Bregenz - Wien - Salzburg - Ein musikalischer Österreich-Reisebericht (3)

Dritte Station: Salzburg

von Peter Bilsing

© Reber
Bregenz - Wien - Salzburg
 
Ein musikalischer
Österreich-Reisebericht
von Peter Bilsing


Auch für die Stadt Salzburg hätte ich statt der üblichen Touristeninformationen einen Filmtip: „Silentium“ (mit dem grandiosen Josef Hader). Gerade in der heutigen Zeit ist der Streifen wieder brandaktuell geworden.
 
Obacht: Unterkunft!

Die Chancen, in Salzburg während der Festspielzeit zu akzeptablen Preisen eine Unterkunft zu finden sind, ähnlich wie in Bregenz, gleich null. Aber auch hier bietet das Umfeld preiswerte, gute und sehr erholsame Übernachtungsmöglichkeiten, aus denen ggf. auch gleich ein ganzer Urlaub werden kann.

Bad Reichenhall - Foto © Peter Bilsing
Die Region ist, im Gegensatz zum Bregenzer Wald, im Sommer allerdings ziemlich überlaufen – dies ist auch für die alpinen Wanderwege wörtlich zu nehmen! Stichwort: geführte Rotte statt Murmeltiere.
 
Das von uns ursprünglich ins Auge gefaßte Domizil Berchtesgaden entpuppte sich als ein Ort des Dauerstaus und gnadenlosen Durchgangsverkehrs, also weiter nach Bad Reichenhall, in die Rand-Gemeinde Bayerisch Gmain. Über die Landstraße sind es dann nur noch knappe 11 Kilometer bis zum Zentrum von Salzburg (23 Fahrminuten in ruhigen Zeiten). Sie können aber auch durchaus 2-3 Stunden im Auto auf dem Weg nach oder innert Salzburg verbringen, dann nämlich wenn es nach mehreren sonnigen Tagen plötzlich regnet, und alle Wanderurlauber, Bergsteiger und Alm-Öhis sich zum kulturellen Shoppen ein Stelldichein in Salzburg liefern – dann geht nämlich nichts mehr. Keiner kommt aus dem Stau mehr raus, keiner kommt rein in die Mozartkugelstadt, da helfen weder TCM-Stau-Umfahrung, noch die vorhandenen umweltfreundlichen O-Busse, auch nicht das leider überhaupt nicht durchdachte Park and Ride System.
 
Droschken zu Bordell-Preisen

Ich hab es am eigenen Leib erfahren: denn nach 23.00 h (Lulu-Vorstellungsende: 23 15 h) fährt praktisch nichts mehr; es gibt nur noch ein paar Notlinien, die aber genau da, wo sie hinfahren müßten, nun spätabends eben genau nicht mehr fahren. Erkundigen Sie sich bitte ganz genau, bevor Sie ihr Resturlaubsgeld für ein Taxi sinnlos verbrennen; für das Geld können Sie leicht einen Hubschrauberrundflug machen. Nächstes Stichwort: Pferdekutschenfahrten. Hier gilt dasselbe, wie in Wien: saublöde, arrogante nervende Kutscher, die jeden zweiten Autofahrer oder im Weg stehende Fußgänger ununterbrochen und

Nepper, Schlepper, Bauernfänger - Die Droschken von Wien und Salzburg
Foto © Peter Bilsing
lauthals anpöbeln, statt sinnvoll ihre Fahrgäste zu unterhalten - und Ihnen am Ende dafür auch noch die Luxusübernachtungs-Kosten eines Edelbordells abnehmen. Teurer und langweiliger sind europaweit nur noch die Gondeln in Venedig! Unverschämter sind nur noch die Düsseldorfer Taxifahrer.

Bierzelt-Akustik
 
Zur Felsenreitschule zitiere ich den Salzburg City-Com: „Der einstige Steinbruch, entstanden für die Errichtung des Salzburger Doms, brachte Barockbaumeister Fischer von Erlach auf eine geniale Idee. Er begann, die Galerien der Felsenreitschule in die Wände des Mönchsberges einzugraben. Es entstanden 96 Arkaden, wo die begeisterten Zuschauer des 17. Jahrhunderts Reitvorführungen und Tierwettkämpfe erleben konnten. Seit 1926 fungiert die Felsenreitschule als Freilichtbühne des Salzburger Festspiels“, heuer mit ausfahrbarem Regendach versehen, sitzen allerdings die Besucher dort, wo früher die Pferde galoppierten. So klingt es denn auch. Im Vergleich zu Edeltempeln wie Bayreuth, das Essener Aalto oder genauso brillant, das Bregenzer Festspielhaus hat diese Felsenreitschule für meine Ohren (mit Verlaub) die Akustik eines Bierzeltes.
 
