Bestsellerfressen

„Wir Deutschen - Warum uns die anderen gern haben können“ von Matthias Matussek

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Hosen auf Halbmast
 
„Wir Deutschen - Warum uns die anderen gern haben können“
von Matthias Matussek
 
Liebe Leser!
 
„Guck ma! Ganz der Papa!“ So tönt es gern aus triumphierenden Mündern von glücklichen Erwachsenen, die sich jegliche Hoffnung auf Fortschritt abgeschminkt haben und ihrer Brut alles Mögliche gönnen, nur kein anderes Leben oder gar eine sinnvolle Zukunft. Und wenn die Süßen dann anfangen zu plappern und aus dem Nähkästchen plaudern, ist dieser Stillstand auch kein großes Geheimnis mehr. Das ist zwar prinzipiell traurig, muss aber nicht immer 'ne Katastrophe sein: Während der Fußball-WM wurde ein rundum begeisterter, schwarz-rot-gülden vollgeschmierter Dreikäsehoch von einem national erigieıten ARD-Mann gefragt, ob er denn wüßte, was die Farben zu bedeuten hätten. „Das sind die Fußballfarben!“ war die prompte Antwort des kleinen, stolzen Deutschlings, dem man ansah, daß sein Papa bei dem Test auch nicht besser abgeschnitten hätte. Fürs erste darf man also getrost Entwarnung geben. Wegen mir kann sich dieses Volk auch totwimpeln.
     Komisch wird's allerdings mit aufgeblasenen Lull-Lallern wie unserem „Kultur“-Chef vom Spiegel Matthias Matussek, mit Menschen, die mehr wollen, als sich nur beim Fußballglotzen zu benässen:
„Die Idee zu diesem Buch kam mir vor einigen Jahren, als mein damals fünfjähriger Sohn nach einem Transatlantikflug auf der Gangway in Frankfurt in die Knie ging und theatralisch ausrief: „Endlich in der Heimat!“ Wohlgemerkt: ein fünfähriger, in Amerika aufgewachsener nichtsnutziger Schnurzfurz, der bis dato noch kein Beinchen auf deutsches Gelände gesetzt hatte! Daß auch dieses Balg bereits von oben bis unten durch und durch verkorkst war, liegt auf der Hand, und man möchte ihm wünschen, daß es im Laufe seiner weiteren Adoleszenz ordentlich Schwierigkeiten bekommt und dadurch an sittlicher Reife gewinnt, um so im Nachhinein vielleicht doch noch ein nützliches Glied der Gesellschaft ach, scheiß der Hund drauf.
 
Zurück zu Vater Matussek. Wie tickt der Typ? Na, wie ein neu-teutonischer Kulturstrizzi eben so tickt:
     „Meine Deutschwerdung war ein langer Prozess.“
     Man faßt sich an die Birne: 38 erbrochene Buchstaben in Gagga, einer Sprache, die es gar nicht gibt! Aber nur so wird man halt Kulturchef vom Spiegel.
     Und als solcher kam man dann auch astrein Forderungen stellen:
„Ich fordere die bedingungslose Unterstützung der Fußball-Nationalelf durch das deutsche Volk.“ Und ich dachte immer, Goebbels hätte sich erschossen. Ha, ha, ha, nee, komm, war 'n Scherz! Jetzt woll'n wa mal nicht übertreiben. Denn der Herr Goebbels hätte seinen Führer niemals so verharmlost wie der Matussek, der aus seinem Spiegel-Bunker in die Welt tickert:
     „Hitler war ein Freak-Unfall der Deutschen.“
     Ja, ja, Hitler, der Freak! Der alte Judenfreak!
     Und Matussek! Der alte Kulturfreak!
 
Was diese sensiblen Deutschlandwürstchen haben, die zu Tausenden jetzt aus ihren Löchern krabbeln, ist ein Problem. Oder wie Matussek sagt: „Diese Nazizeít, die uns immer noch um die Ohren gehauen wird.“ Dabei liegt er damit gar nicht so daneben. Jahrzehntelang war's doch immer wieder dieselbe Leier! Morgens beim Bäcker fing das ja schon an: „Zwei Brötchen? Das macht 50 Pfennig. Schönen Tag noch und Heil Hitlerl“ Und an der Hackfleischtheke ging's dann fröhlich weiter: „Darfs noch 'n bißchen mehr sein, Sie Nazischwein?“ Von morgens bis abends eine Auschwitzkeule nach der anderen! Das war nicht schön! Das tut weh! Das ist unangenehm! Das wollen Leute wie der Matussek heut einfach nicht mehr hören! Und so gesehen kann man's ja auch verstehen.
     Deshalb tendiert Herr Matussek neuerdings eher zu 'nem „unverkrampften Blick“ auf die Leichenberge, deshalb plädiert er für einen sog. „entspannten deutschen Patriotismus“. Und dafür hat er - laut Verklappungstext - extra „eine Expedition unternommen“, mitten „ins deutsche Herz“, mittenmang nach „Berlin Mitte und in die deutsche Provinz“. Und dann noch weiter, nämlich „in die deutsche Geschichte“, wo er selbst was „gefunden hat“, und zwar „wahre Helden von der Steinzeit bis heute“. Deutsche Helden von der Steinzeit bis heute! Hopfen und Malz - Gott erhalt's.
     Und so ab gefüllt verleiht der Kultur-Homunkel den Talkshows, in denen er mit seinen bekloppten gelben Hosenträgern neuerdings dauernd rumnervt, unverhoffte lichte Momente:
     „Seit der Fußball-Weltmeisterschaft sind die Deutschen endlich wieder normal!“
     Ja, was, bitt' schön, waren sie nach allen lächerlichen Regeln der Logik denn dann vorher? Nich' normal? Ja, ne? Irgendwie hatt' ich's doch geahnt.
 
Daß dieser Komiker, meine Damen und Herren, aber auf einem anderen Gebiet noch wesentlich undichter ist, zeigt der folgende Ausschnitt aus seinem Interview, das er der Heidi Klum angetan hat. Nachdem er mit der Eingangsfrage „Warum sind die deutschen Frauen so schön?“ bereits signalisiert hat, wie hoch er seine Latte zu hängen gedenkt, bricht es kurz darauf aus ihm raus: „Was sind Ihre Maße im Moment?“
     Weil Frau Klum nicht wissen kann, daß sie gerade mit einem Helden aus dem Neandertal spricht, antwortet sie: „Müssten wir mal nachmessen, weiß ich auch nicht.“
     Na, mit dieser Antwort hatten wir Hartgesottenen, liebe Leser und Bürger der Modrne, ja nu nicht gerechnet. Aber Matussek, the king of the Paläolithikum! Und schon ist die Hose auf Halbmast und fragt:
     „Darf ich?“
Das ganze Buch ist übrigens so.
     Gute Nacht.
 
Nachtrag:
Und damit ist auch wohl dem allerletzten Ausländer klar geworden, warum er uns auch noch die nächsten 100000 Jahre gern haben kann.
 
(14. Juli 2006)