Taiwan berührt
Taipeh. Mit einer Fläche von 36.000 qkm ist der Inselstaat Taiwan, 160 km vor der südchinesischen Küste gelegen, in etwa so groß wie das Bundesland Baden-Württemberg, hat aber mit einer Bevölkerung von fast 23 Millionen mehr als doppelt so viele Einwohner. Da sich die überwiegende Zahl aber in den Ballungszentren der großen Städte Taipeh (2,64 Mio.), Kaohsiung (1,5 Mio.), Taichung (1,1 Mio.), Tainan (750 Tsd.), Keelung (390 Tsd.), Taitung (117 Tsd.) und Hualien (110 Tsd.) konzentriert, hat das topographisch und klimatisch abwechslungsreiche Land neben den urbanen Zentren weite Landstriche mit nahezu unberührter Natur, die erholungssuchenden Reisenden mit der Schönheit von Regenwäldern, schroffen Bergen, malerischen Seen, vorgelagerten Inseln im Westen, zerklüfteten Küsten im Norden und Osten, Badestrand im Süden, Tiefebenen, Canyons und subtropischem Klima eine Vielfalt von Möglichkeiten zum Kennenlernen neuer Welten und zur Entspannung bieten.
Taiwan oder auch Formosa, wie es lange mit der Bezeichnung portugiesischer Seefahrer genannt wurde (Ilha formosa = die schöne Insel), hat eine wechselvolle Geschichte. Durch malayo-polynesische Besiedlung, als Teil des kaiserlichen China der Ming und Qing, holländische Besetzung, japanische Annexion, Neuordnung nach dem 2. Weltkrieg und Ablösung vom chinesischen Festland, dem „Mainland China“, wie die Taiwaner es selber nennen, haben viele Einflüsse auf Kultur und Menschen eingewirkt und ihre farbigen, lebendigen Spuren hinterlassen. Vielleicht ist es das Wechselvolle, das aus den Chinesen Taiwans das freundliche, weltoffene Volk geformt hat, als das man es heute im ganzen Land erlebt. Die Begegnung mit Taiwan und seinen Menschen überrascht den Reisenden angenehm und nimmt ihm bei aller Exotik das Gefühl „fremd“ zu sein.
Taiwan ist eine mit enormen Investitionen und großem Export-Überschuß rasant aufstrebende Wirtschaftsmacht. Man hat nach Jahren der relativen Isolation zu sich gefunden und mit der Demokratisierung nach 1987 neue Wege beschritten. 1972 war Taiwan, die damalige Republik China, zugunsten der Volksrepublik China aus der UNO ausgeschlossen worden, ein einmaliger und unrühmlicher Vorgang, und 1979 brach der einstige Partner USA wie auch andere westliche Staaten die diplomatischen Beziehungen ab, um für neue Beziehungen mit der Volksrepublik auf dem Festland frei zu sein. Diesen tiefen Sturz hat Taiwan überwunden. Man ist in der Technologie weiter voran als andere asiatische Staaten, hat nach Jahrzehnten eher diktatorischer Verhältnisse eine funktionierende Demokratie und eine florierende Wirtschaft, verbunden mit solidem Bewußtsein für die Geschichte auf dem Boden all-chinesischer Kunst, Kultur und Philosophie.
Taiwans Hauptstadt Taipeh im Norden der Insel ist für den Flugreisenden das Tor zum Land. Mit der Direktverbindung der China Airlines von Frankfurt/Main nach Taipeh ist man bei günstigen Flugbedingungen innerhalb 12 Stunden dort – (beim Rückflug sind es des Jetstreams wegen ganz drei Stunden mehr, bis man wieder den Heimatflughafen erreicht) und betritt eine Metropole, die wie die übrigen großen Städte Taiwans wie ein ungeheurer Bienenstock summt, vibriert und in ununterbrochener geschäftiger Bewegung zu sein scheint. Man ist mobil und gerät mit dieser Mobilität nahezu an die Grenzen des Möglichen: allein in Taipeh sind 770.000 Pkw registriert, davon 33.500 Taxen, sowie mehr als eine Million Motorroller! Wer dieses Gewimmel sieht und die über Kilometer komplett und ordentlich dicht bei dicht mit Rollern zugeparkten Bürgersteige,
Taipeh bietet natürlich viel, viel mehr – und wer in Hongkong, Beijing oder Hangzhou war, hat zwar auch China gesehen, jedoch nicht die individuelle Prägung, die Taiwan eigen ist. Gut beraten ist, wer sich einem kundigen Fremdenführer anvertraut, wenn er mehr erleben möchte als nur die touristischen Highlights. Es ist zwar einfach sich zu orientieren, denn Verkehrsmittel, Straßenschilder und größeren Gebäude tragen neben den chinesischen Mandarin-Schriftzeichen auch englische Beschriftungen, doch wird man die „Geheimtips“ wie ein vorzügliches Restaurant abseits der touristischen Zentren, den guten Salon für eine erholsame Fußmassage oder das richtige Lokal für die authentischen Tee-Zeremonie leichter finden, wenn man sich, zumal auf einer Rundreise zu den Sehenswürdigkeiten des Landes von einem der gut ausgebildeten Mitarbeiter des Taiwan Tourism Bureau an die Hand nehmen lässt. Felix Chen ist so ein perfekter Guide. Sicher hätte ich einiges verpasst, wenn er nicht die Regie geführt hätte.
