„Ich war immer ein unruhiger Geist!“
Der Verleger, Galerist und Kunsthändler Hans Putty
wäre heute 100 Jahre alt geworden. Als 1945 der Wahn vom „Großdeutschen Reich“ in den Trümmern deutscher Städte verrauchte, gab es buchstäblich nichts mehr. Natürlich fehlte es auch an aktuellem und politisch unbelastetem Lesestoff, nachdem die gleichgeschalteten Verlage und Zeitungsredaktionen von den Besatzungsmächten aufgelöst worden waren.
Das erkannte der in Velbert geborene und bei Kriegsende in Wuppertal lebende damals 35 Jahre alte Schriftsetzer Hans Putty, der sich mit den braunen Herren nicht gemein gemacht hatte, auf der Suche nach einer Möglichkeit, seine Familie über die Zeiten der Not zu bringen, und genau in diese Lücke stieß er. Sein tägliches hartnäckiges Vorsprechen bei der britischen Militärregierung, die damals im Polizeipräsidium der zerstörten Stadt saß, führte schließlich dazu, daß man ihm, der politisch und moralisch unbelastet war, die Verlags-Nummer 1 der britischen Zone zuteilte.
Noch 1945 konnte er so die erste in Wuppertal wieder allgemein zugängliche Zeitung herausgeben, die „Mitteilungen der Militärregierung“. Im Straßenverkauf wurde die mit 120.000 Stück erstaunlich hohe Auflage für 15 Pfennige pro Exemplar des vier bis acht Seiten starken Blattes abgesetzt, bis die Verlage der großen Zeitungen wieder ins Tagesgeschäft einstiegen.
Hans Putty widmete sich fortan dem Verlegen von Büchern. Der Wunsch, immer etwas Neues ins Leben zu rufen, gab ihm die Kraft und trieb ihn stets an, wenn Wechsel nötig wurden. Zu den ersten Büchern, die er ab 1946 in seinem "Hans Putty Verlag" herausbrachte, gehörten ein englischer Sprachführer und ein zweisprachiges Bändchen mit Gedichten Paul Verlaines. Es folgten Otto Böttchers „Vom Wesen der deutschen Romantik“ (mit Illustrationen im Kunstdruck!), eine zweibändige Novalis-Ausgabe, Goethes "Reineke Fuchs" und Jugendbücher wie „Vier Schwestern“ von Louisa M. Alcott und Bengt Bergs „Arizona Charley´s Junge“. Das rare damals stark holzhaltige Papier dazu beschaffte er sich in Zusammenarbeit mit einem Vertreter der Fa. Seiler-Papier, mit dem er in einem von der Militärregierung zur Verfügung gestellten Auto die Papierfabriken abklapperte.
Später stieg Putty ins lukrative Schulbuch-Geschäft ein, verlegte einige Wuppertal-Bildbände und Broschüren im Auftrag der Landesregierung - und er entwickelte die Idee einer „Kleinen Reihe“, die
Mit der Veränderung der Verlagslandschaft und dem Nachlassen des Druckerei-Gewerbes wandte sich der Selfmademan und „Alleingänger“ neuen Aufgaben und Geschäften zu: Hans Putty wurde zunächst in der Elberfelder Bergstraße ein erfolgreicher Galerist und Kunsthändler, danach am Turmhof in Elberfeld, danach in der Sophienstraße und erwarb einen bis guten Ruf als Antiquitäten-Experte, Schätzer und Gutachter.
Seine Tochter Dr. Ulrike Steding-Putty erinnert sich: „Er war immer ein großzügiger, aufgeschlossener Mann, der noch als 90-jähriger bei seinen Spaziergängen mit Hund Titus in der Lilienthalstraße den Respekt und die Zuneigung der Kinder aus der Nachbarschaft genoß“.
Auswahlbibliographie:
H. Zörnitz: Trümmer-Gedanken, Garten-Geheimnisse, die zu denken geben (o.J.)
L. Dahlbüdding: Drei Puppen reisen um die Welt, Kinderbuch (o.J.)
Rudi vom Endt: Scurrile Schnörkel, Gedichte (1946)
Rudi vom Endt: Der Dichter Herbert Eulenberg ganz menschlich gesehen (1946)
Bernhard Sieper: Eine kleine Blütenlese der Weltlyrik (1946)
Johann Wolfgang von Goethe: Reineke Fuchs in zwölf Gesängen (1946)
Bernhard Sieper: Der Ruf der Strahlen (Ein biogr. Röntgen-Bildnis) (1946)
J.W. von Goethe: Der ewigen Weberin Meisterstück – Gedanken über Mensch und Natur(1946)
Lothar Przybylski: Besinnung und Erneuerung, Vorträge (1946)
Lieselotte Geissel: Das Märchen vom Zwergen Tippeltapp, dem Raben Huckepack und der Kräutermuhme (1946)
Paul Verlaine: Gedichte, übertragen von Paulheinz Wantzen (1947)
Stephan Schön: Wuppertal im Kampf gegen die Not, Bestandsaufnahme nach dem Krieg (1947)
Edwin Nacken, E. Leonhard: Abenteuer an der Mosel, Ein Roman für die Jugend (1947)
Johannes Kulp: Das Problem Mensch in Goethes „Faust“ (1947)
Otto Böttcher: Vom Wesen der deutschen Romantik, illustriert (1947)
Claus Silvester: Mann ohne Gestern, Roman (1948)
Louisa M. Alcott: Vier Schwestern, Jugendroman (1948)
Adolf Löhr: Drei fröhliche Mädel, Jugendroman (1949)
Bengt Berg: Arizona Charleys Junge. Roman für die Jugend (1950)
H. Zörnitz: Garten - Arbeits - Kalender von unbegrenzter Dauer (1950)
Aus alter und neuer Zeit, Schulbuch Bremen (1952)
Rudolf Picard und Hans Brangs: Bilder Und Gestalten aus der Bergischen Geschichte. Bergische Heimatgeschichten, Band 1 (1952)
Wat Die Wopperwellen Ruuschen. Dichtungen in Bergischer Mundart (1955)
Maria van Horn: Weißt du was Bonn wirklich will? – Die Parteien (1956)
Heinz Kampmann-Hervest: Spuren, 34 Original-Zinkätzungen, 18 Federzeichnungen (1956)
Den Weg entlang, Eine Gedichtsammlung für alle Schulen (1956)
Heinz Wolff, Manfred Jakob und Hans Dost: Wuppertal: eine interessante Stadt. (1960)
Julius Burchardt: Das fröhliche Diktat (1960-1984)
Josef Guggenmoos: Kinderaugen, Kinderherzen (1961)
Konrad Hartstein: Nordrhein-Westfalen, Porträt und Chronik (1964)
Gerhart Werner: Wuppertal im Spiegel der Dichtung - eine Wuppertaler Anthologie (1965)
Gerhard Werner: Wuppertal in Napoleonischer Zeit (1967)
Rainer Putty: Unterwasser-Archäologie (1973)
Literatur im Wuppertal, Geschichte und Dokumente (1981)
Lesen Sie diesen Artikel auch in der nächsten Ausgabe des Magazins "Die beste Zeit" - erscheint Mitte März im Verlag HP Nacke, Wuppertal (www.diebestezeit.net)
|