Plauderstunde

Heute mal fast nur über das @

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker

Konrad Beikircher
Plauderstunde

Heute mal fast nur über das @



Liebe Musenblätter-Leser, Freunde meiner kleinen Plaudereien!

Ach, da ist mir wieder mal was Hübsches auf den Tisch geflattert: die Geschichte vom verrückten A. Ich erzähl sie Ihnen, weil ich weiß, daß Sie aus meinen Geschichtchen ja mitunter auch gerne etwas zum Weitererzählen nehmen, was mir natürlich recht ist.  Die FAZ hat jüngst recherchiert und ich darf daraus zitieren und kommentieren:

Ursprünglich diente die Tastatur einer Schreibmaschine vor allem dem Geschäfts- und Behördenverkehr. Ich sage nur: Underwood - und jeder meiner Generation sieht diese Ungetüme aus den Kontoren vor seinem inneren Auge auferstehen. Von diesem Zusammenhang zeugen selbst auf der Tastatur der modernen Computer Symbole wie %, $, § etc. Mittlerweile sind alle diese Zeichen von einem unscheinbaren Symbol verdrängt worden, das ins Gigantische gewachsen ist: das @, lange Zeit blinder Passagier vom Q, beim Mac vom L. Es war der New Yorker Programmierer Ray Tomlinson, der 1971 seine erste E-Mail mit einem @ auszeichnete. Damals riet ihm der Empfänger, ein Kollege, er solle doch solche Sperenzchen bitte unterlassen, dafür würden sie nicht bezahlt. Wir wissen, daß es anders kam: Billiarden E-Mails, Billiarden @. Das Zeichen stammt ursprünglich aus aus der Welt des angelsächsischen Handels und bedeutete so viel wie „zum Preis von“: at. In Frankreich, wo man denselben Bezug mit einem à ausdrückt, diente das @ als Zeichen für eine archaische Maßeinheit: arobas. Heute noch wird in den Pampas von Südamerika damit Vieh gewogen, weshalb die spanisch- portugiesischsprachige Welt das @ als arroba bezeichnet. Nur die katalanischen Feinschmecker tanzen aus der Reihe – Ferran Adrià läßt grüßen – und sagen statt des korrekten arrova leber ensaimada, Sie wissen schon: das sind die leckeren Schmalzkringel. Ähnlich wie in Israel, wo sich das @ auch sozusagen in der Küche angesiedelt hat, dort heißt es shtrudel! Der Rest der Welt ist mehr auf dem Tiertrip: Bei uns sagte man ‚Klammeraffe’, was sich aber nicht wirklich durchgesetzt hat, dafür haben aber die Taiwaner dieses Wort von uns übernommen. Die Niederländer sagen apenstartje – Affenschwänzchen und in Kroatien heißt das manki – Äffchen, ganz anglophil, die Polen haben das übernommen aber im Polnischen gelassen, sie sagen malpka – Äffchen. Ganz anders sind die Hellenen drauf, vielleicht haben sie einfach zu viele Urlauber da, die alle mit Gummispielzeug ankommen, dort heißt es papaki – Entchen. Für die Ungarn ist das @ ein schnöder Wurm – kukac, für die Armenier ein Hündchen – schnik und die Skandinaver haben sich, weil es dort keine Elefanten gibt, für snabel-A – Rüssel-A entschieden. Den Italienern hat es die Schnecken form des @ angetan, sie sagen chiocciola, bei den Tschechen und Slowaken geht es gastronomisch etwas derber zu, da heißt es zaviná
č – Rollmops! Die Serben aber halten sich aus dem ganzen Karussel heraus: sie nennen das @ schlicht ludo A – das verrückte A. Hübsch, oder?!

Übrigens, liebe Freunde, besonders im Rheinland: morgen wird die Session eröffnet. Das bringt den Rollmops-Umsatz wieder ordenlich nach vorn. Nicht vergessen bei all dem rührseligen Tamtam und "20-Jahre-deutsche-Wiedervereinigung-Gesäusele"!
Tschö!

Ihr
Konrad Beikircher




© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2009
Redaktion: Frank Becker