Was für ein Cantore!

Pippo Pollina - "Fra due isole" und "Caffé Caflisch"

von Sabine Kaufmann

Eine Entdeckung


         

Pippo Pollina | Linard Bardill -
"Caffè Caflisch"
© 2009 jazzhouse records
12 Stücke  -  Gesamtzeit:  49:50
Weitere Informationen unter:
www.jazzhouserecords.com
 
Pippo Pollina | Orchestra Sinfonica
des Conservatorio di Zurigo -
"Fra Due Isole"
14 Stücke  -  Gesamtzeit: 1:12:09
Weitere Informationen unter:


Pippo Pollina war mir hier im Nordwesten Deutschlands bisher entgangen, wenngleich er mittlerweile über ein Œuvre von immerhin 24 Alben verfügt. Umso froher bin ich, diese charismatische Stimme jetzt auch für mich entdeckt zu haben. Zwei Alben liegen auf dem Tisch, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: gemeinsam mit dem Schweizer Linard Bardill hat Pollina das hervorragend instrumentierte "Caffè Caflisch" aufgenommen, das allerdings in Wechselbäder taucht - zu stark ist der Bruch zwischen dem schwyzer Zungenschlag Bardills und dem honig-heiseren Vortrag Pollinas - besonders da, wo beide sich ein Lied teilen, wie im ersten "Wenn i gohn". Es geht um das Fernsein von der Heimat, das Fremdsein dort, wo man ist. Da, wo Pippo Pollina solistisch antritt und die Sprache Italienisch ist, ist das Vergnügen jedoch ungeteilt, geht in Duktus und Botschaft unter die Haut. So u.a. im Titelsong, der auch eine brillante E-Gitarre hören läßt. Die ansonsten mit Liedertexten, Hintergrundinformationen und Fotos vorbildlichen Booklet und Digipack geben leider keine Auskunft. Doch Johannes Barnikels sensible Arbeit an Tasten und Trompete sind zu identifizieren und zu loben. Ein alles in allem besonderes Album, bei dessen Anhören man sich auch mit Linard Bardill ein wenig anfreunden kann. Kern und Hauptsache bleiben Stimme und wandelbarer Vortrag von Pippo Pollina - "Anni settana", "Grida no", Ciao bella ciao", "Ci sarà", "Caffè Caflisch". Wunderbar.

Aus einer ganz anderen Welt kommt Pollinas Zusammenarbeit mit dem Sinfonieorchester des Konservatoriums Zürich bei den Aufnahmen (Live) zu "Fra Due Isole". Hier glänzt er als stimmgewaltiger Cantore, Pianist und Gitarrist vor der Kulisse eines von Massimiliano Matesic geleiteten Klangkörpers von Rang. die 14 eigenen Stücke siedelt er selbst in der universellen Musikwelt zwischen Nino Rota, Bela Bartók, Astor Piazzolla und bosnischer Folklore an. Entstanden ist ein kraftvolles, dramatisches Album, das besonders durch die Live-Aufnahme Substanz und Lebensnähe erhält. Das muß man in Ruhe einige Male hören, um es endgültig würdigen zu können. Soviel schon jetzt: ein Genuß! Pippo Pollina kann sich ohne unbescheiden zu sein in die Riege der großen italienischen Cantori wie Domenico Modugno, Fred Buscaglione,
Luciano Beretta, Angelo Branduardi, Vito Pallavicini, Adriano Celentano und Paolo Conte einordnen. Ein wirklich großes Album.

Weitere Informationen unter:
www.jazzhouserecords.com und www.pippopollina.com