Die Wahrnehmung des Schattens

Ernst H. Gombrich - "Schatten"

von Frank Becker
"Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage / Und manche liebe Schatten steigen auf."

(J.W. Goethe, Faust I, Zueignung)

Er klebt an unseren Fersen, streben wir dem Licht entgegen, verlassen wir es, eilt er uns voraus. Unser Schatten ist an uns gebunden wie wir an ihn, solange wir uns im Licht befinden. Auch Lucky Luke kann dem nicht entgehen, wenn er auch um einen Wimpernschlag schneller zieht als sein Schatten. Das immerhin belegen die Zeichnungen Maurice de Bévères (Morris) in den beliebten Comics. Einem gar ist es gelungen, sich von seinem Schatten zu lösen, so zumindest erzählt es Adelbert von Chamisso in seiner Geschichte von Peter Schlemihl. Doch auch der braucht die Hilfe des Teufels für dieses Unterfangen. Der Preis für den Handel ist hoch, denn selbst Fortunati Glückssäckel kann den

George Cruikshank, Peter Schlemihl
Verlust des Schattens nicht aufwiegen. Wer keinen Schatten hat, hat auch sein Wesen eingebüßt. George Cruikshank hat einen berühmten Stich gemacht, der den Moment des Verlustes festhält.

Der englische (Kunst-)Historiker Ernst H. Gombrich hat sich in unterhaltsamer, doch durchaus ernsthafter Weise der Darstellung des Schattens in der Kunst des Abendlandes angenommen, für das vorliegende Buch eine Fülle von Bilddokumenten gefunden, zusammengestellt und sorgfältig untersucht. Sein Kommentar ist handfest, kurzweilig und ebenso leicht zu lesen wie zu verstehen. Gombrichs Spezialität ist eben die Vermittlung kunsthistorischer Zusammenhänge in populärer, auch dem Laien zugänglicher Form.
Er hat das faszinierende Thema in dem schmalen Bändchen aus der Reihe Wagenbach SALTO natürlich nur anreißen können, tut das aber so ansteckend, daß jeder Leser beim nächsten Museumsbesuch oder dem Blättern in einem Bildband gewiß darauf achten wird, ob und wie der Künstler die Schlag-Schatten seines Werkes eingesetzt und ausgeführt hat. Eine wunderbare Anregung.
Aus dem Englischen übertragen von Robin Cackett.

Beispielbild


Ernst H. Gombrich
Schatten
Ihre Darstellung in der abendländischen Kunst

© 2009 Verlag Klaus Wagenbach

91 Seiten, Leinen, unfangreich illustriert, Register, 15,90 €

Weitere Informationen unter:
www.wagenbach-verlag.de