Musikstunde

Der "Freischütz" mal zum Lachen

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Konrad Beikircher
Musikstunde

Nein, länger trag ich nicht die Qualen...


Guten Tag, liebe Musenblätter-Leser, liebe Freunde meiner kleinen Plaudereien, schon wieder eine Woche vorüber - Kinder, die Zeit fliegt! Heute möchte ich Ihnen mal etwas über den Freischütz erzählen. Wußten Sie, daß Carl Maria von Webers Musikdrama mit dem Libretto von Friedrich Kind nach dem "Gespensterbuch" von August Apel und Friedrich Laun durchaus auch seine heiteren Seiten haben kann?

Also: Freischütz in Salzburg! Super. Wir erinnern uns noch alle an den schönen Song der Ersten Allgemeinen Verunsicherung: Ba – Ba – Banküberfall, in dem der köstliche Satz vorkommt: Das Böse ist immer und überall! Genau daran muß der Regisseur, Falk Richter, gedacht haben, als er 2007 in Salzburg den Freischütz inszeniert hat. Max, der verführte Gute, hat ständig zwei höllische Begleiter bei sich, die sinnigerweise Samielgehilfe 1 und Samielgehilfe 2 heißen, damit auch der größte Trottel aus dem Burgenland oder aus Reichsdeutschland, wie es in Österreich immer noch heißt, merkt, was da gespielt wird. Sie kommentieren mit Einwürfen wie: „Los, trink, tanz, mach dich locker, entspann dich, vergiß eine Sorgen, genieß das Leben, solange du noch kannst“ und „Triff, du mußt treffen, egal wie, nur die Besten kommen ans Ziel!“
Samiel, der Teufel, scheint auch wenig zu tun zu haben, denn er ist ständig auf der Bühne, was Sätzen wie „Samiel, erscheine!“ ein gewisses Augenzwinkern verleiht. Fehlt nur, daß er sagt: „Bin eh scho da, Euer Gnadn“, das hätte ja noch was. Also ich hätte gedacht, daß er im Nahen Osten oder im Irak oder oder mehr zu tun hat. Nun, man lernt nie aus. Da hätte Herr Flimm vielleicht doch schon im Vorfeld etwas mehr auf die Inhaltsseite statt auf die einträglich Skandalseite schauen können, oder?! Ich finde, daß Karl Kraus da wieder einmal auftauchen darf, der zu so einem Regie-Konzept sicher gesagt hätte: „Das schlimmste ist, er hat sich nix dabei gedacht!“
 
In diese Salzburger Inszenierung hätte auch gut gepaßt, was mein Neffe in der Staatsoper in München einmal erleben durfte:
10 Minuten vor der Aufführung ist der Schauspieler, der in der Wolfsschlucht das Echo sprechen soll (Sie wissen schon: Kaspar gießt die Kugeln und zählt, das Echo antwortet. Eins – Eins. Zwei – Zwei etc bis Sieben – Sieben, dann ist Schluß mit Echo). Der Verantwortliche für den Abend ist verzweifelt, da kommt ein Mitarbeiter und sagt, er habe jetzt schon drei- bis vierhundert Vorstellungen miterleben dürfen, er könne das blind. Der Verantwortliche ist erleichtert und stimmt zu: „Gut, dann mach Du das Echo!“. Der zweite Aufzug kommt, die Wolfsschlucht ist dran, der Mitarbeiter geht in Position, es kann losgehen. Kaspar gießt die erste Kugel:
„Eins!“.
Echo: „Oans!“
Orchester spielt die Landung der Waldvögel.
Kaspar gießt die zweite Kugel: „Zwei!“    
Echo: „Zwoa!“
Orchester spielt den wilden Keiler.
Kaspar gießt die dritte Kugel:
„Drei!“
Echo: „Drei!“ (nee, nee, das heißt nicht droa im Bayerischen!).
Die vierte: „Vier!“
Echo: „Fiari!“ und so gnadenlos weiter bis
Kaspar: „Sieben“
Echo: „Simmi!“
Und – so erzählte mir mein Gewährsmann – es hat keiner gemerkt. Nur hinter der Bühne sind sie vor Lachen gestorben!

Wenn Sie mal wieder in die Oper gehen, immer dran denken, was sich vielleicht hinter den Kulissen abspielt! Für heute wünsche ich Ihnen einen Samiel-freien Tag!
 
Ihr
Konrad Beikircher



© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2009
Redaktion: Frank Becker