Ein "Wow!"-Album

Swiss Jazz Orchestra - "Live"

von Frank Becker
Wie in (sehr) guten alten Zeiten
 
Über zwei neuere Alben des Swiss Jazz Orchestra konnten Sie an dieser Stelle in den letzten Wochen schon etwas lesen. Das am 6. und 7. Juni 2005 in Bern live aufgezeichnete Album des Swiss Jazz Orchestra unter George Robert gehört seines Ranges wegen unbedingt auch in den Kontext. Es wird hiermit sogar zum "Wow!"-Album erklärt - denn "wow!" sagt man bei dieser Scheibe nicht nur einmal. So und genau so hat in guten alten Zeiten unter Duke Ellington, Count Basie, Stan Kenton, Kenny Clarke/Francy Boland, Paul Kuhn, Werner Müller oder Horst Jankowski (um nur einige wenige der Großen zu nennen) Big Band Jazz geklungen. Nur wenige Bands schaffen es heute, diesen satten, vollen Sound zu erreichen und dabei ein eigenes Format zu finden.
 
Das Swiss Jazz Orchestra tut das in mustergültiger Manier und belegt hier mit unerhörter Verve und Musikalität in zwölf brillant arrangierten Stücken, überwiegend Standards, daß es sich einen der vorderen Ränge in der Riege der Spitzen-Jazz- Orchester unserer Zeit gesichert hat. Das funkelt und hat Jive, ist sophisticated und in genau der richtigen Dosierung bei fetzigen Bläser-Sätzen aggressiv. Die Rhythmsection hat ein den Bläsern ebenbürtiges Format, das dem Ganzen das unauffällige aber unverzichtbare Rückgrat gibt. Schlicht: ein durch und durch gelungenes Album vom Opener "Love For Sale" (Cole Porter) über Oliver Nelsons "Miss Fine", Tizol/Ellingtons "Caravan" mit einem raffinierten dynamischen Arrangement (10:59) des Pianisten Philip Henzi, der auch den eigenen Titel "Recyclin´" zum Album beigesteuert hat, das phantastische "Same Time, Same Place", den mitreißenden Radio-Klassiker "Cherokee" von Ray Noble bis zu Don Menzas coolen "Groove Blues".
 
An diesem Album kommen Freunde des Big Band Jazz nicht vorbei, das gehört für ein schöneres Leben in den Plattenschrank! Dafür den Musenkuß.
 
Ein Hinweis: Es lohnt sich, auch mal in ein Album hineinzuhören, dessen Besetzung man fast den "kleinen Bruder" vom "Swiss Jazz Orchestra" nennen kann. Die Rede ist von "Phonosource", einer Formation gleichen Namens um den Tenorsaxophonisten Till Grünewald mit Philip Henzi (p), Lorenz Beyeler (b), Tobias Friedli (dr), Bert Joris (tp) und Mathieu Michel (tp, flh). Es ist ausgesprochen spannend, im direkten Vergleich die hier mit kleiner Besetzung neben sechs weiteren brillanten Stücken wie Grünewalds "166" und "Land´s End" aufgenommenen "Caravan" und "Recyclin´" zu hören. Ein hochrangiges Album (1:04:12), ebenfalls bei Mons Records.
Beispielbild

Swiss Jazz Orchestra
Live
 
Philip Henzi  -  Klavier 
Lorenz Beyeler  - Kontrabaß
Tobias Friedli  -  Schlagzeug
Trompeten: Stephan Geisler (lead), Johannes Walter, Daniel Woodtli, Thomas Knuchel
Posaunen: Vincent Lachat (lead), René Mosele, Bernhard Bamert, Reto Zumstein (bass-tb)
Saxophone: George Robert (lead, as), Adrian Pflugshaupt (as), Till Grünewald (ts), Klaus Widmer (ts), Neta Noren (bs)
Leitung: George Robert
(Gast Pepe Lienhardt)

Produziert von Thilo Berg
 
© + (P) 2005 Mons Records
 
Titel:
1. Love For Sale   4:45
2. Miss Fine   4:26
3. Ya Gotta Try   3:40
4. Stairway To The Stars   5:50
5.
Caravan   10:59
6. Nutville   6:20
7. Polka Dots & Moonbeams   5:57
8.
Same Time, Same Place   5:39
9. Recyclin´   7:25
10. How Insensitive   4:33
11. Cherokee   3:31
12.
Groove Blues   7:27

Gesamtzeit:  1:10:37