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 Hundert zu Eins Menschen im Vergleich Von Ernst Peter Fischer Im Oktober 2025 kann die Menschheit die Rückkehr der letzten lebenden und aus Israel durch die Terrororganisation Hamas entführten Geiseln feiern. So ergreifend das Wiedersehen der mehr als zwei Jahre zuvor brutal Gekidnappten mit ihren verzweifelt wartenden Familienangehörigen und Freunden ist, in den Nebensätzen der Meldungen zu diesem Festtag mit der Hoffnung auf Frieden ist von der Freilassung von etwa 2.000 Gefangenen die Rede, die offenbar zum Volk der Palästinenser gehören und in israelischen Haftanstalten zum Teil lebenslänglich wegen schwerer Verbrechen und selbst Morden eingesperrt waren. Man kann sich über den politisch motivierten und gewollten Austausch von unschuldigen Staatsbürgern gegen schuldige Schwerverbrecher ärgern und die Selbstverständlichkeit bestaunen, die Medien und ihre Macher in solch einer Aktion sehen, über die sie umfassend und hautnah berichten, weil sie sicher sein können, daß das Volk vor den Fernsehgeräten und mit dem Blick auf ihre Handys solche Berichte gerne konsumiert, da sie viele Gefühle auslösen.         Allerdings fällt auf, daß keine Reportage über den Menschendeal auf die Diskrepanz bei den Zahlen eingeht. Zwanzig Geiseln gegen zweitausend Verbrecher. Zwanzig Israeli gegen zweitausend Palästinenser, das ergibt ein Verhältnis von Hundert zu Eins, und diese Bewertung von verschiedenen Menschenleben kommt einem aus Kriegszeiten bekannt vor. Als die deutschen Nazis in Italien gehaust, gewütet und Massaker angerichtet haben, legten ihre Anführer Wert darauf, ein deutsches Opfer durch Hunderte von Italienern zu rächen, und als sich die US-Armee in den 1960er Jahren in Vietnam austobte, hatte sie zwar am Ende rund 50.000 gefallene Soldaten zu beklagen, aber die geschätzte Zahl der einheimischen Kriegsopfer erreichte die Marke von fünf Millionen, was erneut das Verhältnis von Hundert zu Eins ergibt. Zwar verkünden ethisch gesinnte und theologisch aktive Personen unermüdlich ihr Credo, daß jedes Menschenleben so wertvoll ist wie ein anderes. Aber die deutschen Herrenmenschen, die Heroen der amerikanischen Armee und jetzt auch die Diplomaten im Nahen Osten bei ihren Bemühungen um einen Waffenstillstand zwischen dem Staat Israel und den Terroristen der Hamas zählen und schätzen Menschenleben anders ein, wobei es einen wundert, daß sich die sonst so selbstbewußt auftretenden und um staatliche Anerkennung bemühenden Palästinenser mit der dramatischen Abwertung von Hundert zu Eins abfinden.         Natürlich wird es sie freuen, wenn möglichst viele der aus ihren Reihen stammenden Verbrecher ihrer Strafe entgehen, aber für diesen Erfolg müssen sie teuer bezahlen, nämlich mit einer Degradierung ihres Volkes zu Menschen zweiter Klasse. Palästinenser sind nicht viel wert, wie ihre Zahl beim Austausch der Gefangenen verrät. Ein Gedanke, der keinen Frieden mit Israel verspricht.    © Ernst Peter Fischer | 


