Plauderstunde

Über Dummschwätzer

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker

Konrad Beikircher
Plauderstunde

Über Hermann, Kerner, Metzmacher
und andere Dummschwätzer



Kommen wir heute in unserer Plauderstunde mal wieder zur Musik, zu Ingo Metzmacher, der Pfitzner aufgeführt hat, - obwohl - es fällt einem ja schwer, weil da ja immer noch diese ganze Aufregung um Eva Hermann ist, die einzigen Frau, die emanzipiert ihre Karriere lebt, aber das Gegenteil fordert und das so abgrundtief dumm, daß man nicht weiß, ist sie das dumme Heimchen, das nur zufällig Karriere gemacht hat oder hat sie Karriere gemacht, weil sie so ... gut, sagen wir: argumentationseingeschränkt, ist, damit also absolut kompatibel ist für die TV-Welt, wie wir sie heute haben. Kerner und Hermann unterscheiden sich ja nicht qualitativ voneinander, sie unterscheiden sich nur dadurch voneinander, daß sie auf verschiedenen Gebieten ein Zeug dahersalbadern, daß es einem nur schlecht werden kann. Wer gerne gut ißt und sich etwas darin auskennt, sagen wir mal, wie ein durchschnittlich begabter Abo-Konzert-Besucher, der immerhin Bruckner von Händel unterscheiden kann, dem kann es bei dem, was Kerner übers Essen sagt, nur schlecht werden: in diesem Zusammenhang hat er dem Wort „taube Nuß“ eine ganz neue Bedeutung gegeben, nämlich geschmackstaub, und eine Nuß obendrein, eine taube, wie gesagt, keine doofe, das ist im Rheinland ja ein Ehrentitel: „Und jetzt: die doof Nuß!“. Die Hermann hat nur das Pech, das selbstgewählte, sich mit ihren Nazivergleichen ein Gebiet ausgesucht zu haben, auf dem wir Deutschen Experten sind, und gebeutelte obendrein. Und weil sie ahnt, daß es da Leute gibt, die sich vielleicht besser auskennen als sie, die vielleicht „in Hitler eine Eins hatten“, eiert sie rum, daß es einem schlecht wird. Man könnte sie beim Wort nehmen, wenn man nur das richtige fände, der Kerner aber hat es wohl nicht recherchiert bekommen (da würde ich aber noch mal ganz scharf über die Qualität meiner Mitarbeiter nachdenken, lieber Herr Dippegucker), man hätte nämlich sie in ihrem eigenen Saft braten können, sie mit einem Satz vernichten können, der aus ihrer eigenen Feder stammt, nämlich mit dem Satz, daß Werte – und jetzt wörtlich – „wie Familie, Kinder und das Mutterdasein, die auch im Dritten Reich gefördert wurden, anschließend durch die 68er abgeschafft wurden“. Diese Geschichtsklitterung, Frau Hermann, die ist wirklich unerträglich und hier dankenswerterweise so von Ihnen formuliert, daß es jeder verstehen kann.
Wie sagt Dieter Nuhr: „Wenn Du keine Ahnung hast: einfach mal Fresse halten!“
 
Ingo Metzmacher, Herrschaften - das dauert ja heute, bis wir endlich zur Musik kommen, aber man verplaudert sich so leicht - Ingo Metzmacher hat mal wieder nicht nur mit seiner Frisur sondern mit seinem Dirigenten-So-Sein einen Riesen-Hit gelandet. Er hat sie – allerdings mit ungleich größerer Berechtigung und mit ungleich schwererem Inhalt als die Hermann – alle ans wuseln bekommen. Er hat vors Jahr zum Tag der Deutschen Einheit ein Oratorium von Hans Pfitzner, dem Quengler vom Dienst, dirigiert, das Stück „Von deutscher Seele“. Nun hat der alte Hans Pfitzner sich ja zum einen als Komponist einen Namen gemacht, zum anderen einen als Liebediener: 1944 noch hat er mit der Komposition „Krakauer Begrüßung“ für den Generalgouverneur von Polen, den berüchtigten Verbrecher Hans Frank, bewiesen, daß er fern jeglicher politischen, menschlichen und künstlerischen Verantwortung komponieren konnte – womit er allerdings in der Geschichte nicht der einzige ist. Nun führte also Ingo Metzmacher zum Tag der Deutschen Einheit Pfitzners „Von deutscher Seele“ auf und prompt natürlich kommt der Protest: Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bezeichnet dieses Konzert als „gemeingefährlichen Versuch, durch Provokation einen unbelehrbaren Antisemiten salonfähig zu machen“, woraufhin Metzmacher kontert, er spiele Pfitzner nicht „um ihn reinzuwaschen, sondern um ihn zur Diskussion zu stellen“. Also ein bißchen kommt mir dieses Argument, geehrter Herr Metzmacher, so vor, als hätte Eva Hermann ihren geschmacklosen Vortrag am 20. April, Führers Geburtstag, gehalten, mit dem Argument, sie habe ihre Ansichten nur zur Diskussion stellen wollen. Nee, nee, mein Lieber, ganz so geht es nun wirklich nicht. Wenn provozieren, dann richtig und auch von der richtigen Seite: am Tag der Deutschen Einheit ausgerechnet von extrem national, also rechts, zu kommen, erinnert viel fataler als es die Komposition selbst jemals gekonnt hätte an Berlin, an Marschkolonnen, an...na, Sie wissen schon , an was noch alles. Hätte Metzmacher ernsthaft Pfitzner zur Diskussion stellen wollen, dann bitte an jedem anderen Termin, oder zumindest an fast jedem anderen Termin, aber nicht am Tag der Deutschen Einheit, ein Gedenktag, dessen Ursache das 1000-jährige Reich ist und zu dessen Inhalt die Überwindung dieser Nazi-Ideologie gehört. Das mag vielleicht musikalisch freundlich gedacht gewesen sein – unterstelle ich Ihnen jetzt mal, Herr Metzmacher – in der Sache war es provokant daneben. Es gibt auch die richtige Absicht zum falschen Zeitpunkt. Und diese führt zum Applaus von der falschen Seite. Schade. Sie hätten der Komposition einen besseren Dienst erwiesen, wenn Sie sie an einem neutralen Abend aufgeführt hätten. Dann hätte man etwas weniger deutsch reagieren können und wäre vielleicht aus ganz anderen Ecken heraus zum Ergebnis gekommen: muß jetzt nicht wirklich sein.
 
Hoffen wir, liebe Freunde, daß die Verantwortlichen in diesem Jahr aus den peinlichen Mißgriffen und Verschlimmbesserungen des Vorjahres etwas gelernt haben – und sei es auch nur: „...einfach mal Fresse halten“.
 
Aus vollem Herzen
Ihr
Konrad Beikircher


© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2009
Redaktion: Frank Becker