Drogen und Rauschmittel (4)

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
Drogen und Rauschmittel (4)
 
Beim Alkoholtest muß man bekanntlich pusten. In dem Messgerät sorgt Schwefelsäure dafür, daß die ausgeatmeten Alkoholmoleküle (Ethanol) zu Essigsäure werden, während gleichzeitig ein gelbes Kaliumdichromat zu einem grünen Chromsulfat umgebildet wird. Die Farbänderung zeigt an, daß Alkohol in der Atemluft vorhanden ist. Wenn es hart auf hart kommt, muß die Polizei oder kann der getestete und als angetrunken verdächtigte Fahrer einen Blutest verlangen; denn im Blut sitzt und wirkt der Alkohol ja eigentlich. Dort hält sich ein Protein auf, das den langen Namen Alkoholdehydrogenase trägt, weil es in der Lage ist, dem Alkoholmolekül - C,H5OH - zwei Wasserstoffe abzunehmen, von denen eines auf ein anderes Molekül übertragen wird, das an der Reaktion teilnimmt und mit einem noch viel längeren Namen benannt wird. Es heißt Nicotin-Amid-Adenin-Dinukleotid und wird NAD abgekürzt. Merken sollte es sich nur, wer tiefer in die Details eindringen möchte. Wenn Alkohol im Blut vorliegt, wird aus dem NAD das NADH, das den Vorteil hat, sich durch Absorption von ultraviolettem Licht bemerkbar zu machen. Mit anderen Worten, es läßt sich mit spektroskopischen Mitteln erkunden, welche Menge von NADH und damit wie viel Alkohol im Blut zu finden ist. Auch wenn der oder die Untersuchte noch nicht lallt oder torkelt, kann man sagen, ob eine gesetzlich festliegende Höchstgrenze an Alkohol überschritten ist oder nicht. Derzeit gelten 0,5 Promille als Richtwert. Wer lediglich einen halben Liter Bier oder ein Viertel Wein trinkt, liegt gewöhnlich darunter. Das Internet bietet Promillerechner an, bei denen auch das Körpergewicht eine Rolle spielt. In meiner Jugend gab es so etwas nicht. Der auf unseren Partys durchgeführte Test zur Prüfung der eigenen Fahrtauglichkeit bestand darin, jemanden zu bitten, eine Postkarte mit dem unteren Ende zwischen Daumen und Zeigefinger erst zu halten und dann plötzlich loszulassen. Wer seine Finger rechtzeitig zusammenbekam und die Karte wieder auffangen konnte, wer also noch schnell genug reagierte, durfte sich zutrauen, das Auto sicher nach Hause zu steuern, wie wir meinten. Zum Glück ist diesem Partytest der polizeiliche Ernstfall erspart geblieben.
       Noch etwas zu Bier und Wein. Früher hat man immer auf die Frage, mit welchem Getränk man den Abend beginnen soll, den Spruch gehört: «Wein auf Bier, das rat ich dir, Bier auf Wein, das lasse sein.» Aber stimmt das auch? Ein Aperitif vorweg bleibt auf jeden Fall ratsam, wenn ein Abendessen folgt, weil der erste Alkohol im nüchternen Magen die Verdauungssäfte anregt, die nun für das Kommende besser gerüstet sind. Die Reihenfolge nach dem ersten Drink hat dagegen keine tiefere Bedeutung. Der Grund, mit Bier anzufangen, liegt einfach in der Konzentration des Rauschmittels Alkohol. Es zeigt auf diese Weise seine Wirkung langsamer, und wahrscheinlich kommt der Gast so besser durch den Abend, wenn der noch länger dauern sollte. Erfreuen Sie sich auch an der Schaumkrone auf dem Bier? Sie besteht aus Proteinen; diese setzen sich auf die Bläschen, die von der aufsteigenden Kohlensäure gebildet werden, die sich im sprudelnden Gerstensaft befinden. Wenn zu wenig Proteine im Bier sind oder wenn Rückstände eines Spülmittels die Bläschen platzen lassen - und zwar durch Reduktion ihrer Oberflächenspannung -, zieht sich der schöne Schaum rasch zurück, was deutsche Biertrinker ärgert, während man sich in China daran gewöhnt hat. Beim schaumfreien Bier kann man schneller mit dem Trinken beginnen.
       Und noch etwas zur Kohlensäure, die auch aufsteigt, wenn man eine Champagnerflasche öffnet. Da das edle Getränk unter hohem Druck gestanden hat, dehnt sich das frei werdende Gas nach der Entfernung des Verschlusses rasch aus. Das macht zum einen Plopp und hat zum anderen nach den Gesetzen der Physik die Abkühlung des Gases zur Folge. Man sieht deshalb einen weißen Hauch aus dem Flaschenhals aufsteigen und kann sich jetzt erst recht auf den kühlen Schluck und das Prickeln im Mund freuen.

 
- Finis -
 
aus: „Warum funkeln die Sterne?“
Die Wunder der Welt wissenschaftlich erklärt
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Veröffentlichung in den Musenblättern mit freundlicher Erlaubnis des Autors.