Nur Dienstboten müssen immer erreichbar sein

Gedanken zur Handy-Mania

von Niels Höpfner

Foto © Frank Becker
Handy-Mania:
Nur Dienstboten
müssen immer erreichbar sein
 
 
Zufällig schaue ich aus dem Fenster, und da steht schon wieder auf der Straße so einer, der sich ein sogenanntes Handy ans Ohr quetscht und aufgekratzt, mit irrem Blick, in dasselbe quasselt.
 
Inzwischen sieht man ja auch immer mehr Leute, die das sogar beim Gehen tun - sie müssen sehr in Eile sein. Wenn ich Handy-Benutzer bloß sehe, steigt automatisch mein Adrenalinspiegel, und Haß würgt mich, den doch sonst so Milden, der ich zu Aggressionen doch sonst kaum fähig bin.
 
Woran mag das liegen? Daran, daß ich noch aus einer Zeit stamme, als gerade das Schnurtelephon erfunden und der erste segensreiche Satz «Das Pferd frißt keinen Gurkensalat» per Draht gekrächzt wurde? Bin ich bereits vergreist und neidisch nur, der neuen Zeit, der großen Handy-Zeit, hinterherzuhinken?
 
Nichts gegen das klassische Telephon, damit habe ich nicht die geringsten Probleme (außer mit der Rechnung). Und ich bin begeisterter Faxist. Warum aber wird ein Handy für mich niemals comme il faut sein? Die Gründe sind ästhetischethischer Art!
 
Leute, die auf der Straße am Handy hängen, sollten sich einmal auf Video betrachten: dämlich und lächerlich sehen sie dabei aus, wie die Verwirrten, die im Selbstgespräch vor sich hinbrabbeln. Als ich jedoch kürzlich einer jungen Schönen, ganz en passant, pädagogisch wertvoll zuraunte: «Wenn Sie sich so selbst sehen könnten, würden sie nie wieder auf der Straße telephonieren!», giftete die bloß keifend zurück: «Verpiß dich, alter Sack!»
 
Nun zum Ethischen: Es zeugt nicht gerade von großer Rücksicht, seine Mitmenschen in Cafés, Restaurants, Theatern und Konzertsälen mit den Lockrufen eines Handys zu belästigen - zweifellos eine akustische Körperverletzung. Und dann wird man ja nicht nur - schlimm genug - Augenzeuge jener ästhetisch absurden, unzierlichen Handy-Handhabung, sondern auch noch Ohrenzeuge banalsten Geplappers.
 
Was für Menschen mögen das sein, diese Handy-Führer? Ein mir bekannter TV-Moderator gehört auch dazu. Beim Restaurantessen liegt das Handy immer neben seinen Tellern. Aber es klingelt, bimmelt oder schnarrt nie. Inzwischen gibt es Agenturen, die auf Bestellung anrufen. Vielleicht sollte der mittlerweile zahnlose TV-Tiger dort abonnieren?
 
Nach neuesten Zählungen gibt es hierzulande über 110 Millionen "Mobilfunk"-Anschlüsse! Mehr als Deutschland Einwohner hat. Es sind die VIP's der Republik: die Unentbehrlichen, unsere Leistungsträger, die immer erreichbar sein müssen, Tag und Nacht, an jedem Ort (Ja, sogar auf der Toilette! Und vielleicht beim ...?), die sich lustvoll an die (unsichtbare) Kette legen oder legen lassen. Und selbst auf die Gefahr hin, die "political correctness" zu sprengen: am beliebtesten ist das Handy anscheinend bei Türken.
 
Nieder mit dem Handy! Es geht die Mär, Telephonieren via Handy verursache vielleicht ... eventuell ... Gehirntumore: Wie fabelhaft das wäre! Bekanntlich läßt sich der Teufel am besten mit dem Beelzebub austreiben.
 
(Man hört, der Autor besitze auch 2009 noch kein Handy.)


Redaktion: Frank Becker