Hugo Pratt und sein "Corto Maltese"

Ausstellung in Cherbourg würdigt den Comiczeichner

von Andreas Rehnolt

© Kult Editionen
Ausstellung in Cherbourg würdigt den Comiczeichner Hugo Pratt
 
Die von ihm geschaffene Figur des Corto Maltese bedeutete einen Meilenstein in der Geschichte des literarischen Comics
 

Cherbourg
- Das Kunstmuseum Thomas Henry in der französischen Hafenstadt Cherbourg würdigt in einer groß angelegten Ausstellung ab dem 3. April den italienischen Comiczeichner Hugo Pratt. Der Titel der bis zum 20. September laufenden Schau lautet "Reisegeheimnisse". Der 1995 in Lausanne verstorbene Pratt wurde nach Darstellung des Museums vor allem durch die von ihm geschaffene Figur Corto Maltese für das Genre des literarischen Comics und für dessen Anhänger unsterblich. Gleichzeitig bedeuteten die Abenteuer des verträumten und unberechenbaren (Frauen-)Helden einen Meilenstein in der Geschichte des literarischen Comics. Die Ausstellung findet im Rahmen der 5. Kunstbiennale von Cherbourg statt, die ganz im Zeichen der Comic-Kunst steht.
 
Nach Angaben des Museums zeigt die Schau etwa 100 Werke von Pratt. Darunter sind Skizzen, Studien und Siebdrucke. Um einem möglichst großem Publikum den 1927 in Rimini geborenen Autor näher zu bringen, ist der Besuch der Ausstellung kostenlos. Pratt stammte aus einer multinationalen Familie mit verwandtschaftlichen Beziehungen nach Venetien, England, Frankreich und Anatolien. Sein Großonkel war William Henry Pratt, besser bekannt als Boris Karloff, der seit den Jahren des Stummfilms ein erfolgreicher Filmschauspieler war. 1945 begann Hugo Pratt in Venedig ein Kunststudium an der Akademie der Schönen Künste, wo er auch mit dem Zeichnen von Comics anfing und Mitbegründer des Comic-Magazins Asso di Picche ("Pik As") wurde.
 
1949 erkannte der argentinische Verleger Cesare Civita das Talent des Zeichners, und Pratt folgte dessen Ruf nach Buenos Aires. Dort zeichnete er Abenteuerserien wie "Junglemen" und "Sergente Kirk". Schon mit Junglemen fand er den für ihn typischen Stil. Für das argentinische Magazin "Misterix" zeichnete er "Capitain Cormorant" und "Fort Wheeling". Zehn Jahre später ging Pratt zurück nach Europa und zeichnete in der britischen Hauptstadt London für mehrere Tageszeitungen und für den Verlag Fleetway Abenteuer- und Kriegscomics. Wenig später zog der Zeichner nach Venedig, wo er für die Jugendbeilage des Corriere della Sera klassische Abenteuergeschichten der Jugendliteratur wie "Odyssee" oder "Die Schatzinsel" zeichnete.
 
1967 gründeten der Mäzen Claudio Bertieri und der italienische Verleger Florenzo Ivaldi das Magazin

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"Sgt. Kirk", um Pratt eine angemessene Plattform für seine Comics zu bieten. Im gleichen Jahr tauchte "Corto Maltese" erstmals auf, in der Bebilderung einer Südseeballade.  Er war ein Kapitän ohne Schiff, der zur Hauptfigur von Pratts weiterem Schaffen und zu seinem späteren Markenzeichen wurde. Ab 1970 und in den folgenden drei Jahren entstanden über 20 etwa 20seitige Episoden mit Corto Maltese, der als Comic-Held von den Lesern geliebt und den Kritikern enthusiastisch gefeiert wurde. Ende der achtziger Jahre verkaufte Pratt Jahr für Jahr rund 500.000 seiner Alben. Zu seinen letzten Arbeiten zählt die Geschichte vom letzten Flug des unvergesslichen Autors Antoine de Saint-Exupéry.
 
In Deutschland sind früher zahlreiche der Abenteuer des legendären Seemanns Corto Maltese vor allem im Carlsen-Verlag erschienen, heute bei "Kult Editionen" im MSV Medien Service. Pratt galt als Romancier unter den Comic-Autoren. Umberto Eco sagte einmal über den Comic-Zeichner, der habe "sein ganzes Leben lang sich erzählt, in einer Form, die er am liebsten selbst ganz ausgefüllt hätte." Der Ton seiner Geschichten erinnert bisweilen an die Erzähler klassischer Abenteuer, an Jack London oder Joseph Conrad. Pratt ist übrigens neben Samuel Beckett der einzige Nichtfranzose, der zum "Chevalier des Arts et Lettres" geschlagen wurde.
 
Die beiden Titel-Abbildungen  erscheinen mit freundlicher Genehmigung des MSW Medien Service
Redaktion: Frank Becker