Sempé in New York

Alle 101 Titelblätter von "The New Yorker" und vieles mehr

von Frank Becker

© Diogenes
»Für mich ist alles Ernste lustig und alles Lustige ernst. Humor ist meine Waffe gegen alles Unerträgliche im Leben.«
Jean-Jacques Sempé


Der diskrete Charme
einer großen Stadt


Seit 31 Jahren zeichnet Jean-Jacques Sempé Cover-Illustrationen für die amerikanische Zeitschrift "The New Yorker". 101 mal erschien das renommierte Magazin seit dem 14. August 1978 mit einem Titelbild und dazu mit vielen der Cartoons des französischen Philanthropen, ja Philosophen mit dem Zeichenstift im Innenteil. Der Zürcher Diogenes Verlag, der ebenfalls seit Jahrzehnten ein Großteil des Œuvres Sempés publiziert und eine Vielzahl von Büchern mit Illustrationen und Umschlägen von Sempé hat gestalten lassen, legt jetzt in einem großvolumigen Band eine vorläufige Bilanz der Arbeit Sempés für "The New Yorker" vor.

Jean-Jacques Sempé lebt schon lange im Big Apple, diesem Schmelztiegel der Kulturen, der Stadt, die nie schläft. Wer einmal dort war, einige Zeit in den Straßenschluchten, Parks, Wohnvierteln und Music-Halls verbracht hat, die Brücken über den Hudson überquert, Auf Long Island die Füße in den

© Sempé/The New Yorker
Atlantik getaucht, New Yorker in ihren Appartements besucht und die nie endende Rush Hour erlebt hat, kann die Faszination verstehen, die dieser Moloch ausübt. Sempé hat sich das über viele Jahre angeschaut,
in dieser riesigen Stadt Menschen entdeckt - und seine Impressionen zu herrlichen Cartoons gerinnen lassen. Nicht nur, daß man aus der Fülle seiner 101 Titelblätter schöpfen und zusätzlich etliche zum Teil bisher unveröffentlichte New York-Zeichnungen betrachten kann - Sempé erzählt in einem ausführlichen Gespräch mit dem französischen Journalisten Marc Lecarpentier von seiner Begegnung mit New York den Menschen, die er dort getroffen hat und der Arbeit mit dem "The New Yorker". Wir erfahren etwas mehr darüber, wie er denkt und arbeitet, doch im Grunde bestätigen seine sympathischen Einlassungen, was man schon immer von ihm gedacht hat. Daß er nämlich ein ganz liebenswerter Mensch ist. Aber mal ehrlich: wer hätte daran gezweifelt? Ein Mann, der solche Zeichnungen machen kann, muß einfach (s.o.) ein Philanthrop sein.

Das Buch ist im wahrsten Sinne eine Wucht! Auf 320 großformatigen, unpaginierten Seiten, die

© Sempé/The New Yorker
häufig das Original dem verkleinerten späteren Titelblatt gegenüberstellen, bekommen wir durchgehend in Farbe alle bis heute erschienenen Titelillustrationen und viele andere Bilder mehr, die uns den Mikrokosmos New York ein bißchen besser verstehen lassen. Und wir stellen fest, daß die Menschen in Paris und Marseille von den selben Sorgen umgetrieben und den selben Freuden aufgemuntert werden, wie in Manhattan, Brooklyn oder Queens. Mit Hingabe widmen sich Sempés New Yorker der Musik, ob im stillen Kämmerlein, in der Jazz-Kneipe oder im Konzertsaal. Sie radeln durch ihre Stadt, wie es auch die Franzosen in ihren Städten tun, sie mögen Blumen, treffen sich zum Schwätzchen an der Ecke, lassen ihren Gedanken in der Natur freien Lauf und sie haben Katzen, viele Katzen. Wer Sempés Vorlieben kenn, wird sie alle in diesem prächtigen Buch wiederentdecken. Auch die ganz jungen Tänzerinnen, die im Tütü den Anna-Pawlowa-Traum träumen. Die kleinen Träume und die große Stadt tun sich nämlich nichts. Meisterlich versteht es Sempé, selbst dem Ameisenhaufen New York mit seinen Abertausenden Fenstern und übereinandergestapelten Appartements Charme abzugewinnen. Mit seinem romantischen (nicht verklärten) Blick werden sogar die Häuserschluchten lebenswert. Ein wunderbares Buch. Das bekommt unsere besondere Auszeichnung: den Musenkuß!

Jean-Jacques Sempé - Sempé in New York
Zum ersten Mal: alle ›New Yorker‹-Cover von Sempé in einem Band.
Hardcover/ Broschur, 320 Seiten, 32 x 23 cm
ISBN 978-3-257-02116-5 - November 2009
€ (D) 49.90 / sFr 87.90* / € (A) 51.30 (* unverb. Preisempfehlung)
 
Weitere Informationen unter: www.diogenes.ch