Bären, Brunnen, Baudenkmäler

Ein Besuch in Bern

von Andreas Rehnolt
Bern ist mit Meister Petz
auf ewig verbunden
 
In den ersten 14 Tagen nach Eröffnung des neuen Bären-Parks
in der schweizerischen Bundeshauptstadt bewunderten schon Zehntausende Besucher das schöne Gehege
 

Bern - Seit der Eröffnung des neuen Bärenparks im schweizerischen Bern am 25. Oktober sind die beiden Braunbären Björg und Finn in ihrem rund 6.000 Quadratmeter großen Freigehege am Ufer der Aare schon von Zehntausenden Besuchern aus dem In- und Ausland bewundert worden. Die neun Jahre alte Björg stammt aus Dänemark, der erst dreijährige Finn aus Finnland. Eingeweihte wie der Tierpfleger Heinz Stämpfli wollen nicht

Foto © Peter Reinäcker / Pixelio
ausschließen, daß sich das Berner Wappentier schon im nächsten Jahr mit Nachwuchs für das nach Tierschutzbelangen eingerichtete Gehege samt einem hundert Meter langen Naturwasserbecken bedanken wird. Anzusehen ist es der lebhaften Björg zwar nicht, doch die Bärin hat inzwischen reichlich Heu und Blätter in eine der Höhlen gebracht, was darauf schließen läßt, daß sie "in freudiger Erwartung" ist, wie Stämpfli  wurpfli meint.
 
Die Stadt Bern mit ihrer als Weltkulturerbe eingestuften prächtigen Altstadt ist seit ihrem Gründungsjahr 1191 mit Meister Petz auf ewig verbunden. Stadtgründer Herzog von Bechthold V. von Zähringen soll seine Männer zur Jagd ausgeschickt haben. "Gehet hinaus in die Eichenwälder, das erste Tier, das ihr erlegt, soll der Stadt den Namen geben", soll er damals gerufen haben, erzählt Stadtführer Roland Morgenegg. Und tatsächlich brachten die Jäger einen Bären mit in die Stadt. Zur damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches, damals sollen sich rund um das spätere Bern mehrere hundert Bären in den Wäldern herumgetrieben haben. Der Bär, weich und stark zugleich, symbolisiert auch Ruhe und Gemütlichkeit. "Er steht für kämpferische Wehrhaftigkeit und fürsorglich mütterliche Aufopferung", weiß Morgenegg zu berichten.
 
Und der Bär in Bern ist seit Hunderten von Jahren quasi allgegenwärtig in der Stadt. Im ältesten noch

Foto © Marion Granel / Pixelio
erhaltenen Stadtsiegel aus dem Jahr 1224 ist schon der linksschreitende, jedoch noch nicht aufrecht stehende Bär als Wappentier zu sehen. 1208 wird der Name "Berne" erstmals erwähnt. Das heutige schwarz-gelb-rote Wappenbild erscheint mutmaßlich erstmals um 1388, ist aber wahrscheinlich noch älter. Im Jahr 1513 errichtete die Stadt Bern den ersten richtigen Bärengraben, in dem ein paar Exemplare von Meister Petz lebten. Der Graben wurde dann aber 1763 zugeschüttet und kurz darauf durch ein neues Gehege ersetzt. 1825 und 1856 mußten die Bären dann erneut umziehen. Der letzte Bärengraben stammte von 1857 und hatte seinen Platz bei der Nydeggbrücke. Obwohl von Tierschützern seit langem als nicht artgerecht kritisiert, blieb das Betongehege bis 2009 und ist - unter Denkmalschutz stehend - ein Teil der neuen Anlage geworden.
 
Nun aber sind nicht mehr die Bären im trist-grauen Betongraben, sondern die Verkäufer von Bären-Devotionalien. Ob Plüschbär in Braun, Kugelschreiber, Schlüsselanhänger, Kappen, T-Shirts, Regenschirme oder Bärenpark-Taschenmesser, es gibt jede Menge Souvenirs mit dem Wappentier der Stadt. Nach anfänglicher Scheu über ihr Riesengehege haben sich Björg und Finn inzwischen gut eingelebt. Sie klettern, laufen, schwimmen und zerlegen ihr Futter vor den Augen der begeisterten Besucher, die sage und schreibe 365 Tage im Jahr Gelegenheit haben, die neuen tierischen Stars der Stadt zu sehen. Auch im Winter. Natürlich gibt es keine Garantie, die beiden Braunbären zu sehen. "Die bestimmen selbst, wann sie aus ihren Höhlen kommen und was sie tun", betont Tierpflegerin Linda Triet, für die die Tiere so etwas wie ihre eigenen Kinder sind. "Braunbären haben

Foto © Bern Tourismus
eine individuelle Lebensart und darauf haben wir uns eben einzustellen", ergänzt ihr Kollege Stämpfli.
 
