Nonsens und versteckt eloquenter
Kunst-Exkurs
Einsichten, die wir nicht für möglich hielten
In der Filmbiographie des englischen Malers William Turner „Mr. Turner - Meister des Lichts“ von Mike Leigh fragt Turners Vater eine Betrachterin im Atelier, ob sie in dem großformatigen Gemälde „Hannibal überschreitet die Alpen“ den Elefanten sehe. Nach langer vergeblicher Suche lenkt er schließlich ihren Blick auf ein winziges Detail – in der Tat ein Elefant, verschwindend klein vor der gewaltigen, wetterumtosten Kulisse des Gebirges, eine Allegorie für die Winzigkeit des Menschen gegenüber der Natur, der Schöpfung.
Bei Otto Waalkes´ malerischem Werk, vorgeführt in seinem opulenten Gesamtkatalog „Kunst in Sicht“ dürfte es hingegen äußerst schwer fallen den Elefanten, pardon Ottifanten zu übersehen. Nimmt das graue Kuscheltier neben dem Meister selbst mit Flügel-Basecap doch einen nicht unwesentlichen Raum im malerischen Werk des zeitgenössischen ostfiesischen Künstlers ein.
Was haben wir da vor uns? Schwer zu sagen. Ist das Buch eine verlegene Rechtfertigung Ottos seiner von ihm selbst für dilettantisch gehaltenen Malerei? Sind es lustige Texte zu kongenialer Kunstadaption? Oder ist die witzige Text-Verpackung der Bilder das Eigentliche, die Bilder hingegen nur Beiwerk? Der Buchtitel spricht dagegen, hier geht es um Kunst.
Und nicht mal um zweitrangige, gar dilettantische. Die augenzwinkernde Adaption berühmter Werke der Kunstgeschichte (mit besonderer Liebe zu Gustav Klimt), deren Kommentierung und Umsetzung in Otto-Kunst verrät zum ersten einen veritablen Kunstkenner, läßt zum zweiten sowohl einen handwerklich hervorragenden Fälscher wie auch einen originären Künstler erkennen. Wichtig zu wissen ist dabei das von Udo Lindenberg in seinem Vorwort preisgegebene Geheimnis des Malers Waalkes: er grundiert mit Ostfiesentee (womit auch sonst)! Einige, wirklich zu wenige Beispiele aus dem enormen Œuvre Otto Waalkes´ zeigen wir Ihnen.
Nonsens sind die diesen versteckt eloquenten Kunst-Exkurs umflatternden Texte, wen auch zu großen Teilen landauf, landab bestens bekannt. Einige, ach was viele dieser Kalauer sind es längst so sehr, daß man sie mitbeten kann. Aber das macht nichts, ulkig bleiben sie auch bei der 87. Wiederholung. Unbestritten muß sein und bleiben, daß sich durch Otto Waalkes´ kuriose Kunstbetrachtung Einsichten eröffnen, die man nicht für möglich hielt. Damit schließt er sich der subtilen Kritik und gekonnten Parodie von Kennern wie Richard W. Eichler, Lützel Jeman, Ephraim Kishon, Fritz Eckenga, Volker Brummig, Peter Gayman und Dirk Meissner an.
Aber nicht nur das. Otto Waalkes zitiert neben dem Naturalisten, Impressionisten, Surrealisten, Romantikern und Modernisten gekonnt auch die Comic-Szene und Werbegraphik auf das Schmunzelpodium der Nation. Und das macht durchweg Spaß. Von den Musenblättern empfohlen.
Letzte Worte
Der Maler macht die Augen zu.
Nun hat der Maler seine Ruh.
Auch wenn er so durchtrieben grient.
Die Ruhe hat er wohl verdient.
Vielleicht reist er in seinem Traum
Ganz losgelöst von Zeit und Raum,
Um mit historischen Gestalten
Sich ungestört zu unterhalten.
Doch uns're Reise endet hier
Und leicht verwirrt erkennen wir:
Der Herr, der uns'ren Maler plagte,
Ist niemand sonst als der Befragte.
Der Dia- ward zum Monolog,
Weil wieder mal der Anschein trog.
So ist das eben mit der Kunst:
Was übrig bleibt, ist blauer Dunst.
Nichts ist so, wie es anfangs scheint,
Am Schluss bleibt alles ungereimt.
Otto Waalkes
Otto Waalkes - „Kunst in Sicht“
Neu entdeckte Meisterwerke | mehr als 150 Gemälden und Zeichnungen von Otto
Vorwort von Udo Lindenberg
© 2025 Piper Verlag, 176 Seiten, Klappenbroschur, 19,5cm x 24cm – ISBN 978-3-492-06589-4
26,- €
Weitere Informationen: www.piper.de
|