Spielwiese mit begrenztem Lokalbezug

In Dortmunder Parks - Fotografien und Texte

von Stefan Schmöe

Bildunterschrift
Spielwiese mit
begrenztem Lokalbezug


Zwei Buchstaben machen den programmatischen Unterschied aus: Das vorliegende Buch kokettiert geradezu damit, daß der Titel sowohl als „Dortmunder Parks“ als auch „In Dortmunder Parks“ gelesen werden kann. Ursprünglich hatte die Stadt Dortmund beim Fachbereich Design der örtlichen Fachhochschule in Auftrag gegeben, Dortmunder Parkanlagen ins Bild zu setzen, um, so ist im Vorwort nachzulesen, „ein öffentliches Bewußtsein für die sehr weiträumigen Grünanlagen und Parks dieser Stadt zu schaffen“, zunächst ein Fotokalender. Die Verantwortlichen Künstler erbaten sich den Zusatz „In“ - und der ist wesentlich: Denn plötzlich stehen nicht mehr die Parkanlagen im Mittelpunkt, sondern jegliche Form von Inszenierung. Hauptsache, sie hat im Park stattgefunden und ist dort fotografiert worden (oder sieht zumindest so aus).
 
Aus dem Kalenderprojekt erwuchs eine Ausstellung und nun der vorliegende, leider arg klein und dünn geratene Bildband, dem man zudem einen festen Einband wünschte. Herausgeberin ist die Fotokünstlerin und Professorin Caroline Dlugos, abgebildet sind 73 Aufnahmen, ergänzt um ein paar hübsch atmosphärische, wenn auch letztendlich verzichtbare Texte junger Autoren. Wer nun einen Bezug zur Stadt Dortmund erwartet, wird weitgehend enttäuscht: Bei den allermeisten Bildern ist die Parklandschaft eine austauschbare Schablone für die Inszenierung, entweder als lokal nicht verankerbares Naturstück oder mit pauschal klischeebeladenem Bezug zur Ruhrgebiets-Schwerindustrie. Nur die allerwenigsten Beiträge setzen sich mit dem ursprünglichen Thema auseinander. So hat Thaisen Stärke im Hoesch-Park scheinbare Momentaufnahmen zu einer Mini-Serie zusammengefügt, Philip Haas entdeckt die geometrische Schönheit einer Kleingartenanlage von oben, und Henning Roß hat ebenfalls von oben einen Spielplatz aufgenommen, der nun selbst wie eine Uferlandschaft zur stilisierten Natur wird. Natalie Plaskura dagegen plaziert den Dortmunder Fernsehturm so bewußt plakativ in ihr ironisch-puppenhaftes Arrangement einer jungen Frau beim Picknick, daß die Austauschbarkeit geradezu zum Thema wird – auch so kann man dem Thema begegnen.
 
Die meisten Künstler aber suchen allein die Inszenierung in und mit der Natur, was oft verspielt, manchmal auch hart am (oder mitten im) Kitsch landet, wenn Personen kunstvoll in der Landschaft drapiert werden. Auch wenn insgesamt eine strengere Behandlung des Themas und ein stärkerer Lokalbezug wünschenswert gewesen wäre, so ist hier doch ein interessanter Ausschnitt aus der inszenierten Fotografie entstanden – in der Verlagsmitteilung wird treffend das Wortspiel von der „Spielwiese“ für inszenierte Fotografie verwendet. Man muß nicht alles davon mögen, aber ein paar wirklich eindrucksvolle Bilder dürften bei der hier gezeigten Bandbreite für jeden darunter zu finden sein.
 
In Dortmunder Parks - Fotografien und Texte
mit einem Vorwort von Pamela C. Scorzin und Textbeiträgen von Katharina Bauer, Ivette Vivien Kunkel und Mirko Kussin
 
Fotografien von Ida Andrae/Sarah Heuser, Christine Bartsch, Jennifer Braun, Katrin Brüggemann, Caroline Dlugos, Vera Drebusch, Anneke Dunkhase/Tabea Hahn, Nina Ebbinghaus, Dorit Eichmann, Martin Gensheimer, Jana Gerberding, Philipp Haas, Larissa Herrmann/Irina Petrusch, Maurice Kohl, Christian Kuhn, Vanessa Leißring, Martin Mascheski, Markus Mielek, Kerstin Müller, Stefanie Müller, Christoph Neumann, Albert Palowski, Natalie Plaskura, Anja Plonka, Lisa Ridder, Henning Ross, Katharzyna Salamon, Marko Seifert, Helen Sobiralski, Thaisen Stärke, Miriam Strumberg, Julia von der Heide, Nan Wang, Rebecca Werner und Marcel Wurm
 
© 2010 Kerber Verlag Bielefeld, 2010 Format 19,5 × 27 cm, 96 Seiten mit 1 s/w- und 72 farbigen Abbildungen, Klappenbroschur, gebunden - ISBN 978-3-86678-399-7
€ 19,95  (SFR 31,–)
Weitere Informationen:  www.kerberverlag.com