Arno Schmidts Sandalen

von Joachim Klinger

Joachim Klinger pinx.
Arno Schmidts Sandalen

Die Sandalen hier sind äußerst schlicht,
Holz mit grobem Segeltuch bespannt.
Nein, aus fernen Ländern sind sie nicht
und betraten niemals Wüstensand.

Sie erfuhren nie die große Welt,
stammen hier aus einem deutschen Kaff,
wurden aber sorgsam hergestellt,
und der kleine Lederriemen ist noch straff.

Arno Schmidt, der sie besaß,
hat solidem Handwerk stets vertraut.
Denn mit diesen Latschen ging er durch das Gras,
durch den Garten und das Heidekraut.

Große Dichter wohnen häufig einsam.
Seine nächsten Nachbarn waren Bauern.
Und mit seiner Ehefrau gemeinsam
sah er auf dem Lande Kühe trauern.

Die Sandalen nannte er Wohl auch »Pantinen«,
manchmal »Jesus-Latschen« oder »Schlappen«.
Doch sie mochten ihm geduldig dienen,
so wie seine Westen oder Kappen.

Einmal standen sie am Gartentor,
und dort fand sie wandernd ein Student.
Dieser hob sie vorsichtig zu sich empor
und beäugte sie wie ein Agent.

Just in diesem Augenblick erschien Herr Schmidt,
der sich einen Zugriff streng verbat.
Als der Jüngling jede Ungebühr bestritt,
sah der Dichter ihn am Ende moderat.

Ja, er fand Gefallen an dem Wandersmann
und hat die Sandalen gern verschenkt.
Dieser zog dieselben zwar nicht an,
aber er hat sie erfreut geschwenkt.

Auf die Sohle schrieb Herr Schmidt sein Autogramm
und entfernte sich mit diesem Gruß:
»Machen Sie gefälligst kein Tamtam,
meine Gabe gilt nur Ihrem hübschen Fuß!«

Joachim Klinger