei Station drei, dem Messnerhof, gibt es ja nur wenig später die Hauptmahlzeit, und die hat es mit einer Schlachtplatte, Kastanien und süßen Krapfen noch einmal ordentlich in sich. Wie gesagt: der fleißige Wanderer schafft sich das wieder ab… Natürlich gehören hier wie an den anderen Stationen ein junger Wein (der „Nuie“) und die landestypischen gerösteten Kastanien dazu.
 
Verdauungsschnaps und Weinprobe
 
Auf dem Rückweg schnell noch ein hausgebrannter Schnaps beim Kerscher Sepp, der Südtirols

Peter Egger-Ramer - Foto © Frank Becker
schönsten Haflinger sein eigen nennt, die „Nelli“ (von Akrobat), stolz als „Miss Südtirol“ vorgestellt. Eine wirkliche Schönheit.
Na und was macht so einen Tag rund? Richtig: eine ausgedehnte Weinprobe bei einem lokalen autochthonen Winzer – wir haben uns dafür Peter Egger-Ramer ausgesucht, einen jungen, dynamischen Winzer in der Via Guncina 5 – I-39100 Bozen, der einige erlesene Tropfen Lagrein, Gewürztraminer,  Vernatsch und Müller-Thurgau, auch einen sehr ordentlichen Weißburgunder aus Gries. St.Magdalena und Frangart kultiviert und die neue Generation, nicht nur in den Flaschenertiketten verkörpert.

S
o, für heute habe ich Ihnen die Zähne genug lang gemacht. Morgen können Sie an dieser Stelle mehr über Bozens schöne Umgebung lesen. Aber soviel schon jetzt: es wird wieder interessant und lecker – und alles (außer dem Törggelen) können Sie auch im Frühling und im Sommer unternehmen.

 
 Jenesien vom Plattnerhof aus gesehen - Foto © Frank Becker

Weitere Informationen unter: