Saitenspiel: Im Quartett (5)

Das Prisma Streichquartett überrascht mit Mozart, Ligeti und Schoeck

von Johannes Vesper
Saitenspiel: Im Quartett (5)
 
Im 5. Kammerkonzert des Prisma Streichquartetts mit Matthias Metzger (1. Violine), Kathrin Brosi (2. Violine), Annette Hartmann (Viola) und Pirkki Langer (Violoncello) mit dem Gast Markus Niedermayr (Bariton) gab es Nachtmusiken. Zu Beginn W.A. Mozarts (1756-1791)  „Eine kleine Nachtmusik“ von 1787, aus dem Jahr, in dem der „Don Giovanni“ entstand und Mozart in Wien zum Kammermusikus ernannt wurde. Drängend und stürmisch, mit fesselnder Dynamik eines jeden Tons wird das delikate Quartett eröffnet. Schnelle Sechzehntel-Repetitionen geben dem Stück stellenweise einen symphonischen Charakter. Erst in der Romanze kommt eine leicht melancholische Serenadenstimmung auf, die sich später im c-moll-Teil wieder völlig ändert. Zügig und schnellt perlt das Finale dem Ende zu. Alfred Einstein wird gelegentlich im Zusammenhang mit diesem populären Werk zitiert: „Es ist Meisterschaft aller Meisterschaften im allerkleinsten Rahmen“. Recht hat er.
 
Bei den folgenden  „Metamorphoses nocturnes“ handelt es sich um György Ligetis (1923-2006) 1. Streichquartett. In dem langen Satz aus 12 variierenden Teilen unterschiedlichen Tempos und Charakters entstehen erstaunliche Klangebilde. Das Werk wurde 1953/54 komponiert, also vor dem ungarischen Volksaufstand 1956 und Ligetis Flucht nach Wien. Zu Beginn erklingt eine helle Geigenstimme aus diffusem Nachtnebel. Die Musik gewinnt jedoch schnell an Kontur und Struktur, mit vertrackten bedrohlichen Rhythmen. Virtuoses Flageolett (teilweise mit Dämpfer) im Wechsel mit harten Akkordschlägen des ganzen Ensembles bedürfen einer souveränen Bogentechnik. Dann eingesprengt angedeutete Walzerklänge. Derbes Pizzicato, bei dem die Saiten auf das Griffbrett knallen. Flirrende Glissandi ergeben flüchtige Traumklanggebilde, rhapsodische „nächtliche Vexierbilder“, Alpträumen entsprechend. Ein starkes Musikstück.
 
Nach der Pause das Hauptwerk des Konzertes: Das selten gehörte Notturno für Baß-Bariton und Streichquartett op. 47 von Othmar Schoeck (1886-1957) mit Texten von Nikolaus Lenau und Gottfried Keller. Der Schweizer Lieder- und Opernkomponist ist mit seiner Tonsprache nicht bei Zwölftonmusik und Atonalität angekommen, bewegt sich aber unter dem Einfluß der Neuen Musik weit jenseits spätromantischen Ausdrucks. Ernste Gedichte über Liebe, Glück und Tod, lyrisch melancholische Musik ertönt – Nachtgesänge - aber auch ekstatische Klangfülle, wenn bei Dionysos „im Wein  Gedanken quellen“. Dann erneute Nachtgedanken im Andante apassionata und im wilden Presto, wunderbar traurige Musik, „aufblühend in wonniger Beseelung“ der in das Streichquartett eingebetteten, sonoren Baritonstimme von Markus Niedermeyr. Zum Schluß kosmische Weite in Dichtung und Musik. Starker Applaus für einen bedeutenden Musik-Nachmittag in der Wuppertaler Stadthalle.   
 
Detlef Muthmann ist leidenschaftlicher Musikliebhaber. Er unterstützt diese Konzerte finanziell, weil er in den 60er Jahren wunderbare Konzerte in der Wuppertaler Stadthalle erlebt hat. Er will sein großzügiges Mäzenatentum in den nächsten Jahren fortsetzen und Kammermusik ermöglichen, wie sie von kommerziellen Veranstaltern nicht geboten werden. Die Programmgestaltung überläßt er den Ensembles. Wuppertal wird zum Mekka der Kammermusikfreunde werden. Man darf gespannt sein.
 
Das letzte Konzert des Prisma Streichquartetts (http://www.prisma-quartett.de/ ) in dieser Saison findet am Sonntag, dem 13.03.2011 um 16 Uhr statt:
Anton Webern
Fünf Sätze für Streichquartett op. 5(1909)
Paul Hindemith
Streichquartett Nr. 4 op.22
Franz Schubert
Streichquartett Nr 14 d-Moll (D 810)
 
Redaktion: Frank Becker