Wanderlust im Südtiroler „Rosengarten“

Das Tierser Tal und einige seiner Attraktionen

von Frank Becker

Foto © Hans-Christian Hein / Pixelio
Im Südtiroler
„Rosengarten“


Das Tierser Tal und
einige seiner Attraktionen


 
Die poetische Bezeichnung „Rosengarten“ für ein Gebirgsmassiv spricht an sich schon Bände oder besser - wirft Fragen auf: wo vom Reisenden nach der Überquerung der Hochalpen von Nord nach Süd aufgrund der topographischen Lage felsige Wucht erwartet wird, sollten sich dort überraschend liebliche Landschaften  auftun? Das besonders von deutschen Wanderfreunden geschätzte Südtiroler Gebiet Rosengarten zwischen dem Schlern im Norden und den Latemar-Türmen im Süden bietet beides: schroffes Gebirge und liebliche Landschaft - eine der schönsten und erhabendsten Gebirgslandschaften der Alpen. Das Gebiet Rosengarten Latemar, um genau zu sein, umfaßt die wohl prächtigste Südtiroler Region, deren westwärts gewandte Steilwände besonders im Schein der untergehenden Sonne schon für so manchen Seufzer der Begeisterung gesorgt haben. Das Abendglühen des Rosengartens – manche nennen ihn den Ayers Rock Südtirols - gehört wirklich zum Schönsten, was Berge zu bieten haben.
 
Eine Wanderwelt für alle

Foto © Frank Becker

Die Orte Tiers, St. Zyprian, Deutschnofen und Welschnofen sind als Ausgangspunkt für Bergwanderungen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade am Tor zu den Dolomiten so zentral gelegen, daß sie sich besonderer Beliebtheit erfreuen. Die Region hat sich samt Eggental und Völs touristisch neu „sortiert“, um möglichst viele Attraktionen bieten zu können. Touren auf eigene Faust auf gut markierten Wegen und Steigen sind auch ungeübten Wanderern möglich, empfehlenswerte geführte Wanderungen und Klettertouren für erfahrene Bergfreunde bietet der Rosengarten in großer Zahl. Mit ein paar von Tiers aus zu begehenden Touren-Vorschlägen möchte ich Ihnen Appetit – das bitte sogar wörtlich nehmen! - auf die Begegnung mit den Bergen machen. Auf jeden Fall warmen Pullover, Mütze, sehr gutes Schuhwerk, Sonnenschutzcreme und eine Trinkflasche im Rucksack nicht vergessen! Aber das alles hält jedes gute Hotel der Region für seine vergeßlichen Gäste ohnehin bereit. Für gediegene Brotzeiten unterwegs sorgen Jausenstationen und Hütten mit deftiger Südtiroler Kost.
 
Tschafon und Völsegg-Spitze

Ein bestens ausgeschilderter und gespurter Weg führt von St. Zyprian über den Wuhnleger steil

Vösegg-Spitze - Foto © Frank Becker
bergan zur Tschafon-Hütte, eine gut 2½-stündige Wanderung an der St.- Sebastian-Kapelle vorbei, durch Lärchenwälder, vorbei an schroffen Abrissen bis zur Tschafon-Hochalm auf 1.737 m Seehöhe. Wer einen guten Wanderführer wie Martin Damian, den Wirt des Tierser Viersterne-Wanderhotels „Cyprianerhof“ hat, wird sicher ans Ziel kommen und unterwegs viel über die Berge und ihre Natur lernen. Ein Tip: nehmen Sie nicht die Fahrstraße, sondern den mit der Nr. 4 ausgeschilderten, etwas schwierigeren Weg. Es lohnt. Die Tschafon-Hütte ist durch ihre ganz besonders gute Küche einer der Glücksfälle der Region. Die Familie Lunger
sieht sich in dem Familienbetrieb der Tradition verpflichtet und kocht  noch ganz frisch „von Hand“ (die Großmutter führt in der Küche und an den schweren Gußeisenpfannen das  Regiment) auf dem bewährten Kohleherd und nutzt die Erträge des eigenen Kräuter- und Gemüsegartens sowie eigene Milchprodukte für die deftig-delikate Hausmannskost. Wer sich die wahrhaft göttliche Jause wirklich verdienen will, legt noch kleine 20 Minuten zu und ersteigt die Völsegg-Spitze (1834 m), von deren Gipfelkreuz aus man einen berauschenden Blick auf die Sarntaler Alpen, den Ritten, das Eisacktal und Bozen hat. Danach schmecken Knödel, Omelette, Gselchtes und Kaiserschmarrn noch besser. Die Tschafon-Hütte ist vom 1. Mai bis 1. November geöffnet.