Die Folter der Felsenreitschule

Es ist schon recht angenehm, wenn man zu klassischer Musik nicht naßgeregnet wird. Allerdings sollte der Besucher nicht größer als 165 cm sein, um die Oper auf den Holzklappsitzen bequem genießen zu können. Allen Menschen ab 170cm  aufwärts möchte ich dringend raten, unbedingt auf fußfreie Plätze zu achten – es ist nämlich erheblich enger als in Bayreuth; wer jemals dort war, weiß, was ich meine. Ein Zwei-Meter-Mann stirbt zwischen den Bänken und Holzlehnen eingeklemmt erbarmungslos durch Folter der hinterhältigsten Art; besonders in der dreiaktigen Lulu-Fassung die insgesamt fast 4½ Stunden dauert. Wer diese Sitz gebaut hat, gehört nach mittelalterlicher Art in heißem Öl gesotten!
 
Cerha ist zwar ein netter Kerl und toller Komponist, was seine Opern „Baal“ oder „Der Rattenfänger“ beweisen (natürlich nicht diese Riesen-von-Kleinfeld-Schmarrn), hier zeigt er wahres Genie und großes kompositorisches Können. Aber diesen verdammten dritten Akt hätte er sich (und uns) ersparen sollen. Die grandiose Oper „Lulu“ ist nur in der fragmentarischen 2-Akt-Fassung ein großes Werk. Siehe meine Besprechung der aktuellen Produktion „Zwischen Kugeldildos und Monumentalvorhängen ermordet.“ →→→ www.deropernfreund.de
In diesem Riesenkomplex von Felsenlabyrinth nebst Anbauten sind nicht nur drei Opernhäuser, sondern auch Geschäfte und mehrer Parkhäuser untergebracht. Notieren Sie sich genau den Parkplatz, sie finden Ihr Fahrzeug sonst nie mehr wieder. Und parkieren Sie nicht außerhalb – das sind alles nur Plätze für Kurzparker oder Einheimische und es kostet mindestens 21 Euro Strafe, immerhin sechs Euro mehr als die allabendliche Parkpauschale. Da ist die Salzburger Polizei sehr zuverlässig.
 
Mozart-Torte - Mmmmmh!

Die zweitbeste Konditoren-Schmankerl dieser Erde ist die Mozart-Torte, die man in Salzburg fast überall in Top-Qualität bekommt. Wenn Sie sich eine auf Tortenformat aufgeblasene original Mozartkugel vorstellen + Sahne, dann wissen Sie, wie es schmeckt: elendig süß aber extrem köstlich und lecker. Nicht verpassen! Apropos „Mozartkugeln“ – wie jeder weiß gibt es nur eine Original-Mozart-Kugel und die ist von Fürst (Cafe-Konditorei in Salzburg), aber die Reber-Mozartkugeln schmecken eigentlich besser, und wenn Sie schon in der Nähe sind, nun mein Geheimtip: Reber-Lagerverkauf zu sensationellen Preisen! Kurz hinter Bad Gastein (Fahrtrichtung Salzburg) links abbiegen zum Reber-Werk. Kühltasche im Sommer und viel Bares nicht vergessen – keine Kreditkartenannahme! Na dann gute Heimfahrt.


Zum Abschied von Österreich winkt
Ihr
Peter Bilsing
 
P.S.: Als Beitrag einer Leserin erreichte uns in letzter Minute dieser Tip: "Übrigens habe ich heuer im März (touristenfrei!) in Salzburg einfach, aber ruhig im Zentrum unter dem Kapuzinerberg im Kloster St. Sebastian gewohnt. Dort sind fast nur Musikstudenten untergebracht - also man ist dort dem Geldbeutel sehr freundlich gestimmt. Daneben liegt der berühmte Friedhof St. Sebastian, wo Leopold Mozart begraben liegt und das liebe Nannerl."
 
© Peter Bilsing – (Dr. Peter Bilsing ist der Herausgeber von Deutschlands ältester
Privater Opernzeitschrift „Der Opernfreund“ www.deropernfreund.de )
Erstveröffentlichung in dieser  Form in den Musenblättern 2010
Redaktion: Frank Becker