Stadtführer Morgenegg weiß zu berichten, daß der Franzosenkaiser Napoleon im Jahre 1798 die Bären von Bern als Kriegsbeute mit nach Paris nahm und die Stadt vorübergehend ohne lebendes Wappentier zurückließ. Noch im Jahre 1891 zur 700-Jahrfeier der Stadt Bern wurden die Bären im feierlichen Umzug durch die Straßen mitgeführt. Und überhaupt: Auf den Straßen und Plätzen  der wunderschönen Altstadt immer wieder Meister Petz. In der Kramgasse der Zähringerbrunnen. Er zeigt einen als Ritter gestalteten Bären, der in der rechten Pranke ein rotes Banner mit goldenem Löwen hält. Der Simsonbrunnen, erinnert an den alttestamentlichen Helden Samson. Hier packt der Bär einen Löwen beim Maul, um ihn zu zerreißen - und versinnbildlicht Kraft und Unbesiegbarkeit, erzählt Morgenegg.
 
Der freundliche alte Herr zaubert für den Besucher während der Stadtführung auch schon mal aus den

Zytglogge - Bern Tourismus: swiss-image.ch/Terence du Fresne
Tiefen seines Mantels als kleines Leckerli einen wohlschmeckenden Mandelbären. Natürlich gibt's den Bärenplatz, auf dem zwei Mal pro Woche - selbst im kältesten Winter - der traditionelle Bauernmarkt stattfindet. Eine Orgie für Augen und Nasen. Nicht zu vergessen der Zeitglockenturm, auf Berndeutsch: "Zytglogge". Seit dem verheerenden Stadtbrand von 1405 wurde der Wehrturm mit einer Uhr und einem Schlagwerk ausgestattet. Aus dieser Zeit stammt auch der Planetenmesser, der noch heute auf dem Zifferblatt sitzt. Das berühmte, ebenfalls tadellos funktionierende Glockengeläut vollendete der Waffenschlosser Kaspar Brunner im Jahr 1530. Das dazugehörende Uhrwerk ist 2,90 Meter hoch, die Radteile sind geschmiedet.
 
Und erst das Figurenspiel am Zeitglockenturm. Ein absolutes Muß für jeden Bernbesucher. Es setzt jeweils 3,5 Minuten vor der vollen Stunde ein. Dann kräht der goldene Hahn das erste Mal und kündigt das Spektakel an. Kurz darauf dreht der Bärenzug, Sinnbild der Stadtwache mit Bären-Kriegern und -Musikanten und einem König seine Runde und der Hahn meldet sich ein zweites Mal. Dann bimmelt der rote Harlekin mit seinen Schellen. Und schließlich - nach langen zwei Minuten - dreht Chronos, der Gott der Zeit, die Sanduhr in seiner Hand und gibt mit dem Zepter in der anderen Hand den Takt für die vier Schläge der Turmglocke vor. Zugleich läutet das vergoldete Männlein hoch oben im Glockenturm die Stundenglocke und Chronos öffnet den Mund und zählt mit. Nach dem letzten Ton kräht der Hahn ein drittes Mal und beendet die Vorführung, die Tag und Nacht zu sehen und zu hören ist.
 

