Wenn Blicke trinken könnten

Ein Lobgesang auf Früh Kölsch, den Champagner unter den Bieren

von Frank Becker
15 Jahre Früh Kölsch-Kampagne
Wenn Blicke trinken könnten

Da ist Musik drin!
Der Weißbiertrinker, ja der Bajuware schlechthin steht ratlos vor den schlanken, für seine Trinkgewohnheiten winzigen Kölsch-Stangen oder besser: Stängelchen. Der Düsseldorfer hat zwar in seinem Lokal gleiche Füllmengen im Glas, doch er spreizt verachtungsvoll den kleinen Finger beim Anheben und Schlürfen seines Alt(!)-Bieres. Was weiß der schon! Der Kölner aber weiß, was er hat – und wer vom Biertrinken etwas versteht, wird ihm beipflichten: nichts schmeckt, nichts zischt besser wenn man Durst hat, als ein Kölsch.

Der Kölner Emons Verlag (wer sonst?) hat sich des Themas angenommen und zwei Publikationen auf den Weg gebracht, die auch beim hartnäckigsten Pils-Trinker die Lust auf ein Kölsch wecken, wenn ihn die witzige Plakatwerbung für Früh Kölsch nicht schon längst dazu verführt hat. Denn das Früh Kölsch (ich gebe zu, mein liebstes) steht bei beiden Bänden durch das charakteristische Rot der Umschläge schon rein optisch im Mittelpunkt. So rot wie die Werbeplakate, die oft genug Grund zum anerkennenden Schmunzeln veranlassen, ist auch der Einband der historisch-kritischen Kölsch-Betrachtung von Detlef Rick und Janus Fröhlich, die nicht nur sämtliche Kölner Sorten (Kölsch darf nur innerhalb bestimmter Stadtgrenzen gebraut werden, sonst ist es keins) durchprobiert haben, sondern reich bebildert von der Geschichte des Getränks und seiner Brauereien erzählen. Ein Anhang veröffentlicht gnadenlos Kneipentests – mit Humor.    
Wenn einer wie Konrad Beikircher ein Vorwort - in diesem Falle gar eine Laudatio - zu einem Buch über Bier beisteuert, muß schon was dran sein an dem Produkt. Und in der Tat: nicht nur ist das Früh Kölsch der Champagner unter den Bieren, die Werbung dafür und das Buch dazu sind (s.o.) ebenso himmlisch, da bin ich mir mit dem kabarettistischen Archetyp des Rheinländers einig. Michael Fröhling und Andreas Beckmann ist die Kampagne für das „Cölner Hofbräu P. Josef Früh“ zu verdanken, die von Plakatwänden, Zeitschriftenseiten und im Kino mit der heiteren Seite der Werbung Erfolg hat.

Ein frisch gezapftes Kölsch mit dem Slogan „Der Kölner an sich verreist ungern“ zu zeigen, ein anderes mit Glühbirnengewinde und dem Kommentar „Ich glaub, ich schraub mir noch eins rein“ oder ein Stück Flöns + Früh mit der Erläuterung „Das nennt der Kölner Vollpension“ zeugt von gesundem Humor. Dann gibt es da noch den berühmten Flaschenöffner mit Holzgriff (ja, Früh schmeckt auch aus der Flasche) und der Feststellung „Zwischen Kuchengabeln und Eierlöffeln gibt´s noch echte Kerle“ und den Seitenhieb gegen die piekfeinen nördlichen Nachbarn: „Für Düsseldorf jetzt mit extra-schickem Flaschenöffner“ – der ist nämlich mit Brillanten besetzt. Fast 100 Plakatmotive von 1992-2006 zeigt der großformatige Band.   

Und wo ist die Musik? Nun ja, in so einem Stängelchen Früh steckt schon allein Musik drin, doch in dem üppig bebilderten Band "Wenn Blicke trinken könnten" steckt auch eine CD - und die bietet neben den schönsten Plakatmotiven einige ausgesuchte Werbefilme an, die im Kino mitunter besser ankommen als der Hauptfilm. Und hier kommt auch die Musik ins Spiel. Da bläst zum Beispiel der Goldfisch im Kugelglas zur Attacke auf das lockend neben seinem Behälter aufgestellte Kölsch (wir kennen das Signal aus ungezählten Western, in denen die Kavallerie im letzten Moment hinter dem Tafelberg hervorprescht), hat der Hahn den Blues mit moll-gestimmter Mundharmonika, und auch die Hummel summt bei der Begegnung mit dem Lieblingsgetränk des Kölners ein fröhliches Liedchen. Musik als Übermittler der Botschaft - geschickt gemacht und auch bei weniger spektakulären Clips als Hintergrund gut eingesetzt. So macht Reklame Spaß.

Was noch? Ach so: Prost Konrad!

Beispielbild


Wenn Blicke trinken könnten.
15 Jahre Früh Kölsch-Kampagne

 
Emons Verlag, 2005


86 Seiten, Großformat
mit farbigen Illustrationen und einer Laudatio von Konrad Beikircher
sowie einer CD mit Illustrationen der Plakatwerbung und ausgewählten Werbefilmen

14,80  €


Beispielbild


Detlef Rick und Janus Fröhlich

Kölsch Kultur


Emons Verlag, 2005


192 Seiten, schlankes Hochformat

mit zahllosen farbigen Abbildungen, Literaturverzeichnis und Ergebnissen

von 56 Kölsch-Tests

12,- €