Die Varusniederlage oder Die Schlacht im oder am Teutoburger Wald

Die Schlacht um die Schlacht - (Teil 4)

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Die Varusniederlage
oder
Die Schlacht im oder am Teutoburger Wald
Oder
Die Schlacht um die Schlacht
Die reine rheinische Wahrheit

- Teil 4 -
 
 
...kauft harte Äpfel aus Halberstadt


Also, wo waren wir? Richtig: Teutiburgium. Zwar lag dieser Ort – eine typisch römische Garnisonsstadt – nicht wirklich in Germanien, er lag da, wo die Drau in die Donau mündet, das ist da unten früher Ungarn, heute Kroatien, also nicht direkt bei Detmold, nicht wahr, damals sagte man, es liegt „ad ripam Pannoniae“ an den Grenzen Ungarns. Heute heißt der Ort Dalj, vormals Dalya und ist genau so wenig interessant wie es damals Teutiburgium war, aber sei’s drum. Der Name hat ihm gefallen, zumal er etwas wußte, was wir heute fast vergessen haben, gäbe es nicht ein paar Altphilologen, die sich daran noch erinnern, daß nämlich dieses Wort sich aus einem keltischen und einem germanischen zusammensetzt, nämlich dem keltischen „teuto“ was soviel wie Volk heißt, und dem germanischen „burgis“ was soviel wie Befestigung, Palisade, Burg, Wachtturm heißt. Also hat er schnell die Wörter zusammengezimmert und, damit es nicht mit Teutiburgium verwechselt wird, ein tutoburgium draus gemacht und weil er wußte, daß die Niederlage in einem hügeligen Gelände stattfand, nannte er es den teutoburgiensis saltus. Und damit auch seine Leser nicht wirklich exakt herausfinden konnten, daß das alles nur erfunden ist, hat er auch noch geschrieben, die Schlacht hätte „haud procul teutoburgiensi saltu“ stattgefunden, also: unweit vom Teutoburger Wald. So weit, so originell und nachvollziehbar.
 
Wie kam nun aber der Teutoburger Wald tatsächlich zu seinem Namen? Ganz einfach: der Wald hieß ursprünglich Osning. Warum weiß keiner, is aber auch egal, weil: er heißt ja nicht mehr so. Ein Geograph und Historiker, der Philipp Clüver, hat 1616 den Tacitus gelesen und dabei Spaß an der Varusschlacht gehabt und weil er dachte, daß der damals schon so genannte Teutberg im Osning so heißt, weil da die Schlacht war, hat er den Wald kurzerhand in Teutoburger umbenannt. Das allein hätte noch nicht viel gebracht, nun las aber der Fürstbischof von Paderborn und Münster – Ferdinand von Fürstenberg – die Aufsätze vom Philipp Clüver und den Tacitus gleich mit und hatte Gefallen an diesem Namen dergestalt, daß er den Osning nun offiziell und kraft seines Amts 1669 in Teutoburger Wald umbenannte und in seinen Monumenta Paderborniensia“ 1672 veröffentlichte.
Sie sehen, das alles bringt uns mit der Lokalisierung nicht weiter, denn es bleibt die Frage: Hat die Varusschlacht tatsächlich im Teutoburger Wald stattgefunden und wenn ja, wo war denn der zum Teufel überhaupt?
Von daher ist klar, daß sich viele Orte darum bewerben, Austragungsort der Schlacht gewesen zu sein. 700 Orte streiten sich - nur um mal eine Zahl zu nennen - um diesen Ruhm. Darunter so heiße Favoriten wie Augsburg, Arnsberg oder Halberstadt. In Augsburg hat sich immer schon eine Legende erhalten, derzufolge ein römisches Heer in der Nähe vernichtet worden sein soll. Wie ich die Bayern kenne, haben die da den Attila und die Hunnenschlacht am Lech mit dem Varus verwechselt, weil: jo mei, des is ja so lang her, do is eh wurscht, wer des war!
Und das haben ein paar Gelehrte im 15. Jahrhundert aufgegriffen, und weil Augsburg da eine der wichtigsten Städte der Welt war, kam dazu, daß es doch logisch war, oder? Wo hätte denn diese wichtigste Schlacht der Römer anders stattfinden sollen wenn nicht in Augsburg!
Soweit die Beweisführung aus Bayern.
Dann: Halberstadt!!! Da gibt es einen selbsternannten Historiker und Ober-Lateiner, der nachweist, daß natürlich Halberstadt die Stätte der Schlacht war. Ein Siegel krönt seine Web-Site, auf dem steht: Limes Romana – das ist ja schon mal der Hammer, oder?! Für uns Lateiner ist Limes immer noch männlich, also limes romanus! Dann weist er – sein Name ist Rainer Friebe – nach, daß man zweitausend Jahre lang das Latein vom Tacitus falsch gelesen habe. Bei Tacitus steht, die Schlacht habe: „haud procul teutoburgiensi saltu...“ stattgefunden, also nicht weit weg vom Teutoburger Wald.
Nein! Ruft uns da Rainer Friebe entgegen, falsch entziffert. Das heiße doch nicht teutoburgiensi saltu sondern das muß man anders lesen: te uto burgi ensi saltu – und das hieße „Gesichert von Türmen, geschützt vom Schwert“ und deshalb habe die Schlacht in Halberstadt stattgefunden.
Jeder Donald Duck-Fan erinnert sich an den Werbespruch beim Apfel-Preisausschreiben in Entenhausen: „Wer keine weiche Birne hat, kauft harte Äpfel aus Halberstadt!“ (Danke, Erika Fuchs!)
te uto burgi ensi saltu - Das ist Latein wie der schöne Satz, den sich Kölner Lateinschüler erzählen: Datis memra derus – dat es mem Rad erus!
 
Was nun Viktor von Scheffel in seinem Lied „Als die Römer frech geworden“ (darf in keinem anständigen Kommersbuch fehlen) dazu zu sagen hat – erfahren Sie nächste Woche. In der Zwischenzeit kichern wir still in uns hinein: te uto burgi ensi saltu…
 
Ihr
Konrad Beikircher




© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2011
Redaktion: Frank Becker