Arkadengänge - Bern Tourismus: swiss-image.ch/Terence du Fresne
Im Bären-Hotel, an dessen Außenmauer das Wappentier in X-facher Ausfertigung emporklettert,
kann der Reisende gut und ruhig im Herzen der Stadt nur wenige Meter vom Parlamentsgebäude entfernt Quartier nehmen. Berühmt auch die Berner Lauben der Altstadt. Die Arkadengänge entstanden Anfang des 15. Jahrhunderts und ziehen sich über eine Länge von rund 6 Kilometern durch die Altstadt. Nach den verheerenden Bränden im Mittelalter setzten die Berner auf Sandstein als Baumaterial. Die ganze Stadt ist aus diesem grau-grünen Sandstein gebaut, der aus den Steinbrüchen nur wenige Kilometer entfernt gewonnen wurde. Bei Regen, Schnee oder zu starker Sonne: Die Berner und ihre Besucher sind durch die Arkadengänge bei jedem Wetter gut behütet.
 
Bern, die viertgrößte Stadt der Schweiz beherbergt außerdem das prächtige Berner Münster. Es ist - im buchstäblichen Sinne - das herausragendste Gebäude von Bern. Die filigrane Turmspitze mißt 100,6 Meter und ist damit das höchste Gotteshaus der Schweiz. Von oben offenbart sich bei gute

Bern mit Münster - Bern Tourismus: swiss-image.ch/Terence du Fresne
m Wetter ein grandioser Blick bis ins Berner Mittelland und auf die verschneiden Gipfel des Oberlands. Wunderschön das Hauptportal, das das jüngste Gericht darstellt und die Folgen unchristlichen Handelns anmahnt. Das Bogenfeld über dem Türsturz schuf Erhard Küng zwischen 1460 und 1480. Es zeigt rund 280 Figuren, darunter viele, die sich für ihre Missetaten verantworten müssen und zum Teil drastische Strafen erleiden. Darunter auch Könige, Bischöfe und Päpste. "Gott sei Dank überstand das Portal den Bildersturm der Reformation, so das das Jüngste Gericht erhalten blieb", freut sich Morgenegg.
 
Doch zurück zum Bären. Der stand in Bern jahrhundertelang auch auf der Speisekarte. Das Fleisch etwa von überzähligen, verletzten oder altersschwachen Bären des Tierparks wurde in der Stadt verkauft und in Lokalen, etwa im "Klötzlikeller" oder der "Zunft zur Weberen" verzehrt. "Das dunkle Fleisch wurde vor dem Verzehr über gut vier Wochen in einer raffinierten Beize eingelegt," erzählt ein älterer Metzger auf dem Bärenmarkt. Auf dem Speiseplan stand Bärenpfeffer, Bärenschinken, Bärensteak oder Bärenleber. "Das war schon eine Delikatesse", erinnert sich der Experte.
 
Doch  Mitte der 1980er-Jahre war Schluß mit dem Bären-Schmaus. Damals befanden die Stadtoberen, es käme "einer Schande gleich", das Wappentier Berns zu verzehren. Seitdem ist der Handel mit Bärenfleisch - auch zum Wohlwollen der Tierschützer - eingestellt. Björg und Finn jedenfalls und mit ihnen der möglicherweise kommende Nachwuchs im nächsten Jahr werdens zufrieden zur Kenntnis nehmen. Ach, ja. Das neue Bärengehege ist die Stadt Bern ganz schön teuer gekommen. Statt zehn kostete es schließlich 23,6 Millionen Franken, was nicht wenige Schweizer für

Bern Tourismus: swiss-image.ch/Terence du Fresne
zu viel hielten. "Das sollte man nicht überbewerten. Wir haben schon auch für anderes leichter Geld ausgegeben", gibt Stadtführer Morgenegg zu bedenken.
 
Wer sich den neuen Bärenpark ansehen möchte, könnte das am 23. November mit dem Besuch des traditionellen und legendären Zwiebelmarktes (Zibelemärit) verbinden. Dann bringen Bauern aus der Umgebung von Bern über 50 Tonnen Zwiebeln - in kunstvoll geflochtenen Zöpfen - in die Bundesstadt. Und auch die Weihnachtsmärkte in der traumhaften Altstadt ab dem 28. November sind sicher eine Reise wert. Auf Kunstinteressierte wartet zudem das Zentrum Paul Klee, das über die weltweit bedeutendste Sammlung an Werken von Klee verfügt. Und zudem gibt es das Einstein-Museum. Albert Einstein lebte in Bern, als er 1905 mit seiner Relativitätstheorie unsere Vorstellungen von Raum und Zeit auf den Kopf stellte.
 
Internet: www.berninfo.com oder www.zpk.org

Redaktion: Frank Becker