Charlie Brown und seine Freunde

Die Peanuts von Charles M. Schulz erscheinen seit 60 Jahren

von Frank Becker

© Carlsen Verlag
Peanuts

Die "Li´l Folks" aus den ersten Comic-Strips, die Charles M(onroe) Schulz in den späten 40er Jahren, damals noch unter dem Namen "Sparky" als Spiegel der Erwachsenenwelt gezeichnet hat, zogen ab 1950 als die "Peanuts" in die amerikanischen Tageszeitungen und Sonntagseiten ein. Kultur- und comic-geschichtlich schon bald majorenn, gehören sie spätestens seit den 60er Jahren nicht nur zum amerikanischen Selbstbekenntnis, sondern sind
weltweit eine der berühmtesten Comic-Serien überhaupt geworden. Wenn man heuer auf den Kalender der großen Jahrestage schaut, sieht man die Zahl:
60

Das feiern der Carlsen Verlag und die Comic-Welt mit einem prächtigen Jubiläumsband, den Andreas C. Knigge kundig und mit viel augenscheinlicher Liebe und Sorgfalt herausgegeben hat: "Das große Peanuts Buch". Auf 368 Seiten läßt Knigge die Geschichte und Geschichten der Kinder Revue passieren, mit deren Hilfe Charles M. Schulz (1922-2000) seinen Lesern beigebracht hat, wie Kinder denken. Die Parallelwelt, die er erschuf, zeigt die Sicht der Kinder auf Augenhöhe - was wörtlich zu nehmen ist. Erwachsene kommen im Bild nicht vor und wenn, wie in den ersten Strips gelegentlich geschehen, dann nur mit Kinderaugen bis in Höhe der Knie. Ansonsten agieren die "Großen" aus dem "Off". Wenn wir in die Peanuts-Geschichten eintauchen, befinden wir uns in einem Universum der Kinder und in einer namenlosen Kleinstadt, die stellvertretend für jeden Ort in den USA und der Welt steht.

Charlie Brown und seine Freunde

Charles M. Schulz, der seine Geschichten vom ersten bis zum letzten seiner fast 18.000 Comic-Strips selbst gezeichnet hat, ist es gelungen, mit den vielschichtig erdachten Charakteren seiner Kinderwelt einen Spiegel des Lebens zu erschaffen. Auch die Vermenschlichung des philosophischen Beagles Snoopy, Alter ego des Protagonisten Charlie Brown, ist ein brillanter Kunstgriff. Sicher nicht zuletzt auch das hat seine Figuren weltweit zum Bestandteil der Alltagskultur gemacht. Charlie Brown, der liebenswerte Schwärmer und ewige Pechvogel im Pullover mit Zick-Zack-Muster, ist Sympathieträger Nr. 1 geworden, dicht gefolgt von seinem weltklugen, sich in alle Facetten des Hunde- und Menschenlebens träumenden Beagle. Durch ihn transportiert Schulz den Aspekt des für die Kinder Unerreichbaren.

Lucy, Linus, Schroeder & Co.

Charlie Browns durchaus ambivalente Haßliebe Lucy van Pelt, die ihm stets den Football wegzieht,
wenn er glaubt, ihr beim Kick zum Saisonstart vertrauen zu können, kommt auch als kompromißlose psychiatrische Beraterin eine große Rolle zu. Ihr ganz anderes Gesicht zeigt sie in ihrer hingebungsvollen Verehrung des durchgeistigten klavierspielenden Schroeder. Ihr ganzes Gegenteil ist ihr kleiner Bruder Linus, der seine Sicherheit aus seiner Schmusedecke bezieht und unsterblich in die Lehrerin Frl. Othmar verliebt ist. Und jedes Mal, wenn Lucy dem zögernden Linus eine Pralinenschachtel reicht "Nimm eine!" (er mag kein Kokos), wird er eine mit Kokos finden. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Kluge Fragen stellt Charlies kleine Schwester Sally, die Schulz etwas später als Teil des "Stammpersonals" eingeführt hat. Begleitende Nebenfiguren, die regelmäßig ihre Auftritte haben sind u.a. der freundliche kleine Schmutzfink "Pig Pen", Peppermint Patty, die Charlie liebt und nicht davon
ablassen kann, ihn "Chuck" zu nennen, ihre ausgleichende kluge Freundin Marcie, Franklin, Frieda und das kleine rothaarige Mädchen, dem Charlie Browns ganze Liebe gehört.

Woodstock & Snoopy

Als Mitte der 60er Jahre mit dem kleinen gelben Vogel Woodstock im Kielwasser Snoopys - der übrigens zu Beginn seiner Existenz noch Spike hieß - eine weitere tierische Figur hinzukam, begann eine Ära unerschöpflicher existenzieller Dialoge und Pfadfinderabenteuer, in denen Snoopy, der als legendärer Roter Baron, Raumpilot oder Schriftsteller eher eine introvertierte Rolle spielte, nun echte Führungsqualitäten zeigen konnte. Auch hier, wie bei den Alltagsgeschichten der "Peanuts-Bande" zeichnete Charles N. Schulz humorvolle Parabeln zur Realität. Zu einer stark religiös gefärbten Variante seiner Strips für die "Church of God", die in den 60ern per Post auch in deutsche Haushalte verschickt wurde, ging Schulz später auf Distanz. Eine Vielzahl von zum Teil abendfüllenden Zeichentrickfilmen entstand, zu denen Vince Gueraldi die kongeniale Musik schrieb, ohne die bewegte Peanuts-Bilder nicht mehr zu denken sind.

Europa und Deutschland

In den 70er Jahren eroberten die Peanuts nach den amerikanischen Tages- und Sonntagszeitungen ("Peanuts every Sunday") über England und Skandinavien kommend endgültig auch Europa. Die Peanuts-Strips hielten Einzug in Tageszeitungen, und in Deutschland stellten im Lauf der Jahrzehnte diverse Verlage dem Publikum die Peanuts in zahllosen Buchausgaben, Kalendern und in einer eigenen Zeitschrift vor. Der Carlsen Verlag, der zusätzlich zu verschiedenen Einzelbänden und einer auf 25 Bände angelegten Werkausgabe (Bd. 7 ist bereits erschienen) nun mit einem Prachtband die 60 Jahre Peanuts feiert, nimmt dabei eine maßgebliche Position ein.



Das große Peanuts-Buch
Herausgegeben und mit Texten von Andreas C. Knigge
© 2010 Carlsen Verlag
366 Seiten, gebunden, 22,5 x 25,0 cm durchgehend illustriert
ISBN 978-3-551-78656-2
€ (D) 29,90
€ (A) 30,80 / sFr 44,90







 
Weitere Informationen unter: www.carlsencomics.de  -  www.carlsen.de 
und  www.carlsen.de/web/comic/peanuts