Nachdenken über Würfelzucker 
            Gesetzt den Fall, du wärst ein Zuckerwürfel, nur ein Stück 
            und lägest hier in einer schmucken Zuckerdose, 
            du und die andern Würfel, verkantet oder lose, 
            von feinstem Porzellan so kühl umschlossen, stilles Glück. 
            Doch eines Morgens, da lüftet sich der Deckel oben 
            und eine silbern blitzende Zange greift hinein. 
            Sie stochert, tastet, grabbelt, krallt sich langsam rein, 
            dann wird dein Nachbar mit einem Ruck herausgehoben. 
            Zurück bleibt Panik, niemand hier, der jetzt noch denkt. 
            Schon wieder kommt die Zange, wieder packt sie zu. 
            Es gibt kein Entfliehn, der Schicksalswürfel, der bist du 
            und wirst jetzt einfach so in einer Tasse Tee ertränkt. 
            Versetz dich ruhig in eines Zuckerwürfels Seele, 
            denn er steht hier nur beispielhaft für viele Namen, 
            die kleinen Tödlichkeiten, täglich stillen Dramen. 
            Da greift man sich doch unwillkürlich an die Kehle. 
            Hellmuth Opitz 
            
 
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