Unverblümt
Wendelin Haverkamps Politik- und Gesellschaftkritik
Wer aufräumt, der findet,
was er nicht gesucht hat.
Wendelin Haverkamp
„Der Mensch starb aus. Wir Affen nicht.“ Eine Provokation? Ach was. Wer nach rund 50 Jahren literarischen und kabarettistischen Schaffens für Radio, Fernsehen und Zeitungs- und Buchverlage eine streng limitierte Auswahl seiner Texte aus Prosa, Rede, Kabarett und Lyrik unter diesem Titel herausgibt hat wohl das Recht dazu. Zumal er an anderer Stelle konstatiert, daß der Mensch ein Provisorium sei (2011 „Die Natur und der provisorische Mensch“). Man vergesse dabei nicht, daß Wendelin Haverkamp lange mit so großartigen Kollegen wie Hanns Dieter Hüsch und Manfred Maurenbrecher zusammengearbeitet hat. Muß ich noch mehr sagen?
Landauf landab als humorvoller Rundfunk-Kolumnist Anton Hinlegen, als Bühnenkünstler und aus zahlreichen Büchern als der Edukator, als Parmesanides und Westzipfler bekannt, muß Wendelin Haverkamp aber auch als eloquenter, politisch unabhängiger Redner und scharfsinniger Gesellschaftskritiker gesehen werden.
Als solcher tut Haverkamp, was andere sich nicht trauen. Er übt Kritik der Marke „Unverbümt“. Zum Beispiel an der öffentlich geförderten Kultur:
„Man guckt nichtsahnend in die Glotze, vorne rechts kohabitieren zwei vorbestrafte minderjährige Heiminsassen, selbstverständlich inzestuös auf dem Sofa, hinten links wird a tergo ein Hund geschlachtet, in der Bildmitte vergeht sich ein abgefallener Baghwan bisexuell an einer Stechpalme, man denkt: Nettes Programm heute, ich hole mir noch ein paar Erdnüsse, da kommt auch schon die Absage: »Sie sahen Ausschnitte vom diesjährigen nordrheinwestfälischen Theater-Workshop in Hückelhoven«. Das ist doch glatter Betrug! Das ist hinterhältige, kulturelle Penetration in übelster Form.“ (1993 aus „On&Re Tour“)
Da ist auch der warnend erhobene Zeigefinger, dessen wir bedürfen:
„Die Ignoranz von Politik und Medien gegenüber den vielfältigen Maskeraden des Nationalen, die auch im intellektuellen Sektor längst Mode sind und den Morast verbergen, der unter ihnen brodelt, zeigt sich in einer verdrucksten Sprache. »Großdeutschland« ist dem Redakteur medial noch zu heiß, aber »größer gewordenes Deutschland« ist vertretbar im »Hauptstadtstudio«. Und das »zunehmende Gewicht« des Landes frohlockt mit »gewachsenem Selbstbewußtsein«. Da ist ein ständiger Sitz im Sicherheitsrat unausweichlich. Ein Fahrradsitz vermutlich. Nachhaltig und feministisch sollte er auch sein. Also ein Frauenfahrradsitz.“ (2009 „Reichstag? Deine Sprache verrät dich“)
Noch einer? Gerne! (Der wird aber etwas länger.) In seiner WDR-Sendung „!Au Banan live“ im Januar 2015 richtete Wendelin Haverkamp den Blick auf den fürchterlichen islamischen Mordanschlag gegen die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo und seine spitze Feder gegen die Krokodilstränen der internationalen Politik und Presse:
„Also, ich war ja völlig überrascht. Aber natürlich auch begeistert, denn es ist großartig: Präsidenten, Kanzler, Minister, alle outeten sich in den letzten Tagen auf einer Demonstration in Paris als Satire-Fans und beschworen, Satire sei ein ganz wesentlicher Teil der westlichen Zivilisation. Der polnische Tusk, der englische Cameron, der Würselener Schulz, Staatenlenker aller Art entpuppten sich als »Undercover-Satiriker«. Kompliment, die Tarnung war perfekt. Davon hatte man bis dato wirklich nichts gemerkt. Aber jetzt? Wenn man´s weiß? Da fällt einem einiges auf. In der ersten Reihe stand unsere Kanzlerin: Was für eine Performance. Einwandfreie Verbal-Raute, gefinkelter Rittberger, der Kleinkunstpreis ist ihr sicher. Und direkt neben ihr Netanjahu und Abbas. Also der Palästinenser, nicht der Abul Abbas. Das war der weiße Elefant, Sie erinnern sich, das Geschenk des Kalifen an Karl den Großen. Damals kamen aus den Kalifaten noch Geschenke. Kaum zu glauben. Netanjahu und Abbas nebeneinander. Sensationell. Ich hätte nie vermutet, daß das Vollblut-Satiriker sind. Voll Blut, da wäre ich noch drauf gekommen, aber Satiriker?
(…)
Was wäre eigentlich gewesen, nur ein Gedankenspiel, wenn diese Mordgesellen in das falsche Haus gestürmt wären und hätten die Redaktion einer katholischen Kirchenzeitung, sagen wir mal frei erfunden, sie hieße »ecclesia«, umgebracht? Hätten wir dann in die Kameras gereckte Stifte gesehen? Hätten unsere staatlichen Führungssatiriker Seit´ an Seit´, in Paris gestanden? Hätten Millionen Menschen sich Schilder umgehängt: »Je suis ecclesia«? Hätten sie Smartphone-Hüllen mit diesem Logo gekauft? Hipster-Bags? Bedruckte Solidaritätstassen? Käppis? Plüsch-Affen mit Ecclesia-T-Shirts? Fast zeitgleich mit den Tragödien in Paris machte Boko Haram im Norden Nigerias die Kleinstadt Baga dem Erdboden gleich und massakrierte laut BBC hunderte Christen. Am nächsten Tag standen dazu 18 Zeilen der katholischen Nachrichtenagentur KNA in deutschen Zeitungen. Auf Seite 4.“
Nun, niemand ist gezwungen Wendelin Haverkamp zu folgen, das ginge ihm wohl selbst gegen den Strich. Aber das Buch ist ein Zeitdokument und schon jetzt ein Klassiker. Von den Musenblättern sehr empfohlen.
Wendelin Haverkamp – „Der Mensch starb aus. Wir Affen nicht.“
Essay. Satire. Poesie.
© 2025 ohne Verlag, Aachen, 235 Seiten, gebunden, Lesebändchen - ohne ISBN
Ladenpreis 28,00 €.
Das Buch ist erhältlich bei: Buchhandlung Schmetz - Buchhandlung am Markt - Buchhandlung Backhaus - Mayersche Buchhandlung - Buchhandlung „Das Worthaus“ u.a.
oder per Mailbestellung unter info@wendelin-haverkamp.de
Dann kommt zum Ladenpreis eine Versandpauschale (Porto+Verpackung 4 € = 32 €)
Weitere Informationen: https://www.wendelin-haverkamp.de/
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