Deutsche Untaten in Afrika schon 1905-07

Karl-Martin Seeberg – „Der Maji-Maji Krieg gegen die deutsche Kolonialherrschaft“

von Johannes Vesper

Der Maji-Maji Krieg
 
Deutsche Untaten in Afrika schon 1905-07
 
In Europa wurden zwar Demokratie und Menschenrechte erfunden, aber sein Reichtum beruht seit Kolumbus und Francisco Pizzaro auf Armut, Unterentwicklung und Ausbeutung der ehemals sogenannten 3. Welt. Die Aufteilung Afrikas auf dem Berliner Kongress 1884/85 entsprach dann dem letzten Akt des Kolonialismus, bevor der Neokolonialismus in der Welt unter Beteiligung Rußlands und Chinas erneut ausbrach. Deutschlands Kolonialgeschichte wurde 2016 erstmals im Deutschen Historischen Museum einigermaßen umfassend und kritisch dargestellt.
 
Was der Mau-Mau- Krieg für England, der Algerienkrieg für Frankreich, die Untaten des belgischen Königs für den Kongo, das waren für Deutschland die Niederschlagung des Aufstandes der Herero im heutigen Namibia und 1905-1907 der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika. Kisuaheli, eine Entwicklung aus dem Arabischen, aus Bantu- Sprachen und einzelnen Sprachelementen aus dem Englischen, Portugiesischen und Deutschen, hat zur Bildung nationaler Identität Tansanias nicht ausgereicht. Der Autor schreibt in dem schmalen Bändchen wenig zum vorkolonialen geschichtlichen Chaos Tansanias. Er geht der zentralen wie strittigen Frage nach, ob der Maji-Maji-Krieg als historischer Ursprung nationaler Identität Tansanias angesehen werden kann. Die Quellenlage ist schwierig. Deutsche Zeitschriften und Publikationen der Missionsgesellschaften, die Berichte des deutschen Hauptmanns Merker, offizielle Militärpublikationen und die Erinnerungen des damaligen Kaiserlichen Gouverneurs in Ostafrika Götzen werden als Quellen angegeben. inzwischen gibt es auch tansanisches Archiv-Material sowie Interviews mit Überlebenden aus dem Jahre 1967.
Das „Herrenmenschen-Gehabe“ deutscher Kolonialisten wurde nicht akzeptiert und der Aufstand nahm Fahrt auf, als Kinjikitile Ngwale, Zauberer aus Ngarambe, das Maji erfand, ein medizinisches Wasser, welches unverwundbar machen sollte. Außerdem rief er zahlreiche Völker (mehr als 120 Stämme in der Region!) zu Einigkeit im Kampf gegen Prügelstrafe und Arbeitszwang auf. Er kombinierte örtliche Mythen, Wunder, Glauben, Besessenheit mit den magischen Kräften seines Wunderwassers und predigte: „Wir sind ein Volk und wir wollen keine Fremdherrschaft. Wir haben Maji“. Der Kolonialwirtschaft ging es neben Baumwolle, Gewürznelken (Anbau auf Sansibar sei 1818), Elfenbein (bevorzugtes Objekt kolonialer Begierde), Sisal, Kaffee, Kautschuk, um all das, was es im „Kolonialwarenladen“ von Tante Emma bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hier bei uns zu kaufen gab und bis heute gibt es EDEKA, die Einkaufsgenossenschaft Deutscher Kolonialwaren.
 
Im Juli 1905 begann der Krieg auf dörflichen Feldern, sogenannten Kommunalschamben, Sinnbildern deutscher Kolonialherrschaft, auf denen die Bevölkerung kommunale Zwangsarbeit leisten mußte. Bereits im August 1905 war ganz Südtansania im Aufstand. Die Missionsstation Jacobi, 1899 gegründet von der „Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden zu Berlin“, wurde am 19. September 1905 von 2.000 Bewaffneten angegriffen. Zur Verteidigung schossen die Missionare aus der Station heraus mit Gewehren, während die Frauen einen Bienenschwarm auf die Angreifer losließen. Nach Ankunft deutscher Marinetruppen im Herbst 1905 wurde der Aufstand mühsam niedergeschlagen, die einheimische politische Elite umgebracht, mit einem Krieg der verbrannten Erde Dörfer und Felder verwüstet, der Bevölkerung die Lebensgrundlagen entzogen. Insgesamt kamen wohl bis zu 300.000 Afrikaner im Krieg ums Leben, dagegen 15 Europäer, 73 Askaris und 316 „Hilfskrieger“.
Das Konzentrationslager in Tansania wurde nahezu gleichzeitig mit dem auf der Haifischinsel vor Namibia errichtet. Die Massai litten zusätzlich unter aus Deutschland eingeschleppter Rinderpest und Pockenepidemie. Wie sehr dieser Krieg das Nationalgefühl in Tansania gefördert hat, bleibt offen. Immerhin hat später die Unabhängigkeitsbewegung unter Julius Nyerere explizit auf Maji Maji Bezug genommen.
 
In zahllosen Fußnoten wird auf die umfangreiche Bibliographie verwiesen. Ein Namen-/Sachregister fehlt. Der Autor hat nach dem Studium der Sozialpädagogik, Geschichte und Politikwissenschaften bei Pflegeinrichtungen der Diakonie gearbeitet.
 
Karl-Martin Seeberg – „Der Maji-Maji Krieg gegen die deutsche Kolonialherrschaft“
Historische Ursprünge nationaler Identität in Tansania.
© 1989 Dietrich Reimer Verlag Berlin und dem Autor, 120 Seiten, Broschur, 3 Karten, 2. Auflage 2024, unveränderter Nachdruck – ISBN:  978-3-496-01703-5
29,90 €
 
Weitere Informationen: www.reimer-mann-verlag.de