Im Fischladen von Volosko – oder:
Wo der Lungomare beginnt, heute passenderweise wieder nach Kaiser Franz Josef I. benannt. Im Fischladen des Hafens bietet man alles feil, was aus dem Meer kommt. Wolfsbarsch, Kalmar, Seehecht, Aal, roten Drachenkopf, Makrele und Sprotte. Kleine Sardellen liegen hoch aufgeschichtet. Tintenfischarme werden von Zitronenscheiben gehalten. Unter dem Laden, den man über Treppen vom Hafen aus erreicht, befindet sich ein Eßraum mit ein paar Tischen und Stühlen. Die Speisekarte ist einfach. Die ausgesuchten Fische werden gebraten und mit reichlich gehackter Petersilie in Knoblauchöl angerichtet. Dazu gibt es Weißbrot, Bier oder sonnenhellen istrischen Wein. Breitbeinig hantiert ein junger Mann in der offenen Küche, die einer Schiffskombüse gleicht, nimmt aus dem Aufzug die Bestellung, die oben im Laden gemacht wird, klappert mit dem Geschirr. Der Hafen
Frauen und Männer am Nebentisch unterhalten sich lebhaft. Gebratenes verschwindet in ihren Mündern und für einen Augenblick herrscht genußvolle Stille. Dann höre ich das Meer bis an die Tische schlagen. Der Raum ist schmal, die Holztische grob gezimmert, die Decke gewölbt. An den Wänden hängen Muscheldekorationen. Der junge Mann bedient nur wenige Gäste. Er hat ein rundes, kindliches Gesicht und alte Augen. Er bringt sofort eine neue Serviette, als sie mir mit einer
Später gehe ich im Hafen umher. Er hat die Form eines Hufeisens. Viele Boote liegen hier. Ruderboote mit abgesplitterter Farbe haben schon einmal bessere Tage gesehen. Motorboote mit blauen Baldachinen warten auf die nächste Touristenrundfahrt, und pralle Gummiboote mit aus dem Meerwasser gekippten Außenbordmotoren schaukeln im Wasser. Das Meer ist mäßig bewegt, schickt seine Wellen ununterbrochen ins Hafenbecken.
Hier in Volosko am Kvarner Golf stellen die Künstler ihre Bilder an den Hauswänden zum Verkauf aus oder hängen sie in dunklen Gewölben an grob geputzte Mauern. Die Motive gleichen sich: Ein kleiner Hafen am Mittelmeer mit engen Gassen, der sich ins üppiggrüne Hinterland schmiegt; hellrote Dächer mit Schornsteinen, die bis an den Boden reichen; Treppen, Torbögen und Balustraden mit mediterranen Pflanzen und Blumenschmuck; und immer wieder das Meer mit im Hafen dümpelnden Booten. Ihre Masten recken sich in das Blau eines Himmels, das sich, einmal gemalt, nie mehr verändert. In Wirklichkeit aber verändert sich der Himmel ständig. Weit draußen weht nun ein kräftiger Wind. Er kündigt schlechtes Wetter an. Das Gebirge hinter Rijeka hat sich dunkel bewölkt. Die Farbe des Meeres ist grau.
Die Promenade Am Ende des Hafens beginnt der Lungomare. Für „Franza Josefa I – Austro-Ungarski Car 1830-1916“ gebaut, so steht es auf einer Tafel, windet er sich zwölf Kilometer am Meer entlang bis Lovran, vorbei an Orten, die der Habsburger vielleicht einmal besucht hat. „Ich bin Ihnen auf der Spur, Majestät, lege meine Hände auf ein Geländer, auf das auch Sie Ihre kaiserliche Hand gelegt haben“. Doch bis auf Linien der Landschaft, der Bucht, ist nichts mehr wie damals. Heute kommt jeder, der
© Friederike Zelesko - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2009 |