Die meisten Besucher werden wahrscheinlich mit einem Besuch der Hauptstadt Taipeh ihre Reise durch das Land beginnen, das sich den Wahlspruch „Touch Your Heart“ gegeben hat. Kein Reisender wird die architektonische Meisterleistung übersehen können, vor der heute jeder mit in den Nacken gelegtem Kopf steht, der Taipeh besucht: Taipei 101, nach der Zahl seiner Etagen benannt und mit 508 Metern („About Architecture“ spricht sogar von 509 Metern) im Moment das höchste Gebäude der Welt. Himmelstürmend haben die Architekten C.Y Lee und Partner dieses beeindruckende Geschäfts- und Finanz-Zentrum wie einen gigantischen Bambus konstruiert. Atemberaubend der Blick von der Aussichtsplattform in 382 m Höhe, die man in nur 39 Sekunden mit einem der Aufzüge erreicht.
Diesem futuristischen Superlativ stehen andere Attraktionen wie aus einer fernen alten Welt diametral gegenüber: das wie ein kaiserlich chinesisches Grabmal gebaute Chiang Kai-shek Memorial, das einen ähnlichen Pomp verkörpert wie das Mausoleum Mao Zedongs in Beijing, die traditionellen alten Einkaufsstraßen wie die pittoreske Di Hua Street mit ihren geheimnisvollen Gewürzen, Heilmitteln, getrockneten Pilzen und Tausenden von Stoffen und vor allem der Longshan Tempel. Ich kann nur empfehlen, hier am Abend einen Gottesdienst zu besuchen. Wenn man irgendwo auf der Welt religiöse Offenheit und Toleranz antreffen möchte, dann hier. Taoismus und Buddhismus vereinen sich mit Konfuzianischer Philosophie zu fröhlichem, tiefem Bekenntnis, und jede andere Religion ist willkommen, beim Gebet mitzutun – ein Erlebnis, das den schlechten Beigeschmack und die Verkniffenheit fundamentalistisch dogmatischer Religionen nicht kennt.
Ich vergaß beinahe, vom Essen zu erzählen, wo es doch für Chinesen, welche die Taiwaner von ihrer Herkunft und Kultur natürlich sind, besonders wichtig und ein gemeinschaftliches Erlebnis ist. Man findet sich in Lokalen gerne zu großen Tischgesellschaften zusammen und ißt nach Herzenslust um des Genusses willen: das „A-Mei“ in der Jilin Road/Chang Chun kann ich sehr empfehlen: das Hühnchen „3 Tassen“ (geschmort mit Wein, Soja und Zucker)
Von der Freundlichkeit der Taiwaner sprach ich schon. Hinzu kommen die sprichwörtliche chinesische Höflichkeit und ein beachtenswertes Organisationstalent, das z. B. den Besuch des National Palace Museum mit seinen Führungen zu einem kulturhistorischen Erlebnis macht. Mit ca. 655.000 Exponaten, davon 90 % Schriften und Dokumente, ist es das größte der Welt und nach den
Von Taipeh erreicht man in 2 Stunden und 40 Minuten mit einem bequemen Zug entlang der Ostküste die für ihren Marmor bekannte Stadt Hualien, die ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in die westlich in den Bergen gelegene Taroko-Schlucht mit ihren wilden Zerklüftungen, Marmorfelsen, Wasserfällen und Grotten voller Schwalben ist. Eine Wanderung auf dem gut ausgebauten Shakadang-Trail im Nationalpark ist ein einmaliges Naturerlebnis. Solide Kleidung und Schuhwerk werden wegen des dort möglichen schnellen Wetterwechsels dringend empfohlen. Noch gibt es wenig Hotel-Kapazität im Taroko-Nationalpark, aber wer rechtzeitig bucht und im traumhaft gelegenen „Grand Formosa“ z.B. mit Blick auf den Buddha-Tempel unterkommt, hat schon das große Los gezogen.
Wer von Hualien nach Taichung in der westlichen Tiefebene weiterreisen möchte, kann die beschwerliche, aber pittoreske Autofahrt durch die Berge wählen oder den bequemen
Da ist es am Sun Moon Lake, zumindest in einem der wohl idyllischst gelegenen und kultiviertesten Hotels Taiwans, dem „The Lalu“ schon wesentlich anders. Hier ist das Element der Ruhe in den Mittelpunkt gerückt worden. Eingebettet in die malerischen Berge Zentraltaiwans ist der
Der aufstrebende und leider auch in bekannte touristische Fehler (Hotelklötze, Ramschläden und Lärm) verfallende nahegelegne Ort Shueishe Village ist die preiswertere Alternative. Von da wie dort kann man seine idyllische Bootsfahrt über den See, Spaziergänge über die Uferpromenaden, Wanderungen in den Bergen und durch die Bambus-Wälder oder den Aufstieg zum Wen Wu Tempel und der Tse-en Pagode antreten. Gute Restaurants wie das „Ming Hu“ gibt es auch dort.
Noch zwei etwas speziellere Tips aus dem Reichtum, den Taiwan zu bieten hat, für
Freunde des bunten Spektakels, die sich ansehen möchten, wie Religion zu einem Disneyland-Event verkommt, besucht das buddhistische Kloster Fo Kuang Shan bei Kaohsiung im Süden Taiwans. Dort findet man nicht nur die mit 36 m höchste vergoldete Buddha-Statue Taiwans, sondern auf dem riesigen
Die südliche Metropole Kaoshiung ist die größte Hafenstadt Süd-Taiwans. Wer eine Stippvisite dort einlegen möchte, sollte nicht versäumen, entlang des „Love River“ zum „Britischen Konsulat“ zu spazieren oder zu fahren, um von dem Hügel aus, auf dem in dem ehemaligen Konsulat nun ein sehr schönes Café betrieben wird, den Blick über den
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