Theatermacher fordern Überlebenshilfe vom Land

Holk Freytag plädiert für "zivilen Ungehorsam"

von Andreas Rehnolt

Holk Freytag
Theatermacher fordern
Überlebenshilfe vom Land
 
Bei einer Podiumsdiskussion des in seiner Existenz bedrohten Schlosstheaters in Moers plädiert Holk Freytag
für "zivilen Ungehorsam"
 

Moers
- Angesichts der drohenden drastischen Mittelkürzungen für zahlreiche kommunale Bühnen in NRW haben Theatermacher am Sonntag in Moers Überlebenshilfe für ihre Häuser vom Land eingefordert. Aachens Theaterintendant Michael Schmitz-Aufterbeck plädierte für einen "konstruktiven runden Tisch landesweit" unter Beteiligung der schwarz-gelben Landesregierung in Düsseldorf. Bei einer Podiumsdiskussion im in seiner Existenz bedrohten kleinsten Stadttheater Deutschlands, dem Moerser Schlosstheater appellierte der Begründer des Theaters und Vorsitzende der Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein, Holk Freytag, an die Bürger der Stadt, "zivilen Ungehorsam" zu zeigen. "Es gibt Dinge, die man nicht durchgehen lassen darf", betonte Freytag, der lange Jahre Intendant in Moers gewesen war.
 
Am 10. Februar hatte der Kämmerer der 106.000-Einwohner-Stadt am Niederrhein ein Haushaltssicherungskonzept vorgestellt. Das sieht vor, die kommunalen Zuschüsse der verschuldeten Stadt bis zum Jahr 2014 um 25 Prozent oder 954.000 Euro zu kürzen. Für den amtierenden Intendanten Ulrich Greb käme diese Kürzung "einem Kahlschlag" gleich. In der Konsequenz müßte das Theater sein Programm für das laufende Jahr einstellen, in den nächsten Jahren dann mehr und mehr Produktionen fallen lassen und Schauspieler und weitere Mitarbeiter entlassen. "Das wollen wir nicht einfach so hinnehmen", betonte Greb, der die große Besucherzahl bei der Diskussion als "deutliches Zeichen der Solidarität" mit dem Theater wertete.
 
Der Moerser Kulturdezernent Hans-Gerhard Rötters nannte das 1975 gegründete Schlosstheater "einen kulturellen Leuchtturm" in der Kommune. Die Bühne habe sich zu einem gefragten Ort des experimentellen Theaters entwickelt und sei mit großem Erfolg auch Kooperationen mit Schulen eingegangen. Die drohende Kürzung der Haushaltsmittel in der beabsichtigten Höhe sei mit ihm "nicht zu machen", versprach Rötters. Die Referatsleiterin "Theater und Musik" in der NRW-Staatskanzlei, Bettina Milz, lobte das Schlosstheater als "Kleinod" der Stadt Moers. Die Theatermacher mit Ulrich Greb an der Spitze seien in den letzten Jahren "sehr erfinderisch und erfolgreich" in der Entwicklung mit Kooperationen etwa mit den Theatern in Mülheim/Ruhr, Münster und Bochum gewesen.
 
Gleichzeitig warnte Milz davor, Kooperationen von Theatern als Allheilmittel zu sehen. Kooperationen seien nicht unbedingt billiger. Angesichts der klammen Haushaltslage vieler Kommunen müssten Bürger und Politiker sich allerdings "entscheiden, in welcher Welt wir leben und unsere Kinder großwerden lassen wollen." Die Folgekosten für Städte ohne Kultur und ohne Theater wären "so immens, das können wir uns gar nicht vorstellen und die Städte wären zudem völlig verödet", warnte die Kultur-Politikerin. Nach den Worten von Holk Freytag, der auch viele Jahre Theater-Intendant in Wuppertal und Dresden war, sind aktuell an Rhein und Ruhr die Bühnen in Wuppertal, Hagen, Oberhausen, Dortmund, Essen und Moers bedroht. Den vielen Zuhörern der Podiumsdiskussion rief Freytag zu: "Munitionieren Sie den Deutschen Städtetag mit ihren Protesten. Eine außerparlamentarische Opposition in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, das wäre doch was."