Quote durch Zote?
Schenkelklopfer unter TiC-Niveau
Männer verlassen mitunter nach einigen Jahren Ehe ihre Frauen, weil sie der Hafer sticht. Eine knackige Jüngere lockt mit Augenklimpern und Feen-Figur. Es ist Fakt und praktisch jeder von uns kennt so einen Fall männlicher Verblendung aus dem persönlichen Umfeld. Das Thema ist gesellschaftlich omnipräsent, die Zahlen gescheiterter Ehen und Scheidungen steigen und das bedauerliche Schicksal von Michèle Bernier, der Autorin des als Komödie apostrophierten Stücks „Männer und andere Irrtümer“ (Le demon de midi), das vor zwei Tagen am Wuppertaler TiC-Theater seine Premiere hatte, ist nur ein weiterer realer Beleg für ein solch zwischenmenschliches Drama. Daß aus so einem persönlichen Debakel eine Katastrophe für die betroffene Frau werden kann, liegt auf der Hand. Und wenn die Betroffene wie im vorliegenden Fall diese Katastrophe im Rausch der Enttäuschung in ein Bühnenstück für eine Darstellerin gießt, kann es sein, daß auch das Ergebnis dessen eine Katastrophe ist.
Genau das ist in „Männer und andere Irrtümer“ eingetreten, und es wurde ein hartes Stück Arbeit für die Solistin Christina de Bruyckere-Monti, die gut zwei hektische Stunden lang einen schlimmen Schwall an Männerfeindlichkeit, ausgelutschten Klischees, bitteren Bosheiten, peinlichen „Pointen“ und Zoten auszuschütten hatte – Ausfluß des Verlassenwordenseins einer Autorin, die ganz offensichtlich seither voller Gift und Galle steckt. Das war nicht witzig. Aber auch das findet sein Publikum und es war soziologisch immerhin interessant zu beobachten, woher das Kreischen und die spitzen Schreie der Begeisterung kamen, sobald vor allem ordinäre Begriffe der männlichen Anatomie – erwarten Sie hier bitte keine wörtlichen Zitate – geballt ins Publikum geworfen wurden. Das war, während der Kritiker peinlich berührt immer tiefer in seinen Sessel sank, derart platt und billig, teils aber offenbar so anregend, daß einige Zuschauerinnen verbal ins Stück eingriffen – was dramaturgisch unter Umständen vielleicht sogar erwünscht gewesen sein mag. Mit Humor oder gar Satire hatte dieser grobe Schenkelklopfer wenig zu tun.
Wie negativ das Stück auch bei einem großen Teil des Publikums ankam, läßt sich mit einer Zahl belegen: Während sich sonst bei den inflationären stehenden Ovationen praktisch das ganze Publikum von seinen Sitzen erhebt, blieben bei dieser Premiere fast 50% der Zuschauer sitzen, fast ohne eine Hand zu rühren. Die andere Hälfte forderte und bekam jubelnd viele Vorhänge und die Darstellerin Christina de Bruyckere-Monti damit den Lohn für ihre gut zweistündigen Entäußerungen.
Vorbildlich und lesenswert immerhin wie stets das Programmheft in der Redaktion von Hans-Willi Lukas.
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