Was man schon immer über den Kommunismus wissen wollte (und sollte)

Stéphane Courtois (Hrsg.) - "Das Handbuch des Kommunismus"

von Frank Becker
Was man schon immer über den Kommunismus wissen wollte (und sollte)
 
Da es immer noch eine gewisse Anzahl Menschen gibt – wenn auch statistisch betrachtet eine vergleichsweise verschwindend kleine Minderheit – die im Kommunismus den politischen Idealzustand sehen, ist ein längst überfälliges Buch wie „Das Handbuch des Kommunismus“ herausgegeben von Stéphane Courtois, eine unbedingte Notwendigkeit zum Verständnis einer Lehre, welche die Welt verändert, jedoch keinesfalls verbessert hat. Das bereits 2007 in Frankreich erstmals erschienene Nachschlagewerk zeichnet in griffigen Artikeln sachlich die historischen Abläufe auf, nennt Namen und Ereignisse und erläutert Begrifflichkeiten des bürokratischen kommunistischen Wortschatzes.
 
Daß es dabei weder die kommunistische Lehre polemisch verdammt noch sie glorifiziert kommt dem Buch, das dadurch seine Seriosität belegt, unbedingt zugute. Den Anfang macht auf 120 Seiten die Erläuterung der Entwicklung des „historischen Phänomens“ der kommunistischen Idee von 1914-1991 (mit Rückblick auf historische Strömungen von Platon über Thomas Morus bis Karl Marx und Friedrich Engels) unter Berücksichtigung der Französischen Revolution, der UdSSR und ihrer Satelliten. Hier konnten die deutschen Historiker Klaus Schroeder und Jochen Staadt ein wichtiges Kapitel über den Kommunismus in Deutschland seit 1918 in den Kontext einflechten, mit dem sie die Geschichte der KPD, der DDR und der SED/PDS in zwar knapper Form, dennoch deutlich konturieren.
 
Das anschließende von A wie Afghanistan bis Z wie Zivilgesellschaft alphabetisch angelegte Glossar ist mit seinen 661 Seiten eine aufschlußreiche Fundgrube zu allen nur denkbaren Fragen und Aspekten, den Kommunismus betreffend. Entscheidende Begriffe wie u.a. „Langer Marsch“, „Fünfjahresplan“, „Komintern“, „Staatspartei“, „Prager Frühling“, „Rote Khmer“ oder „Großer Terror“ werden erläutert und Persönlichkeiten wie u.a. Ho Chi Minh, Lenin, Mao Zedong, Gorbatschow, Dimitrow, Marx, Engels und Stalin biographisch vorgestellt. Exemplarisches Bildmaterial und drei Karten im Mittelteil des Buches illustrieren (einziger Kritikpunkt: ein wenig zu marginal) einige wichtige Aspekte der Geschichte des Kommunismus.
 
Ein ebenso detailliertes wie übersichtliches Inhaltsverzeichnis zu Beginn und 27 Seiten ausführliches Personen- und Sachregister nebst Autorenverzeichnis am Schluß runden dieses grundlegende Werk, das für Historiker eine brillante kompakte Informationsquelle und für Geschichtsinteressierte spannende Lektüre mit erstaunlichen Erkenntnissen und Einblicken ist. 
Mit Recht kann man das 845 Seiten umfassende Buch schon jetzt als künftiges Standardwerk zum Kommunismus betrachten. Sehr zu empfehlen.

Beispielbild


Stéphane Courtois (Hrsg.)
Das Handbuch des Kommunismus
Geschichte – Ideen – Köpfe

Aus dem Französischen von Enrico Heinemann , Ulla Held , Stephanie Singh

Mit dem Kapitel »Kommunismus in Deutschland« von Klaus Schroeder und Jochen Staadt

© 2010 Piper Verlag (Originaltitel: Dictionnaire du communisme)
848 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 23 Abbildungen und drei Karten auf 16 farbigen Seiten, Personen- und Sachregister
€ 49,95 [D], € 51,40 [A], sFr 77,90
ISBN: 9783492052603
 
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