Es gibt noch Abenteuer

Friedl Hofbauer - "Die Gespensterquelle"

von Jürgen Kasten
Geheimnisse und Versprechen
 
Friedl - der Vorname der Autorin läßt erahnen, daß es sich hier möglicherweise um eine ältere Dame handelt, die ein Jugendbuch geschrieben hat. In der Tat, Friedl Hofbauer durfte dieses Jahr 85 Jahre alt werden. Das ist ein Glücksfall für die Leser dieser Geschichte, denn sie verfaßt ihren Stoff feinem Stil und klarer Sprache, wie sie leider der heutigen Autorengeneration nur zu oft nicht mehr geläufig sind. Dabei ist Hofbauers Sprache weder alt noch altbacken, nur einfach schön und angenehm zu lesen. Einzig, wenn sie ihren heranwachsenden Protagonisten Florian „Bub“ nennt, denkt man eine frühere Zeit. Das macht der „Figur“ Florian aber gar nichts. Ein Alter wird nicht genannt, doch wird er so um die 14 Jahre alt sein. Mit seiner Familie lebt er auf einem Bauernhof, kennt sich wie jeder in diesem Alter mit Handy, Computer und Internet aus und ist auch sonst ein aufgeweckter Junge. Er war schon lange nicht mehr oben im Wald an der versiegten Quelle. Um genau zu sein, seit der Zeit als er dort einmal ein seltsames Erlebnis hatte. Nicht umsonst nennt man diesen Ort „Gespensterquelle“.
 
Als er nun doch einmal wieder hinaufgeht, begegnet er im Wald einem geheimnisvollen Fremden, der sich offensichtlich verirrte. Er überredet ihn, auf dem Hof zu übernachten. Florians Mutter betreibt dort eine Pension. Am nächsten Tag ist zwar der Fremde verschwunden, dafür findet Florian an der Quelle ein Mädchen namens Lena vor, die sich dort mit Rucksack und Schlafsack eingerichtet hat. Auch sie umgibt etwas Seltsames. Sie wartet auf eine Freundin, mit der sie mehrmals täglich telefoniert, die doch nie erscheint. In den folgenden Tagen treffen sich Florian und Lena oft, zarte Bande entwickeln sich. Gleichzeitig taucht der Fremde wieder auf, der ständig anders auszusehen scheint. Der Merkwürdigkeiten nicht genug: Die Jugendlichen finden an der Quelle ein altes Medaillon, von dem sich herausstellt, daß Florians Oma es dort vor langen Jahren vergraben hatte; und es  zieht ein gewaltiger Gewittersturm über das Land. Überschwemmungen und ein Erdrutsch lassen die versiegte Quelle wieder sprudeln. Derweil sucht der Fremde die Nähe der Großmutter und ein ungeheures Geheimnis wird offenbart und ein altes Versprechen eingelöst.
 
Der österreichische Residenz-Verlag mit seiner Kinder- und Jugendbuchreihe „Nilpferd“ betreibt offensichtlich ein feinsinniges Lektorat. Ausgesucht schöne Jugendliteratur veröffentlicht er, sorgfältig in der Gestaltung und wie hier mit  ansehnlichen Vignetten von Sabine Wiemers untermalt. Die Autorin Friedl Hofbauer wurde 1924 in Wien geboren. Sie ist Schriftstellerin und Übersetzerin von Romanen, Hörspielen und Lyrik für Kinder und Erwachsene und lebt in Wien. Ihre Texte sind von Poesie, Warmherzigkeit und Genauigkeit geprägt und wurden vielfach prämiert. 2002 erhielt sie den Österreichischen Staatspreis für Kinderlyrik. Sie hat viele junge Autorinnen und Autoren nach Kräften gefördert und beeinflußt; sie gilt zusammen mit Christine Busta und Vera Ferra-Mikura als „Mutter“ der österreichischen Kinderlyrik.
Ein zauberhaftes Buch, spannend und mit Vergnügen zu lesen. Empfohlen für Kinder ab 10 Jahren.

Beispielbild

Friedl Hofbauer
Die Gespensterquelle

Cover und Vignetten von Sabine Wiemers

© Residenz-Verlag, 2009

Gebunden, 110 Seiten
€ 12,90, sfr 24,00
ISBN 10: 3701720614
ISBN 13: 978-3701720613
Format 14,5 X 20,5
 
Weitere Informationen unter: www.residenzverlag.at