Geschichten von Hunger, Armut und vom Leben hinter der Kunst

Olaf Reitz – „Hungerkünstler“

von Frank Becker

Umschlagzeichnung: Franz Kafka
Geschichten von Hunger, Armut
und vom Leben hinter der Kunst
 
Perlen der Literatur in einer Lesung
mit Olaf Reitz und Caroline Keufen
 
Haben Sie sich schon einmal Gedanken über das Leben notleidender Künstler, deren Armut oder über die Armut schlechthin gemacht, die allzu oft in nagendem Hunger ihren Ausdruck findet? Wer je Giacomo Puccinis „La Bohème“ gesehen, „Les Miserables“ von Victor Hugo oder das Grimmsche Märchen „Hänsel und Gretel gelesen hat, mag ahnen was Hunger bedeutet. Hoffnungslosigkeit, Leere des Magens und zugleich des Kopfes, Verzweiflung. Nun ja, unser modernes Sozialsystem verhindert die schlimmsten Auswüchse, doch hören Sie sich auf dem Album „Hungerkünstler“ an, was Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts dazu geschrieben haben.
 
Olaf Reitz, exzellenter und beliebter Sprecher und Schauspieler, versammelt und liest auf seinem exzellenten Hörbuch eine von Caroline Keufen besorgte Auswahl kleiner und großer Geschichten aus dem weiten Feld des beinahe mit dem Hunger synonymen Getriebes der Kunstproduktion. Einer muß sterben um reich zu werden, erzählt Mark Twain in seiner Satire über den Kunstmarkt Besser tot als lebendig.
Ein anderer ist in Erich Kästners Der Hungerkünstler aus falschem Weltverständnis und Eitelkeit mutwillig arm und geht daran zugrunde. Der Arme Poet kann gar nicht anders, weil er eben von Carl Spitzweg so gemalt wurde, wie es von Monika Buschey bilderreich und mit Witz ausgemalt wird. Eine brotlose Kunst stellt Johann Peter Hebel in seiner von Carolin Keufen gelesenen gleichnamigen Erzählung vor, die aus heutiger Sicht ein wenig Befremden auslöst, lobt er doch die fleißige Kinderarbeit bei der Fabrikation von Aachener Nähnadeln. Mit feiner Ironie überzieht Franz Kafka die Hungerkünstler, die sich zu früheren Zeiten für Geld sehen ließen, nun aber, aus der Mode gekommen, damit keinen Pfifferling mehr ernten können. Und auch Friedrich Schiller kann sich in seinem moralischen Gedicht Die Teilung der Erde der Ironie nicht enthalten, wenn er Gott (in diesem Falle Jupiter) dem Poeten statt Brot einen Platz im Himmel anbieten läßt.
 
Kleine humorvolle Annoncen-Texte aus dem Buch Tausche Ölbild für gebrauchtes Auto (2016) von Moritz Frei begleiten wie Brosamen verstreut die Lesung.
Franz Tröger (Bamberg) hat mit der Hungerkünstler Suite dazu die passenden Klänge für Spieluhr komponiert und daraus in sieben eingeschobenen, zauberhaften kleinen Stücken seine verschiedenen Spieluhren kunstvoll eingerichtet.
Die überaus gelungene CD ist besonderer Literaturgenuß, bekommt unser Prädikat, den Musenkuß und ist unser Hörbuch des Jahres.
 
Olaf Reitz – „Hungerkünstler“
© 2022 Valve Records (CD)
Es sprechen: Caroline Keufen und Olaf Reitz
Komposition und Spieluhrendompteur: Franz Tröger
 
01 Kleinanzeigen - 02 Besser tot als lebendig (Mark Twain) - 03 Hungerkünstler Suite 1 - 04 Kleinanzeigen - 05 Der arme Poet (Monika Buschey) - 06 Hungerkünstler Suite 11 - 07 Kleinanzeigen - 08 Hungerkünstler Suite 8 - 09 Brotlose Kunst (Johann Peter Hebel) - 10 Hungerkünstler Suite 10 - 11 Der Hungerkünstler (Erich Kästner) - 12 Kleinanzeigen - 13 Hungerkünstler Suite 7 - 14 Ein Hungerkünstler (Franz Kafka) - 15 Hungerkünstler Suite 2 - 16 Die Teilung der Erde (Friedrich Schiller) - 17 Hungerkünstler Suite 5
Gesamtzeit: 1:19:05
 
Erich Kästner, Der Hungerkünstler © Thomas Kästner
Kleinanzeigen: Moritz Frei, Tausche Ölbild für gebrauchtes Auto (berlinartbooks)
Besser tot als lebendig (Mark Twain), live in der Bandfabrik Wuppertal Langerfeld
Textauswahl: Caroline Keufen
 
Weitere Informationen: info@valve-records.com