Gedicht über den Morgen

von Bettina Rosky

Foto © Frank Becker

Gedicht über den Morgen
 
Habe nun, ach, das Licht und das Grün,
wie der Nebel so steigt
und den Teich langsam zeigt
durchaus studiert mit heißem Bemühn
und hab es doch vergeigt.
 
So lange nach passenden Worten gesucht.
Fand Reime dann, die sich rieben,
Vergleiche, die übertrieben,
und habe die Dichter vor mir verflucht,
die alles viel besser beschrieben.
 
Ich nannte den Nebel wunderbar,
erwähnte die Wiesen, den Weiher, das Licht,
den Mond, der zur Sichel geschliffen war –
Ja, alles drin in meinem Gedicht!
Und alles schon da gewesen.
 
Und das, was ich will, gelingt einfach nicht:
Paar Verse, genau, zart und kühn,
daß jedesmal, wenn wir sie lesen,
die Hirne vom Kreisen genesen
und neue Gedanken erblühn.
 
Ich welke. Ich schreibe nicht mehr. Es hat keinen Sinn
nach Gernhardt und Goethe und Goll.
Ich find sowieso nur dichtende Männer toll
und werde jetzt, glaube ich, Schreinerin.
 
 
Bettina Rosky
 

© Bettina Rosky - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2010