In der Küche der Tschafon-Hütte - Foto © Frank Becker

Ansitz Velseck - ein Tip


Eine andere Attraktion ist, nicht zuletzt aufgrund ihrer grandiosen Lage oberhalb Tiers, die auf historischem Boden und auf historischen Fundamenten des ehemaligen Schlosses Velseck völlig neu eingerichtete Ferienwohnungsanlage „Ansitz Velseck“. Katharina Pircher, Sproß eines Tierser Hotelbetriebs, hatte die Idee, dort im modernsten Ambiente Gäste zu beherbergen, wo schon Jahrhunderte zuvor Wanderer Rast, Nachtlager und Beköstigung fanden – auf der Anhöhe des Velseck/Völsegg, wo erst ein Schloß, dann ein befestigter Bergbauernhof mit einer Jausenstation und einer Kapelle Schutz und Zuflucht boten. Die Südtiroler Gesetze verbieten eine Umwidmung alten

Clematis alpina- Foto © Becker
Bestandes, was derzeit noch verhindert, dort ein Hotel zu eröffnen. Katharina Pircher machte aus der Not eine Tugend und richtete in dem großzügigen, wieder aufgebauten alten Gemäuer, das auf das 17. Jahrhundert zurückgeht, eine bezaubernde Ferienwohnungs-Anlage ein, in der die Sommergäste alles finden, was an Komfort geboten werden kann: Zimmerfluchten und komfortable Bäder nach neuestem Standard, hervorragend ausgestattete Küchen zur Selbstversorgung, eine großzügige Terrasse mit überwältigendem Gebirgsblick – und, falls Sie grad mal den Wunsch haben zu heiraten, eine dem Verfall entrissene historische Kapelle. Es ist wirklich (Luxus-)Urlaub auf dem Bauernhof mit traditionellem Buschenschank, der ab Frühjahr 2011 eröffnet werden soll, sodaß auch Wanderer einkehren können. Die Gäste vom Ansitz Velseck können dann dort natürlich ebenfalls frühstücken, selbstverständlich auch zu Abend essen. Bis jetzt speisen die Gäste von Velseck noch im Hotel Paradies (Tiers), was ganz gut ankommt. Der Weg ist nicht weit, und da man ja eh ins Dorf geht, um seine Wanderung zum Rosengarten zu starten oder ein paar Besorgungen zu machen, verbindet sich das gut.

 
Erdbeerknödel - Foto © Frank Becker
Was der Ansitz Velseck noch zu bieten hat, muß ich Ihnen hinter vorgehaltener Hand erzählen - es ist nämlich, dem harten Leben der Tiroler Bergbauern angepaßt, arg kalorienhaltig. Man pflegt dort, aus der Tradition des Hotels Paradies kommend, die hohe Kunst der Knödel-, Nocken-, Nudel- und Plenten-Zubereitung. Wie köstlich Knödel - nicht nur als deftige Hauptmahlzeit - sein können, lernt der Gast bei einem Knödel-Kochkurs, der ihm Speckknödel, Kasnocken, Schwarplentene-Preßknödel u.a.m. näher bringt. Köstlichkeiten, die mit einem passenden trockenen Südtiroler Wein eine unerhörte Harmonie eingehen. Sie möchten Rezepte? Gut, aber ein wenig Geduld bitte, die kommen demnächst hier in einem besonderen Artikel. Also: Kalorie oder nicht - Velseck merken!
 
Die Freiheit der Berge

Ich wollte Ihnen hier eigentlich noch etwas über eine wirklich originelle Tour mit dem elektrisch betriebenen Offroad-Roller "Segway" erzählen, an dem ich viel Freude hatte, aber nachdem mein Reiseleiter mit diesem computergesteuerten "Wunderding" schwer gestürzt und der Segway-Chef Jimi Heselden jüngst sogar tödlich damit verunglückt ist, möchte ich das zurückstellen.
Was aber allen geschenkt wird, die sich auf den Weg gemacht haben, gleich, ob sie von der absoluten Ruhe des Ansitz Velseck, auf der idyllischen Alm des Schillerhofs, nach dem Aufstieg zur Tschafon-Hütte oder vom Außenbereich des luxuriösen Spa des Cyprianerhof aus die Natur erleben und atmen ist das herrliche Gefühl, dort in der Freiheit der Berge zu sein, den Wind zu spüren, die Stille und die Luft zu genießen, der Welt weit entrückt. Der Blick auf die Berge und Zinnen der Dolomiten ist im Grunde mit Geld gar nicht zu bezahlen – und die innere Ruhe, zu der man in den Bergen beinahe augenblicklich kommt, schon gar nicht.


Ansitz Velseck - Mit allen Sinnen genießen - Foto © Frank Becker